Beilngries
Weitere Kreditaufnahme in Millionenhöhe

Stadtrat beschließt Haushalt und Steuererhöhungen – Schuldenstand auf Rekordniveau

13.05.2022 | Stand 23.09.2023, 1:22 Uhr

Zur Rückkehr in den Sitzungssaal des Rathauses nach dem langen Pandemie-bedingten Ausweichen in das Haus des Gastes gab es für die Gremiumsmitglieder nicht nur eine Mammutsitzung, bei der es unter anderem um die Grundschul-Erweiterung ging (hier im Bild, Bericht folgt), sondern auch „besorgniserregende“ Haushaltszahlen. Foto: F. Rieger

Von Fabian Rieger

Beilngries – Von einem „Rekordhaushalt“ kann man nicht sprechen, das Gesamtvolumen war vor ein paar Jahren bereits deutlich höher. Eine absolute Ausnahme stellt der diesjährige Haushalt der Stadt Beilngries aber dennoch dar. Wie bei der Stadtratssitzung am Donnerstagabend gleich mehrfach betont wurde, hatte es wohl noch nie dermaßen umfangreicher Vorberatungen bedurft, um für Beilngries einen Haushalt auf die Beine zu stellen, der realistische Aussicht auf Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde hat. Vorgesehen sind dabei Kreditaufnahmen in Höhe von 2,9 Millionen Euro. Davon sollen 1,8 Millionen Euro im Zuge der Festplatz-Veräußerung im Jahr 2023 sondergetilgt werden. Heuer würde der Schuldenstand bis zum Jahresende aber zunächst auf bislang nie erreichte 13,086 Millionen Euro anwachsen, bis 2025 soll er dann wieder auf etwa 10,5 Millionen Euro sinken. Die Pro-Kopf-Verschuldung dürfte Ende 2022 rund 1300 Euro betragen, ebenfalls ein Negativ-Rekord.

Große Zahlen – die den Stadtratsfraktionen Bauchschmerzen bereiten. Ihren Dank sprachen alle dem Kämmerer der Stadt Beilngries, Andreas Maget, aus. Der habe sich mit großem Engagement dafür eingesetzt, dass trotz der schwierigen Gemengelage ein nach aktueller Einschätzung genehmigungsfähiger Haushalt erstellt werden konnte. Dessen Gesamtvolumen beträgt 34,466 Millionen Euro. Davon entfallen 22,098 Millionen Euro auf den Verwaltungshaushalt und 12,368 Millionen Euro auf den Vermögenshaushalt. Auf der Einnahmenseite erwartet man als großen Posten 7,283 Millionen Euro beim Einkommensteueranteil, hier stagniert man auf hohem Niveau, und 3,1 Millionen Euro Gewerbesteuer, das ist noch immer deutlich weniger als in Vor-Pandemie-Zeiten.

Einen absoluten Rekordwert muss die Stadt derweil auf der Ausgabenseite verkraften. Der Landkreis wird den Hebesatz für die Kreisumlage rückwirkend zum 1. Januar 2022 um zwei Prozentpunkte anheben, wie zu erfahren war. Das bedeutet für Beilngries jährlich 250000 Euro, die zusätzlich zu entrichten sind. Insgesamt müssen heuer voraussichtlich 5,746 Millionen Euro Kreisumlage gezahlt werden.

All das bringe auch die Stadt in Zugzwang, wie Kämmerer Maget und Bürgermeister Helmut Schloderer (BL/FW) aufzeigten. Daher habe die Verwaltung in die Haushaltsberatungen den Vorschlag eingebracht, die städtischen Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuer zu erhöhen – jeweils ab 1. Januar 2023 (und nicht rückwirkend wie der Landkreis bei der Kreisumlage). Bei der Grundsteuer soll der Hebesatz auf 360 Prozent erhöht werden (bislang 330 Prozent). Dieser Anstieg um rund neun Prozent würde für die Stadt jährliche Mehreinnahmen von etwa 110000 Euro bedeuten. Als Vergleichswert wurde angeführt, dass die Gemeinden Kinding und Kipfenberg ebenfalls einen Hebesatz von 360 Prozent haben, Denkendorf 350 Prozent, Eichstätt 400 Prozent. Gemeinden aus dem Landkreis Neumarkt würden sich derweil nicht für eine Gegenüberstellung eignen, weil dort der Hebesatz für die Kreisumlage nur bei 35 Prozent liege.

Für die Gewerbesteuer soll der Hebesatz ebenfalls von 330 auf 360 Prozent erhöht werden (Denkendorf 350 Prozent, Kinding 300 Prozent, Kösching 380 Prozent). Maget betonte aber, dass diese Erhöhung nur rund 30 Prozent der Gewerbesteuerzahlenden tatsächlich betrifft, und zwar ausschließlich die Kapitalgesellschaften. Einzelunternehmer und Personengesellschaften könnten die Gewerbesteuer auf ihre Einkommensteuer anrechnen. Für die Stadt soll besagte Erhöhung jährlich zusätzliche Einnahmen von etwa 300000 Euro bringen (je nach konjunktureller Lage).

Die Meinungen bezüglich der geplanten Steuererhöhungen gingen im Stadtrat auseinander. „Es gibt keinen schlechteren Zeitpunkt“, betonte Hans-Dieter Niederprüm (CSU) mit Blick auf die aktuellen Krisen (Corona, Ukraine). Und so stimmte dann auch ein Teil der CSU-Fraktion gegen die Erhöhung der Hebesätze. Es fand sich aber dennoch eine Mehrheit, sodass die Steuererhöhungen zum 1. Januar 2023 beschlossene Sache sind. Darüber hinaus sollen im Laufe dieses Jahres noch die Friedhofsgebühren und die Voraussetzungen für die Einführung eines Kurbeitrags geprüft werden.

Der Haushalt für das Jahr 2022 wurde einstimmig beschlossen. Dafür bedankte sich Schloderer beim Gremium. (Einen Bericht zu den Haushaltsreden finden Sie in der Print-Ausgabe am Wochenende.)

DIVERSE PROJEKTE AUF EIS GELEGT



Schon in den vergangenen beiden Jahren hat der Beilngrieser Stadtrat eine ganze Reihe von Vorhaben auf teilweise unbestimmte Zeit verschoben, um jeweils einen genehmigungsfähigen Haushalt erstellen zu können. Diese Beschlüsse, die insbesondere die Sanierung der Ringstraße, die Sanierung der Buchbindergasse, die Umsetzung des Beleuchtungskonzepts für die Altstadtgassen und die Erneuerung des Beilngrieser Friedhofs beinhalten, haben Bestand – bei all diesen Projekten wird sich bis auf Weiteres nichts tun.

Und nun sind weitere im Raum stehende „freiwillige“ Maßnahmen der Kommune auf Eis gelegt worden: Projekte aus dem Gemeindeentwicklungskonzept, der Radwegebau (Oberndorf-Kevenhüll, Wolfsbuch, Altmühltalradweg), die Umgestaltung der Bootsanlegestelle Kottingwörth, zusätzliche Ausstattung für die Stadtverwaltung, die Umgestaltung des „Schreyergartens“, das Ausbaggern des Yachthafens und der Bau einer Halle für den Bauhof.

Man habe den kompletten Haushalt intensiv durchforstet − von Verschiebungen und Kürzungen betroffen seien verschiedenste Bereiche, wie sowohl von Seiten der Verwaltung als auch von den Fraktionssprechern betont wurde. Dass dies für die Betroffenen schmerzhaft sei, wisse man. Neben der Steigerung der Einnahmen sei man aber auch um ein Senken der Ausgaben nicht umhin gekommen, um den klaren Signalen der Rechtsaufsicht gerecht zu werden.

rgf



KOMMENTAR



Es ist immer wieder von „freiwilligen Leistungen“ die Rede, für die der finanzielle Spielraum aktuell einfach nicht gegeben sei. Gerecht wird diese Bezeichnung den völlig legitimen Wünschen vieler Bürger nicht. Denn Maßnahmen wie eine lange überfällige Umgestaltung der Kottingwörther Bootsanlegestelle oder auch des Irfersdorfer Kirchplatzes sind alles andere als Luxus. Und doch erscheint es angesichts der aktuellen Finanzlage der Stadt Beilngries wohl ausgeschlossen, dass für Projekte dieser Art allzu bald die Arbeiter anrücken. „Sparen, schieben und streichen“, dieses Motto habe man auch heuer für den Haushalt anwenden müssen, so der Bürgermeister. Gepaart mit den beschlossenen Steuererhöhungen „wird uns dafür niemand einen Blumenstrauß überreichen“, wie SPD-Mann Rüdiger Stein zurecht feststellte.

Es zeigt sich immer deutlicher: Die Bürger, aber auch die Gemeinden sind die schwächsten Glieder in einem aus finanzieller Sicht zunehmend aus den Fugen geratenden Gesellschaftssystem. Eine Stadt wie Beilngries ächzt unter der Aufgabe, den massiv ausgebauten und gesetzlich verankerten Ansprüchen auf Kitaplätze und Ganztagsbetreuung an Schulen sowie dem rasanten Bevölkerungswachs- tum gerecht zu werden. Nach Abschluss der Grundschul-Erweiterung wird die Gemeinde innerhalb weniger Jahre Kindergarten- und Schulprojekte mit einem Volumen von mehr als 20 Millionen Euro umgesetzt haben.

Ja, dabei gibt es staatliche Zuschüsse. Die reichen aber nicht aus, um einer Kommune neben diesen Pflichtaufgaben noch Spielraum für die freiwilligen, aber eben doch notwendigen Projekte zu lassen. Und daher müsste in der großen Politik schnell die Erkenntnis reifen: Lange wird das so nicht mehr gut gehen, sonst muss einem um die schwächsten Glieder der Kette Himmelangst sein.

Fabian Rieger