Am bundesweiten Tag des Geotops waren am vergangenen Sonntag natürlich einmal mehr auch die mächtigen Malmschichten im früheren Kottingwörther Steinbruch Ziel einer geologischen Wanderung.
Naturparkführer Michael Schneider entführte eine interessierte Gruppe in die faszinierende Entstehungsgeschichte Hunderter Gesteinsschichten, die sich hier an über 70 Meter hohen Wänden auftürmen und etwa fünf Millionen Jahre Ablagerungszeitraum im oberen Jura dokumentieren.
Vom Steinbruch zum Geotop
Kaum jemand dachte wohl im Jahre 1938 daran, dass eine Beilngrieser Baufirma mit der Verlagerung des Steinabbaus an die Kottingwörther Gemeindegrenze später einmal eines der schönsten Geotope in ganz Bayern hinterlassen würde.
Jahrzehntelang standen in dem immer größer werdenden Aufbruch am Arzberg der Abbau eines begehrten heimischen Rohstoffes und sichere Arbeitsplätze für viele Einheimische im Vordergrund. Meter für Meter kämpften sich die Beschäftigten mit Sprengstoff und brachialer Gewalt in die harten Kalksteinschichten vor, brachten Tag für Tag riesige Mengen von Gestein zu den Brechanlagen. Dort erzeugten sie Schotter und Splitt, wichtige Baustoffe für diverse Anwendungsbereiche, insbesondere für den Straßenbau.
Hohe Aussagekraft
Welch hoher wissenschaftlicher Wert diesem Aufschluss der Gesteinsschichten heute zugemessen wird, erläuterte bei der rund zweistündigen Wanderung Michael Schneider. Als Naturparkführer hat er sich intensiv mit der Entstehung des Steinbruches und der darin dokumentierten Entwicklung der Lebenswelt im Meer des oberen Juras befasst. Er beleuchtete dabei den geologischen Aufbau Bayerns, die Entstehung der Malmschichten am Arzberg und die wirtschaftliche Nutzung des Steinbruchs.
Nach fundierten Informationen zur 4,6 Milliarden Jahre dauernden Erdgeschichte und einer ereignisreichen geologischen Entstehungsgeschichte des heutigen Bayerns stand an einem beeindruckenden Aussichtspunkt mit Schautafel der Ablagerungszeitraum von 15 Millionen Jahren am Arzberg im Mittelpunkt. Diese Kalkablagerungen seien vor 250 Millionen Jahren in der Zeit des Oberjura, bei tropischem Klima, im flachen Schelfmeer entstanden.
Die entstandenen Kalk-, Mergel- und Dolomitsteine prägen heute die gesamte Fränkische Alb mit ihren hoch aufragenden Felsbildungen aus Riffdolomiten und Massenkalken. Berühmt geworden seien die in Lagunen abgesetzten Plattenkalke durch hervorragend erhaltene Fossilien wie beispielsweise die des Urvogels Archaeopteryx und die bekannten Ammoniten, heute Wahrzeichen des Naturparkes Altmühltal.
Wie Schneider berichtete, wurde jede einzelne der über 100 freiliegenden Schichten in Kottingwörth dokumentiert und daraus ein detailliertes Leitprofil mit Schichtdicke, Gesteinseigenschaften und Fossiliengehalt erstellt. Mit diesen Informationen ist es nun jederzeit möglich, Gesteinsabfolgen ähnlicher Aufschlüsse zu identifizieren.
Der Blick geht mehrere Millionen Jahre zurück
Insgesamt lege der Kottingwörther Steinbruch einen Ablagerungszeitraum von etwa fünf Millionen Jahren offen, darunter liegende Schichten wie Dogger (brauner Jura) und Lias (schwarzer Jura) waren für die Schottergewinnung nicht geeignet und seien deshalb auch nicht aufgeschlossen worden. Die Geschichte des Steinbruches, die Arbeitsweise beim Steinabbau und die Bedeutung der gewonnenen Produkte erläuterte Schneider im Innenraum der aufgelassenen Anlage, natürlich mit ausreichendem Sicherheitsabstand zu den ebenso beeindruckenden wie gefährlichen Abbruchwänden.
Begeistert zeigten sich die geologisch interessierten Wanderteilnehmer über die zahlreichen Anschauungsmaterialien, welche Schneider mitgebracht hatte. Darunter eine lange Schnur mit farblich gekennzeichneten Abschnitten der Erdgeschichte, Grafiken und Informationsmaterial über Entstehung und Zusammensetzung der einzelnen Gesteinsschichten, alte Fotos und gut erhaltene Fossilien.
Mit viel neuem geologischen Wissen ausgestattet, verabschiedeten sich die Teilnehmer am Fuße des größten europäischen Inselberges mit spontanem Beifall von Michael Schneider.
rnr
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