Beilngries
Stadtrats-Zwischenbilanz nach zwei Jahren

Exakt zwei Jahre nach der konstituierenden Sitzung des Beilngrieser Stadtrats: Von großen Projekten und großer Harmonie

07.05.2022 | Stand 23.09.2023, 1:35 Uhr

An diesem Samstag sind es exakt zwei Jahre, dass die konstituierende Sitzung des Stadtrats stattfand. Foto: F. Rieger (Archiv)

Von Fabian Rieger

Beilngries – Auf den Tag genau zwei Jahre ist es an diesem Samstag her, dass der aktuelle Beilngrieser Stadtrat zu seiner konstituierenden Sitzung zusammengekommen ist. Wie ist das erste Drittel der Wahlperiode verlaufen? Was waren die bislang wichtigsten Entscheidungen? Wann wurde es im Gremium emotional, wann hitzig? Und welche großen Aufgaben stehen bevor? Unsere Zeitung zieht eine Zwischenbilanz.

Die große Harmonie: Die Ausgangslage konnte brisanter kaum sein. Nach Jahren der eher offen als versteckt ausgetragenen Konflikte im Beilngrieser Stadtrat hatten die Wähler im März 2020 auch noch eine äußerst komplizierte Konstellation erzeugt: Während sie bei der Stadtratswahl der CSU erneut die absolute Mehrheit bescherten, schenkten sie für den Bürgermeisterposten BL/FW-Kandidat Helmut Schloderer das Vertrauen. Da dürften die Grabenkämpfe und Muskelspiele vorprogrammiert sein, unkte so mancher Bürger. Doch genau das Gegenteil trat ein. Die Stadtratspolitik wird seither in einer seit vielen Jahren nicht mehr da gewesenen Harmonie betrieben – mit äußerst selten auftretenden Ausnahmen; aber dazu später mehr.

Die große Herausforderung: Alles eitel Sonnenschein? So ist es jedoch auch nicht. Für die Sorgenfalten ist bei den Kommunalpolitikern vor allem die Finanzlage verantwortlich. Unter dem Eindruck der Corona-Pandemie und insbesondere bereits begonnener oder nicht beliebig aufschiebbarer Großprojekte hat sich der Schuldenstand der Stadt in den vergangenen beiden Jahren mehr als verdoppelt. Für so manches Vorhaben, das Bürgern auf den Nägeln brennt, fehlen derzeit schlichtweg die Mittel. Das kommt nicht überall gut an, insbesondere nicht in einigen Ortsteilen – dort ist dann bisweilen der Vorwurf zu hören, dass im Zweifelsfalle eher in die Kernstadt und nicht in die Dörfer investiert werde.

Das große Streitthema: Am intensivsten war diese Einschätzung zu hören, als es im Herbst 2021 um den Wunsch der Wolfsbucher Feuerwehr und der SpVgg Wolfsbuch/Zell ging, ein neues Feuerwehrhaus samt Turnhalle zu errichten. Zwischenzeitlich schien die Lage komplett verfahren, bei einer Bürgerversammlung in Wolfsbuch hatte Schloderer einen schweren Stand – ehe dann doch noch ein Kompromiss gefunden und im Stadtrat beschlossen wurde. Begleitet wurde Letzteres von der bislang schärfsten Oppositions-Attacke in Richtung des Bürgermeisters: Ehrenamtliche Stadtratsmitglieder hätten bei diesem Thema „den Karren aus dem Dreck ziehen“ müssen, klagte CSU-Sprecher Johannes Regnath.

Der große Beschluss: Mit besonderer Spannung wurde die Stadtratssitzung am 10. Februar 2021 erwartet. Das Gremium hatte zu entscheiden, in welcher Form die dringend notwendige Grundschul-Erweiterung erfolgen soll. Die Kernfrage lautete dabei: Wie lässt sich die angespannte Haushaltslage mit dem Anspruch vereinbaren, die Baumaßnahme so zu gestalten, dass die Anregungen der engagierten Schulfamilie möglichst umfassend berücksichtigt werden können – um die räumliche Ausgestaltung so darzustellen, dass sie auch künftigen pädagogischen Anforderungen gut standhält. Die Verwaltung um Schloderer durfte den Abend des 10. Februar als großen Erfolg verbuchen. Der Beschluss im Gremium erfolgte nahezu einstimmig – und die Schulfamilie zeigte sich erfreut ob der beschlossenen Variante. Gebaut werden muss nun allerdings erst noch. Und die erste Hiobsbotschaft hat es seither schon gegeben. Die bei besagter Sitzung aufgezeigten Gesamtkosten von 7,8 Millionen Euro für Anbau und Umbau im Bestand sind nicht mehr aktuell. Als im Herbst 2021 im Stadtrat ein konkreter Bauentwurf präsentiert wurde, musste man erwartete Gesamtkosten von 8,5 Millionen Euro nennen. Rund 4,5 Millionen Euro davon wird die Stadt zu tragen haben, so die dabei geäußerte Einschätzung.

Die großen Aufgaben: Welche Projekte werden den weiteren Verlauf der Wahlperiode prägen? Zu allererst ist hier besagtes Grundschul-Projekt zu nennen. Zur Baustelle ist überraschend auch wieder das Thema Kinderbetreuung geworden. Die Platz-Kapazitäten reichen nicht aus, um den Bedarf zu decken. Ab Herbst soll nun der Franziskus-Altbau reaktiviert werden. Ein weiteres Großprojekt, das sich aus Förder-Gründen nicht mehr ewig aufschieben lässt: die Sanierung des Freibads.

Die große Bühne: Als Erfolg darf die Stadt verbuchen, vom bayerischen Wirtschaftsministerium zu einer von fünf Modellkommunen ernannt worden zu sein. Von Sommer 2021 bis Frühjahr 2022 wurden in diesem Zusammenhang Konzept-Ideen für eine weitere Innenstadt-Entwicklung erarbeitet, die in Form eines Abschlussberichts nun beispielgebend für Kommunen in ganz Bayern sein sollen.

Das große Fragezeichen: Noch von keinen nennenswerten Entwicklungen hat die Öffentlichkeit seit Beginn dieser Wahlperiode in Sachen Umgehungsstraße erfahren. Wird es klappen mit der Umsetzung des zweiten Bauabschnitts – und falls ja, wann und wie? Die Antworten stehen noch aus.

Die großen Symbole: Finanzen, Bauwerke – davon ist die Kommunalpolitik geprägt. Doch das ist nicht alles. Manchmal sind Symbole und Zeichen der Menschlichkeit gefragt. Ganz besonders war das der Fall, als es Ende 2020 einen schweren Corona-Ausbruch im örtlichen Seniorenzentrum gab – und eine Gruppe Corona-Demonstranten ausgerechnet in diesen Tagen die Stadt als Bühne für einen Autokorso mit unsäglichen Parolen missbrauchte. Der Stadtrat bezog bei seiner nächsten Sitzung geschlossen Stellung gegen die Protestierer. Dass dies ein Jahr später nicht noch einmal so deutlich gemacht wurde, als die Montagsspaziergänge und regelmäßige Protestzüge durch die Stadt so manchen Bürger massiv ärgerten, wurde den Beilngrieser Kommunalpolitikern in sozialen Netzwerken bisweilen angekreidet. Doch diese Umtriebe ebbten auch ohne Zutun des Stadtrats mehr und mehr ab. Aber dann brach mit dem Krieg in der Ukraine direkt die nächste Ausnahme-Situation über die Welt herein, inklusive Auswirkungen auf unsere Region. Die Tafel beispielsweise arbeitet seit Wochen am Maximum – und so entschied sich der Beilngrieser Stadtrat im April spontan, sein Sitzungsgeld an die Ehrenamtlichen zu spenden.

DK