Probleme der Zukunft lösen
Podiumsdiskussion der Eichstätter SPD zu „New Work“

19.09.2023 | Stand 19.09.2023, 17:00 Uhr |

Christian Alberter moderierte die Diskussion mit Rebecca Böhm, Michelle Harrer und Karola Frank (von links). Foto: Buckl

Wie sieht angesichts der Umwälzungen und Probleme der Gegenwart die Arbeitswelt der Zukunft aus, wie hat man sich die „New Work“ vorzustellen? Mit dieser Frage beschäftigte sich am Montagabend eine Podiumsdiskussion, die der Eichstätter Ortsverein der SPD im Wirtshaus „Zum Gutmann“ veranstaltete. Am Podium standen drei Expertinnen unterschiedlicher Provenienz; moderiert wurde der Abend von Christian Alberter, dem SPD-Fraktionsführer im Eichstätter Stadtrat.

Als Diskutanten wirkten die Eichstätter Unternehmerin Rebecca Böhm, die das Cafe „Chocolatique“ betreibt und auch schon Start-ups aufbaute („Ich sitze gern im Driver Seat“), die Kipfenberger Gewerkschafterin Michelle Harrer sowie die Audi-Betriebsrätin Karola Frank, die als eine der vier bayerischen von insgesamt 29 ehrenamtlichen Mitgliedern der IG Metall auf Bundesebene wirkt. Sie stellten sich dem rund 40-köpfigen Publikum vor, nachdem Moderator Christian Alberter eingangs epochale Veränderungen der Arbeitswelt seit Mitte des 19. Jahrhunderts hatte Revue passieren lassen - vom Beginn der Industrialisierung mit Bildung eines Prekariats über die Gründung von SPD und Gewerkschaften bis hin zur Arbeitszeitbegrenzung auf Acht-Stunden-Tag und Fünf-Tage-Woche im 20. Jahrhundert.

Doch nun stünden neue Herausforderungen auf der Agenda, denn Arbeit dürfe nicht krank machen – Alberter nannte Schlagworte wie Fachkräftemangel, Home-Office, Vier-Tage-Woche, Work-Life-Balance. Dazu holte er Statements der Expertinnen ein und bezog auch das Publikum mit ein, das gern von der Möglichkeit Gebrauch machte, Fragen zu stellen und eigene Erfahrungen zu schildern.

„Wie dynamisch ist unsere Arbeitswelt, was kommt auf uns zu?“ – Dazu Rebecca Böhms Prognose: Im Jahr 2030 werde es drei Millionen weniger Arbeitende geben. Es komme immer stärker darauf an, die Individuen zu verstehen, die Bedürfnisse der Arbeitenden stärker zu sehen („Was brauchst Du dazu, damit sich Arbeit gut anfühlt?“). Nach Meinung von Michelle Harrer wird sich der Trend zum Home-Office verstärken; doch müsste stärker darauf geachtet werden, dass die Tariftreue eingehalten wird. Karola Frank schilderte die aktuelle Situation bei Audi, wo „Mobiles Arbeiten“ schon seit 2015 Thema sei. Vor Corona sei es oft „nach der Nase der Führungskraft gegangen“, wem mobiles oder hybrides Arbeiten zugestanden werde. Heute werde es immer wichtiger, dass diese Betroffenen selbst entscheiden können, ob sie von zuhause aus arbeiten wollen oder vor Ort, Ergonomie sei dabei wichtig, Audi stelle etwa „Ausstattungspakete“ bereit. Im klassischen Produktionsbereich bleibe Home-Office freilich weniger möglich als im Büro. Unisono beklagte man, dass es in Deutschland noch stark an digitaler Infrastruktur für das Home-Office mangle – „da müssen wir den Turbo einschalten!“ Denn, so Michelle Harrer: „In Finnland gibt es an jeder Bushaltestelle WLAN. In Bayern muss man bangen, dass man genügend Bushaltestellen hat.“

Zum Thema Schichtarbeit schlug Böhm Modelle vor, wonach man am Montag und Freitag eher ins Home-Office könne, von Dienstag bis Donnerstag aber besser präsent sein sollte, um sich auszutauschen, doch sei „Commitment nötig“. Dem widersprach Frank: „Mitarbeitende sollten selbst sehen, wann Präsenz gefordert ist, Anwesenheitskultur ist wichtiger als Ergebniskultur!“ Einig war man sich darin, dass Arbeitszeitgesetze nicht aufgeweicht werden dürften und Höchstarbeitszeiten einzuhalten sind. Das Handy sei „Segen und Fluch zugleich“, da die „Arbeitszeit entgrenzt“ wird, wenn Arbeitende rund um die Uhr erreichbar sind.

Breiten Raum nahm das Thema Fachkräftemangel ein, laut Harrer eher bereits ein Arbeitskräftemangel: Firmen könnten es sich nicht länger leisten, „nur Einser-Absolventen als Azubis zu nehmen“, man müsse auf Berufsanfänger ohne qualifizierten Abschluss und Leistungsschwächere zugehen, Förderprogramme zur Nachqualifizierung auflegen. Hier ging es auch um die Forderung nach bezahltem Bildungsurlaub und die Beschäftigung von Migranten (dazu „Gutmann“-Wirt Fred Pfaller: „Hätte es das Jahr 2015 nicht gegeben, hätte ich hier den Gastronomie-Betrieb nicht aufrechterhalten können!“).

Wenig Raum blieb für die Publikumsfrage, wie Künstliche Intelligenz (KI) die Arbeit der Zukunft beeinflussen werde. Dazu Frank: „KI muss die Beschäftigten stützen, sie darf sie nicht steuern.“ Im Fazit der Diskussion waren sich alle einig: „Die Zeit der Klassenkämpfe ist passé. Die Probleme der Zukunft können nur gemeinsam gelöst werden.“

EK

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