Raum für Trauer in ihrer Vielfalt
„PfützenSprung“ begleitet trauernde Kinder und Jugendliche auf dem Strasserhof in Demling

16.05.2023 | Stand 16.09.2023, 22:00 Uhr

Oft gelingt es Markus Strasser durch gemeinsames Spielen, eine Beziehung zum Trauernden aufzubauen. Fotos: Thomas/Mülbl

Am Strasserhof in Demling wird der Besucher umfangen: vom Duft des Holzes, von der Liebe zum Detail und der Wärme des Ortes. Sie ist es, die den unsichtbaren Faden zwischen altem und neuem Gemäuer, Menschen und ihren Geschichten zu spannen scheint. Die Wärme kommt nicht nur von unten aus der Fußbodenheizung des modernen Einbaus in der ehemaligen Scheune, sondern von innen – von den Schaffern dieser Wohlfühlinsel für schwere Zeiten: Marion Thomas und Markus Strasser.

Das Paar verwandelte jüngst durch ein „Haus im Haus“ die Scheune des einstigen Bauernhofes in einen Ort für ihre Arbeit, die neben Resilienztraining nun auch Trauerbegleitung umfasst. Eigens dazu gründeten die beiden die gemeinnützige GmbH „PfützenSprung“. Gemeinnützig, um ihren Klienten, Kinder und Jugendliche im Alter von sechs bis 21 Jahren, die Eltern oder einen Elternteil verloren haben, ein kostenloses Angebot über Spenden zu sichern.

Das Lebenswerk der Eltern weitergeführt

Strasser selbst wurde mit 14 Jahren Vollwaise. Er lebt schon immer und auch nach dem Tod seiner Eltern auf dem Hof. Erst bewirtschaftete er ihn als Landwirt, dann, mit 27 Jahren, entschied er sich für eine Umorientierung, wurde selber Heilerziehungspfleger und machte auch eine Ausbildung als Trauerbegleiter. „Ich brauchte einen Umbruch, wollte aber gleichzeitig das Lebenswerk meiner Eltern weiterführen. Ich wollte hier weiterleben, aber mit einer Veränderung.“

Die vollzog der 44-Jährige nun auch architektonisch. „Ein Ort kann heilsam sein. Auch in der Trauer haben wir die Möglichkeit zur Veränderung und können in dieser wachsen.“ Unterstützt wird Strasser in seinem Tun von seiner Lebensgefährtin, die insbesondere im Resilienzbereich des vielfältigen Programms des Strasserhofs tätig ist. Als studierte Designerin bringt sie ihre zahlreichen Fähigkeiten noch sichtlich anders in das Unternehmen ein. Es ist kein Zufall, dass die Gestaltung der Räume so spürbar die Intention ihrer Nutzer widerspiegelt: Wohlig unaufdringlich bieten die verschiedenen Zimmer Platz für unterschiedliche Art der Trauer. „Vielseitigkeit zu erleben, ist einer unserer wesentlichen Ansatzpunkte in der Trauerarbeit“, erklärt Strasser. Er baut auf „Lebendigkeit durch Bewegung und Begegnung“.

Grundlage sei immer die Beziehung, die es erst zwischen dem Begleiter und dem Trauernden aufzubauen gelte. Der Strasserhof bietet dazu eine Vielzahl an Möglichkeiten: „Wir können hier boxen oder uns besinnen, spielen oder sprechen, alles ist möglich“. Wichtig sei es, sich wieder selbst zu spüren. „Deshalb versuchen wir, die Ressourcen des Einzelnen zu erkennen und gemeinsam damit zu arbeiten.“

Unterschiedliche Räume, Sporthalle und Garten

Die Architektur bietet den nötigen Rahmen: der Strasserhof verfügt über unterschiedliche Räume, einen geschützten Garten und eine große Sporthalle. Die wird oft genutzt, denn bei Kindern komme die Trauer gerade auch während eines Spiels zum Vorschein, so der Trauerbegleiter. Es gebe dann einen kurzen Moment des Innehaltens, um kurz darauf wieder den Ball zu kicken.

Für diese wichtigen Momente möchten Thomas und Strasser Zeit und Raum geben, wie auch für die verschiedensten Gefühle, die aufkommen können: Wut oder Unverständnis, Traurigkeit oder schöne Erinnerungen. „Trauer äußert sich sehr unterschiedlich. Hier ist für jede Form Platz.“