Im Fall der Vertuschung sexuellen Missbrauchs durch den früheren Eichstätter Bischof Alois Brems geht die Justiz nicht gegen Verantwortliche des Bistums vor. Das hat die Staatsanwaltschaft auf Anfrage unserer Zeitung mitgeteilt.
Der Fall hatte im Oktober 2022 deutschlandweit hohe Wellen geschlagen, in der Folge wurde in Eichstätt die nach Bischof Brems benannte Straße umbenannt. Der von 1968 bis 1983 amtierende Brems hatte einem wegen schweren sexuellen Missbrauchs Schutzbefohlener von der Justiz gesuchten Priester die Flucht ins Ausland ermöglicht. Dort wirkte der Geistliche, der 2016 hochbetagt starb, offenbar mit Wissen von Bischof Brems bis zur Verjährung der Straftaten, die sich in mehreren Pfarreien zugetragen haben müssen. 1986 kehrte der Priester ins Bistum Eichstätt zurück und wurde unbehelligt in der Pfarrseelsorge eingesetzt, 2012 wurde er in einem Altenheim in Schwabach erneut übergriffig. „Die Tatsache, dass von einem Täter auch in hohem Alter in einem Seniorenheim noch Gefahr ausgehen kann, habe ich mir damals nicht vorstellen können“, sagte Bischof Gregor Maria Hanke vor zwei Jahren.
Staatsanwaltschaft forderte Akten nach
Kurz nach der Berichterstattung der Zeitungen der Mediengruppe Bayern forderte die Staatsanwaltschaft Akten bei der Diözese an: „Die Presseberichterstattung zu Missbrauchsfällen durch einen einschlägig bekannten Priester in einem Seniorenheim und zu Vertuschungshandlungen der damaligen Bistumsleitung“ habe man zum Anlass genommen, die Vorgänge strafrechtlich zu bewerten, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Mit Blick auf die Taten des Mannes, der auch im Kreis Eichstätt wirkte, habe man „keine Hinweise auf noch verfolgbare Straftaten“ gefunden, so die Sprecherin: Straftaten und auch etwaige Beihilfehandlungen seien verjährt und der mutmaßliche Täter wie auch weitere kirchliche Entscheidungsträger bereits gestorben. Anders verhält es sich mit den Taten im Seniorenheim in Schwabach.
Vorfall in Schwabach mündlich gemeldet
Der Priester hatte nach seiner Ruhestandsversetzung im Jahr 2005 die Hausgeistlichen-Wohnung des Caritas-Altenheims in der mittelfränkischen Stadt bezogen. „Nach einer beobachteten Übergrifflichkeit gegenüber einer dementen Bewohnerin machte die Einrichtungsleitung vom Hausrecht Gebrauch und untersagte dem Priester Gruppen- oder Einzelgespräche“, sagte Caritas-Direktor Alfred Frank gegenüber unserer Zeitung. Der Vorfall sei dem Verband und dem damaligen Caritasdirektor Rainer Brummer gemeldet worden. Der wiederum zeigte die Vorgänge bei Generalvikar Johann Limbacher an – offenbar allerdings nur mündlich, wie ein Bistumssprecher erklärte. Schriftliche Dokumente oder Meldungen lägen demnach keine vor. „Die Diözese Eichstätt hat entsprechend der damaligen Einschätzung keine Maßnahmen gegen (...) eingeleitet“, erklärte der Sprecher des Bistums. Dafür holte aber offenbar der beschuldigte Pfarrer aus, der der Einrichtungsleitung und Mitarbeitern Mobbing vorwarf. Im März 2012 wurde die Wohnung des Priesters gekündigt, im April legte er das Amt des Hausgeistlichen nieder und im Januar 2013 zog er schließlich aus dem Altenheim aus und ging in die Erzdiözese Bamberg.
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Die Übergriffe und „Aufdringlichkeiten“, wie sie die Sprecherin der Staatsanwaltschaft nannte, wurden überprüft, auch im Blick auf „etwaige strafrechtliche Verantwortlichkeiten auf Seiten kirchlicher Entscheidungsträger“. Die angesprochenen Straftaten müsse man nach der damals geltenden Rechtslage bewerten, sie seien verjährt. „Damit wären auch etwaige Beihilfehandlungen oder Vorwürfe strafbaren Verhaltens durch Unterlassen bereits verjährt“, sagte die Sprecherin der Anklagebehörde. Eine hypothetische Prüfung, ob sich das auf Grund neuer Rechtslage anders darstellen würde, habe nicht stattgefunden.
Gutachten beauftragt
Die Unabhängige Aufarbeitungskommission des Bistums Eichstätt hat inzwischen eine gutachterliche Stellungnahme zu dem gesamten Komplex beauftragt. Deren Ergebnisse sollen noch in diesem Jahr vorliegen. Neben bereits neun bekannten Betroffenen, die von dem Priester angegangen wurden, haben sich inzwischen vier weitere gemeldet, sagte ein Bistumssprecher.
EK
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