Anno dazumal
„Meine glücklichsten Lebensjahre“: Eichstätts Ehrenbürger Georg Ritter von Orterer leitete einst das Gymnasium

13.07.2024 |

Das Humanistische Gymnasium Ende des 19. Jahrhunderts zur Zeit von Schulleiter Georg Ritter von Orterer. Rechts: das Bischofspalais. Fotos: Ettle, Archiv

Georg Ritter von Orterer war zehn Jahre Rektor des Humanistischen Gymnasiums Eichstätt, dem heutigen Willibald-Gymnasium. Berühmt freilich wurde er als Reichs- und Landespolitiker und vor allem, da er vom Schriftsteller Ludwig Thoma großartig, lustig und unnachahmlich „derbleckt“ wurde. Die Stadt Eichstätt hatte ihn für sein Wirken in der Bildung und Erziehung der Jugend zum Ehrenbürger ernannt.

„Danach haben wir taroggt und ich hab’ dem Präsidenten Orterer eine Mark siebzig abgewonnen; denn das kann ich besser wie die Großkopferten. Der Orterer ist aber wild geworden, und der Pichler hat gesagt, mir sollen ihn gewinnen lassen, weil er sonst morgen nicht so gut regieren kann vor lauter Wut.“ Eine der eher harmloseren Passagen in Ludwig Thomas „Jozef Filsers Briefwexel“, in dem es sich um den Präsidenten der königlichen Kammer der Abgeordneten, Georg von Orterer, dreht.

Verdienste um Hebung der Stadt



Er ist im Oktober 1849 in Wörth geboren, besuchte Schulen in Scheyern und Freising und studierte alte Sprachen in München und Leipzig, wo er promovierte. 1892 wurde Orterer zum Rektor am Humanistischen Gymnasium Eichstätt ernannt. „Die zehn in Eichstätt zugebrachten Lebensjahre waren meine glücklichsten und bedeutungsvollsten“, sagte der Rektor bei seiner Verabschiedung „im prächtig geschmückten Krone-Saal“.

Im September 1902 hatten der Magistrat und das Gemeindekollegium einstimmig beschlossen, Orterer zum Ehrenbürger zu ernennen. Der Geehrte war damals bereits drei Jahre Präsident der bayerischen Abgeordnetenkammer „und hat unschätzbare und unvergessliche Verdienste um die Entwicklung und Hebung der Stadt Eichstätt, namentlich um die Besserung ihrer wirtschaftlichen und Verkehrs-Verhältnisse, erworben“, wie es in der Begründung der Ehrenbürgerwürde heißt. Er sei einer der größten Gönner und Förderer der Stadt.

Die politische Laufbahn des „Schulmeisters“, wie ihn Ludwig Thoma titulierte, begann 1881 mit der Nominierung in den oberbayerischen Landrat (Bezirkstag). 1883 wurde er Abgeordneter, 1887 Mitbegründer der „Bayerischen Zentrumspartei“. Von 1884 bis 1893 gehörte Georg von Orterer dem Reichstag in Berlin an. Das Präsidentenamt in München trat er 1899 an und wurde 1905, 1907 und 1912 wieder gewählt. Mit dem Vorsitz des Deutschen Katholikentags von 1894 bis 1903 hatte der Eichstätter Ehrenbürger ein weiteres wichtiges Amt inne.

Schützer der Religion und des Rechts



„Ein schönes und herzerhebendes Fest“, so der Berichterstatter in der Eichstätter Heimatzeitung, wurde Georg Ritter von Orterer am 14. September 1902 im Kasino bereitet. Er wurde als „hervorragender Vertreter der Interessen des katholischen Volkes und entschiedener Schützer der Religion, Wahrheit, Freiheit und des Rechts“ bezeichnet. „Unter seiner Leitung erlebte das Eichstätter Gymnasium eine Blüte, wie nie zuvor“, rühmte Dompropst Johann Evangelist Pruner. Bei dem Festakt sang der Chor des „Kreuzertisches“. Georg Ritter von Orterer sagte: „Im bischöflichen Knabenseminar und im Lehrerkollegium habe ich ausnehmende Freundlichkeit und Kollegialität erfahren.“ Die Schule befand sich nach dem Umzug vom Jesuiten-Gymnasium 1842 in den „Ulmer Hof“ am Leonrodplatz. 1977 wurde das Gymnasium ins Schulzentrum Schottenau verlagert.

Nach einem Jahrzehnt erfolgte Orterers Versetzung an das Ludwig-Gymnasium in München. „Ich werde der Stadt Eichstätt stets in Liebe und Anhänglichkeit zugetan sein“, so der Ehrenbürger. Der Träger des Verdienstordens vom Heiligen Michael war 1901 durch Prinzregent Luitpold mit der Verleihung des Verdienstordens der Bayerischen Krone in den persönlichen Adelsstand erhoben worden, 1916 erfolgte die Verleihung des Titels „Königlicher Geheimrat“.

Georg Ritter von Orterer war von 1876 bis 1913 mit der Tochter Rosalia des Münchner Künstlers Joseph Otto Entres verheiratet. Das Ehepaar wohnte in Eichstätt am Jesuitenplatz A 23 (heute Leonrodplatz) und bekam zehn Kinder, von denen Sohn Georg Karl im November 1895 in Eichstätt zur Welt kam. Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete Orterer 1915 Hildegard Roth. Gestorben ist der Ehrenbürger am 5. Oktober 1916 in München, begraben ist er dort im Ostenfriedhof.

Im Absolvia-Heft des Humanistischen Gymnasiums 1911 schrieb der ehemalige Schüler Hans Kiener über Orterer: „Wir haben bei ihm Horaz gelesen und alte Geschichte gehört, was er sehr lebendig gestaltete“.

EK



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