Eichstätt
Lehrlinge sind Mangelware: Noch viele Lehrstellen unbesetzt

573 Jugendliche starten im Landkreis Eichstätt ins neue Ausbildungsjahr – knapp 400 Plätze gibt es noch

01.09.2022 | Stand 22.09.2023, 6:11 Uhr

Der Start in den September ist traditionell auch der Start ins neue Ausbildungsjahr. 573 junge Menschen im Landkreis nehmen laut der Ausbildungsstatistik der Ingolstädter Bundesagentur für Arbeit, die auch für den Landkreis Eichstätt zuständig ist, 2022 eine Lehre auf.



Insgesamt sind 969 Lehrstellen im Angebot, bei denen nach einem passenden Bewerber gesucht wird. Viele Stellen bleiben auch dieses Jahr verwaist.

Grund dafür sind die zu geringen Bewerberzahlen. Es werden mehr Auszubildende gesucht, als es junge Menschen gibt, die eine Ausbildung beginnen wollen. Mit 654 Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Landkreis Eichstätt, die sich heuer auf eine Lehrstelle beworben haben, bekamen statistisch gesehen rund 40 Prozent der offenen Lehrstellen keinen Bewerber ab. Dabei ist die Ausbildungsbereitschaft der Wirtschaft laut Alexander Kessel, Vorsitzender des IHK-Regionalausschusses Eichstätt, nach wie vor ungebrochen hoch: „Das größte Problem für die Betriebe ist nach wie vor, dass es nicht genügend Bewerberinnen und Bewerber für die zahlreichen angebotenen Ausbildungsplätze gibt“, sagt Kessel.

Am größten ist das Bewerberdefizit im Kaufmännischen-, Dienstleistungs- und Tourismusbereich, die in der Statistik zusammengefasst werden. Für 247 Stellen haben sich 80 Bewerber interessiert. Corona traf diese Branchen besonders hart. Das größte „Überangebot“ herrscht im Bereich Informatik, wobei hier nur 40 Lehrstellen ausgeschrieben waren, für die sich 62 Bewerber interessierten.

Im Baugewerbe sieht es mit 120 Stellen zu 33 Bewerbungen ebenfalls nicht gut aus. „Es sind generell mehr Azubis gewünscht, in fast allen Branchen“, sagt Herrmann Meier, Kreishandwerksmeister in Eichstätt und Geschäftsführer der Baufirma Martin Meier. Fertig ausgebildete Fachkräfte seien auf dem Markt nicht zu bekommen, weshalb die Betriebe mehr ausbilden möchten. „Nicht jeder Lehrling bleibt als Arbeitskraft erhalten“, weiß Meier aus eigener Erfahrung. Meisterschule, Technikerausbildung – die Möglichkeiten sind vielfältig. Nach einer Ausbildung die Berufsoberschule zu besuchen und zu studieren sei keine Seltenheit mehr, so Meier. „Deshalb bräuchten wir eigentlich ein paar Leute zu viel als zu wenig, damit jeder Zweite im Betrieb bleibt.“

Im Landkreis Eichstätt ist es laut Meier aber noch meckern auf vergleichsweise hohem Niveau. 228 Azubis starten im Handwerk an diesem Donnerstag in eine neue Ausbildung. Sogar acht mehr als im Vorjahr. Die meisten Ausbildungsverträge wurden im Handwerk in den Berufen Elektroniker, Anlagenmechaniker und Kraftfahrzeugmechatroniker abgeschlossen – 2021 erlernten 42 Prozent aller Azubis im Landkreis einen handwerklichen Beruf. Über 300 Jugendliche starten zum September in einem der über 50 angebotenen IHK-Berufe. Bei den jungen Männern ist Fachinformatiker der beliebteste Beruf, bei den jungen Frauen Kauffrau für Büromanagement, sagt Kessel.

In Handwerk und Industrie gebe es viele mittelständische Firmen in der Region. Wachstumspotenzial aus Kreishandwerkersicht gibt es in der Überwindung der Geschlechterklischees: Nur 10 Prozent der über 200 neuen Azubis sind weiblich. Die meisten davon sind Bäckerei- und Metzgereifachverkäuferinnen. Die vielen Naturstein- und Metallbetriebe in der Region seien hauptsächlich für Männer interessant. Die eine oder andere Schreinerin und technische Zeichnerin findet sich dann aber doch. Die neue Berufsschule in Eichstätt biete den Nachwuchsfachkräften aller Branchen beste Startbedingungen, so Meier: „Der Campus ist beeindruckend und topmodern. Da wurde vom Landkreis viel investiert, um eine gute Ausbildung bieten zu können.“

Mittlerweile müsse man auch etwas bieten, um Azubis zu finden. „Nach zwei Jahren mit Corona-Einschränkungen konnten wir endlich wieder auf Ausbildungsmessen und bei Schulbesuchen Kontakt mit den jungen Leuten aufnehmen. Wir brauchen solche Maßnahmen, um Schulabgängerinnen und -abgänger von den Karrierechancen zu überzeugen“, sagt Meier. Das Ausbildungsjahr beginnt zwar offiziell am 1. September, Meier weist aber darauf hin, dass Lehrverträge auch noch später unterschrieben werden können. Viele Betriebe seien auf der Suche, nicht nur im Handwerk.