Beilngries
„Kunst kann die Menschen verbinden“

Ausstellung der Sulz-Altmühltaler Kunstfreunde im Beilngrieser Haus des Gastes eröffnet – Facettenreich und ausdrucksstark

15.08.2022 | Stand 22.09.2023, 6:50 Uhr

Die ausgestellten Werke stießen bei der Vernissage auf große Bewunderung. Foto: Adam

Von Regine Adam

Beilngries – Ida war mit ihrer Besitzerin Gast bei der Vernissage der Sulz-Altmühltaler Kunstfreunde und wohl die Einzige, die konsequent die zahlreichen Kunstwerke im Saal des Haus des Gastes ignorierte. Die stolze, riesig-große Schottische Hirschhündin interessierte sich mehr für die vielen Menschen, die gekommen waren, lauschte andächtig sitzend – und irgendwann dann doch gemütlich ausgestreckt und leicht abwesend wirkend – den Reden von Werner W. Richter, dem Leiter der Kunstfreunde, und von Li Portenlänger, der Ehrenpreisträgerin, von Landrat Alexander Anetsberger (CSU), von Martina Edl (FW), der dritten Bürgermeisterin von Eichstätt, und dem Vize-Bürgermeister von Beilngries, Anton Grad (CSU). Die Ohren spitzte Ida regelmäßig, wenn Musik erklang, denn gewohnt hochklassig umrahmte das Symphonische Blasorchester Beilngries mit Hans Haas und Sara Wheeler am Dirigentenpult den gut besuchten Abend. Eines ihrer Stücke trug den Titel „Perfect“ – und so könnte man ohne Übertreibung auch die Vielfalt und Vielseitigkeit der diesjährigen Ausstellung bezeichnen, die Richter mit den Worten „Endlich wieder“ ankündigte, die Anetsberger „als gesellschaftlichen und künstlerischen Höhepunkt in der Stadt Beilngries“ hervorhob und die Martina Edl „gerührt und beeindruckt von den unterschiedlichen Botschaften der Künstler“ als „Werke, die die Seele anrühren“, lobte.

Nach zwei Jahren Pause gibt es heuer wieder eine Ausstellung und schon der Auftakt zeigte, dass Künstler und Besucher sehnlichst darauf gewartet hatten. Werner W. Richter stellte die Beilngrieser Kunstvereinigung, die es seit 1966 gibt, kurz vor und erklärte, dass es neben den jährlichen Ausstellungen seit 2011 auch die Verleihung des Kunst- und Kulturpreises der Kunstfreunde gebe. „Damit möchten die Kunstfreunde nicht nur Bewunderung auf sich selbst einprasseln lassen, sondern auch anderen Menschen, die sich in Kunst und Kultur verdient gemacht haben, ihre Bewunderung zeigen.“ Als Ehrengäste begrüßte Richter neben den Gastrednern die ehemalige Preisträgerin Ariana Keßler aus Eichstätt, Altlandrat Xaver Bittl und Kunstkollege Alfons Dürr aus Neumarkt, der ebenfalls lange bei den Kunstfreunden aktiv war. Bei der Stadt Beilngries und vor allem der Willibald-Schmidt-Stiftung Beilngries bedankte sich Richter ausdrücklich für die großzügige Unterstützung und Hilfe bei der Vorbereitung der Ausstellung. „Wir haben hier heute Leidenschaft auf oberster Ebene erlebt“, freute sich Richter zum Ende des offiziellen Teils und überließ es dann Landrat Anetsberger und Bürgermeister Grad, die Ausstellung für eröffnet zu erklären.

Dann gab es ein Glas Sekt, charmant verteilt von Marlene Breitschopf und Anneliese Wein, und endlich stand das im Mittelpunkt, was die Ausstellung ausmacht: die Künstler und ihre Werke. Beim Rundgang durch die Ausstellung konnten sich die Besucher überzeugen, dass die Redner nicht zu viel versprochen hatten: Überaus vielseitig ist die Kunstschau dieses Jahr, Bilder aus Acryl oder Öl sind zu sehen, dazu Holzskulpturen und sogar Stoffkunstwerke, die die Bandbreite der Schaffenskraft der regionalen Künstler zeigen. Unter anderem aus Beilngries, Berching, Neumarkt, Eichstätt und Ingolstadt kommen die Aussteller dieses Jahr und die zahlreichen Gespräche im Laufe des Abends über Technik und Farben, über Gedanken, Wünsche oder Hoffnungen beim Schaffen des Kunstwerkes bewiesen, was Vize-Bürgermeister Anton Grad formuliert hatte: „Kunst kann und will die Menschen verbinden.“

Wer die Ausstellung besuchen möchte, hat dazu noch täglich bis einschließlich 28. August Gelegenheit. Geöffnet ist jeweils Montag bis Freitag von 16 bis 19 Uhr, Samstag von 14 bis 18 Uhr sowie Sonntag von 11 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Eine Preisträgerin, die mit Werken und Worten die Augen öffnet

Es war wohl auch für das kunstinteressierte Publikum der Vernissage die bisher anspruchsvollste Dankesrede, gehalten von der zehnten Trägerin des Kunst- und Kulturpreises der Sulz-Altmühltaler Kunstfreunde, Li Portenlänger. Zuvor war die Eichstätter Kunstschaffende, bei der mittlerweile die Vorliebe für Lithographie im Mittelpunkt steht, von Werner W. Richter vorgestellt worden.

Geboren wurde Li Portenlänger 1952 in Eichstätt, wo sie 1998 zusammen mit Kunstfreunden die Lithographie-Werkstatt gründete und bis heute leitet. Künstler aus vielen Ländern werden eingeladen, hier Gast zu sein und ein Werk zu verwirklichen, das die mittlerweile viel beachtete Sammlung aus Kunstblättern und Mappenwerken erweitert. Studiert hat Portenlänger von 1974 bis 1978 Flächengestaltung, Grafik und Malerei in Bremen. Hier besuchte sie auch die Fachschule für Freien Modernen Tanz, beschäftigte sich mit historischem Tanz, chinesischer Körperkunst und sie stellte die Weichen für ihre spätere Leidenschaft, indem sie Lithographie als weiteren Studienzweig wählte. Zahlreiche Auslandsreisen – unter anderem nach China – und auch Ausstellungen in den USA, in Italien, Belgien, Österreich und natürlich Deutschland zeichnen das Bild einer überaus aktiven und erfolgreichen Künstlerin, die bereits 2018 mit dem Kulturpreis der Stadt Eichstätt geehrt wurde und nun auch bei den Beilngrieser Kunstfreunden im Mittelpunkt stand.

Nach der Laudatio von Richter und der Überreichung des Ehrenpreises der Kunstfreunde bedankte sich die charismatische Künstlerin herzlich und betonte: „Ich möchte in die Schale dieses gemeinsamen Festes etwas hineinlegen.“ Dazu erzählte sie erst von ihren Aktivitäten während der Corona-Zeit, in der sie Werke „zur blauen Stunde“ geschaffen habe und Aktionen „als Alternative zum kompletten Schweigen“ initiiert habe. Dabei wurden – immer im Freien – unterschiedliche Texte vorgestellt, unter anderem auch von John Cage, „dem Amerikaner, Musiker und interdisziplinär denkenden und arbeitenden Universalkünstler“. Diesen Text aus dem Taschenbuch „John Cage im Gespräch zu Musik, Kunst und geistigen Fragen unserer Zeit“ las dann Portenlänger auszugsweise vor und ließ das Publikum teilhaben, wie Cage in den 1930er Jahren seine Liebe zu abstrakter Kunst beschreibt, „Malewitschs Weißes Quadrat auf weißem Grund fand ich eindrucksvoll“, und dass er den Surrealismus nie mochte – „wegen seiner Nähe zur Psychoanalyse“. Ein schlichtes Pflaster am Weg verschaffte Cage „ebenso ästhetischen Genuss“ wie ein zuvor bewundertes und gekauftes geometrisch-abstraktes Leinwandgemälde von Mark Tobey – dem Wegbereiter des amerikanischen Abstrakten Expressionismus. Bei einem Spaziergang mit eben diesem Mark Tobey in Seattle seien ihm, Cage, „die Augen geöffnet worden, was, wenn ich es richtig verstehe, eine Aufgabe der Kunst im 20. Jahrhundert ist – uns die Augen zu öffnen“.

Dieser Aufgabe nehmen sich auch im 21. Jahrhundert weiterhin viele Künstler an – nicht zuletzt bei der Ausstellung der Sulz-Altmühltaler Kunstfreunde im Haus des Gastes Beilngries.

arg