Wiener Schmäh
Kabarett-Duo BlöZinger mit dem Programm „Erich“ auf der Bühne im Gutmann

26.04.2023 | Stand 16.09.2023, 23:02 Uhr

Das österreichische Duo BlöZinger, bestehend aus den Bühnenkünstlern Robert Blöchl (rechts) und Roland Penzinger (links), braucht auf der Bühne keine Utensilien um zu unterhalten. Foto: Buckl

Wie schaffen die beiden das nur? Auf der Bühne dienen zwei karge Stühle als einzige Requisiten, es agieren nur zwei Schauspieler – trotzdem erlebt man in einem rasanten Familien- und Erbschaftsdrama elf Personen auf der Bühne, die eine Auto-Verfolgungsjagd inszenieren, mit imaginären Luftballons, Katzen und Kaugummis hantieren und durch Zeitebenen reisen.

Robert Blöchl und Roland Penzinger gelingt dieses Kunststück mittels intensiver Mimik und Pantomime sowie rasanter Rollenwechsel. So konnten die rund 90 Besucherinnen und Besucher im „Gutmann“-Saal miterleben, wie es zugeht beim Requiem für Erich, den verstorbenen Vater und Bruder, der doch wohl einiges für die Söhne und Geschwister hinterlassen haben dürfte.

Es war das vierte Eichstätt-Gastspiel des Duos, das 2016 mit „Kopfwaschpulver" hier sein Debüt gefeiert, 2018 mit dem Programm „Bis morgen“ eine „Boandlkrameriade“ geboten und vor drei Jahren mit „Vorzüglichen Betrachtungen" eine Art Best Of mitgebracht hatte. Im aktuellen Programm „Erich“ trudeln die Familienmitglieder paarweise zur Beerdigung des Familienoberhaupts ein, was allerlei Anlass zu Action-Dramatik und Situations-Komik, zu Verwirrungen und Missverständnissen bietet. Mit bemerkenswerter Blitzgeschwindigkeit schlüpfen die aus Linz stammenden, nun aber in Wien lebenden Schauspieler Robert Blöchl und Roland Penzinger, die ihre Nachnamen zu „BlöZinger“ fusionierten, in Rollenpaare, nur ein Luftballon-Verkäufer mischt in einer im Wortsinn tragenden Rolle immer wieder solo mit.

Nach 20 Jahren treffen im Programm erstmals wieder die Brüder Simon und Jakob aufeinander, jener ein Lebenskünstler, dieser ein Spießer. Ebenso gesellt sich Tante Hertha, die ihren Gatten Paul nie zu Wort kommen lässt, sowie Tante Trude, die am Social-Tourette-Syndrom leidet und in dem „Lach-Yoga-Guru“ Ashanti einen indischen Lover gefunden hat, hinzu. Weil auch Onkel Alfons kommt („Auf Urlaub?“ – „Nein, auf Bewährung“), der mit seinem bedrohlich wirkenden wortkargen Begleiter Bambam eine Karriere als Mafioso eingeschlagen hat, komplettiert das Paar der observierenden Polizisten Harry und Stefan das Ensemble der Figuren.

Der Plot besteht darin, dass Tante Hertha und ihr Bruder Alfons entdecken müssen, dass der Sarg leer ist. Denn Erich wurde heimlich eingeäschert, Trude und Ashanti sind mit ihren Neffen Simon und Jakob in einem höchst klapperigen Auto, dessen Teile durch Kaugummis zusammengehalten werden, unterwegs zur Bestimmungsstätte der Urne. Trude hatte Erich versprechen müssen, „seine Asche dort zu verstreuen, wo wir als Kinder aufgewachsen sind“.

Hertha und Paul sowie die Mafiosi nehmen die Verfolgung auf, letztere ihrerseits verfolgt von den Polizisten. Dieser Plot bietet reichlich Einblicke in den Charakter einer Familie – die hat „Ähnlichkeit mit einer Obstschale: Manche Früchte tragen braune Flecken, anderen kann man beim Verfaulen zuschauen“, reflektieren die Brüder. Zahlreiche Einzelszenen bieten Anlass für Wortspiele und Witz, szenische Präsenz und schauspielerische Potenz, pantomimisches und rhetorisches Können, Skurriles trifft auf Makabres. So stellt sich heraus, dass eine noch gefüllte Vanillekipferl-Dose als Urne für die Asche Erichs hergenommen wurde, nun müssen die Kipferl doch erst noch verkostet werden.

Es kommt zu Crashs und Schießereien, dazu hört man verquere Sprachspielerei („Das Ziel ist im Weg“) und indische Weisheiten Ashantis („Alle Tage sind gleich lang, nur unterschiedlich breit“). Und der Luftballonverkäufer macht gute Geschäfte, da reichlich Ballons benötigt werden. Der jeweils passende Sound wird auf der Bühne per Fußschalter eingespielt, andere Klänge werden stimmlich produziert. Letztlich bleibt Erich nicht der einzig Tote, schließlich muss bei österreichischen Akteuren der Morbidität Tribut gezollt werden. Ein höchst vergnüglicher Abend, wie man ihn sich vom Kabarett nur wünschen kann.

EK