Vorweihnacht
Hilfe von Herzen: Beilngrieser Verein näht für Frühchen und Sternenkinder

11.12.2024 | Stand 11.12.2024, 6:23 Uhr |

Kleine Kämpfer erhalten auf ihrem Weg ins Leben die passende Kleidung. Foto: Adam

Der Verein Nähen für Frühchen und Sternenkinder Beilngries (Landkreis Eichstätt) ist inzwischen weit über die Gemeine und sogar die Region hinaus bekannt. Der Bedarf an Kleidung für Frühchen ist enorm – und die Hilfsbereitschaft der Vereinsmitglieder ungebrochen.

  

Es sind manchmal kleine Gesten, aus denen Großes entsteht. Solch eine kleine, lieb gemeinte Geste war es 2015, als Marina Rupp aus Kottingwörth ein paar Kleidungsstücke in das Klinikum in Nürnberg brachte. Hier hatte sie kurz zuvor ihr drittes Kind geboren, viel zu früh, viel zu klein, nur unglaubliche 695 Gramm schwer.

Die kleine Evelyn kämpfte sich ins Leben und ist heute ein gesundes und fröhliches Kind. Trotzdem war es für ihre Mama in diesen ersten Monaten jedes Mal wieder traurig zu sehen, wie ihre Kleine in den üblichen, viel zu großen Neugeborenenkleidungsstücken „verschwinden“ musste. Also nähte sie für ihre Evelyn passende Strampler und Jäckchen – und brachte dann, als sie ihr Baby nach Hause holen durfte, als Danke ein Kleiderpaket für Frühchen zur Entbindungsstation in Nürnberg.

Der Frühchen-Nähverein hat sich enorm entwickelt



So begann mit einer kleinen Geste das, was sich zu einer gigantisch „großen“ Erfolgsgeschichte entwickelte. Die Dankbarkeit der Krankenschwestern und die Freude anderer betroffener Eltern motivierte Rupp, weiter zu helfen. Sie packte erneut Pakete und fand schließlich Mitstreiterinnen, die ebenfalls zu Stoff, Faden und Nähmaschine, zu Wolle und Stricknadeln griffen. Die Gruppe wuchs und 2018 wurde der Verein Nähen für Frühchen und Sternenkinder Beilngries gegründet. Aus anfangs einer Handvoll engagierter Mütter ist bis heute ein Verein mit 299 Mitgliedern gewachsen.

Fragen und Antworten zur Vorweihnacht lesen Sie hier.

Die Nachfrage nach den handgefertigten Frühchenkleidungsstücken, die die Näherinnen sogar als Sonderanfertigungen exakt für die Bedürfnisse mancher Kinder anfertigen, ist riesig. Nicht nur Einzelpersonen fragen nach, sondern auch der Kontakt zu Kliniken, Entbindungsstationen, Hebammen, Sozial- oder Nachsorgestationen der weiten Region bis nach München und Nürnberg ist eng. Das riesige Engagement und die ausgezeichnete Qualität und Individualität der Näharbeiten aus dem Beilngrieser Verein haben sich längst weit herumgesprochen.

Die Zahlen sprechen für sich



Die Zahlen alleine nur für das Jahr 2024 sprechen für sich: Rund 150 Frühgeborene und sehr klein geborene Reifchen, 37 Zwillingskinder und drei Drillingsbabys wurden mit Erstlingsausstattungen in ihrer passenden Größe von 32 bis 48 versorgt. „Wir hatten heuer auch einige Spezialanfragen, beispielsweise für einen kleinwüchsigen Jungen oder ein Baby mit fehlender Hand. Wir haben dafür extra spezielle Bodys und Jäckchen genäht. Es gibt auch Modelle für Kinder mit Hüftproblemen, mit Stents oder Kathetern. Grundsätzlich versuchen wir, alles möglich zu machen, damit die Eltern oder die Kliniken, die bei uns anfragen, genau das Passende erhalten“, erklärt Marina Rupp.

Mehr zur Vorweihnacht der Guten Herzen finden Sie auf unserer Sonderseite.

Die Organisation, die für diese ehrenamtliche Aufgabe zu bewältigen ist, ist zeitaufwendig und wird mittlerweile auf mehrere Schultern verteilt. Jemand, der das Warenlager verwaltet, jemand, der die Schnitte erstellt und der Gruppe zur Verfügung stellt, jemand, der sich um die Auslieferung und Boten kümmert, jemand, der neue Waren bestellt, jemand, der die Finanzen im Blick behält, jemand, der Mails und Telefonate beantwortet, jemand, der sich um den Internetauftritt kümmert – und vieles, vieles mehr, all das gilt es zu meistern. Genäht wird meist zu Hause, aber immer wieder finden auch Nähtreffs statt, die neue Helferinnen mit den wichtigen Details vertraut machen, auf die gerade bei Frühchenkleidung geachtet werden muss.

Für Spenden stets sehr dankbar



Wer bei dem Verein um Hilfe bittet, bekommt sie. Kostenfrei. Das ist den Ehrenamtlichen wichtig. Um Material und Zubehör kaufen zu können, ist der Verein auf Spenden angewiesen. „Bei den Mengen, die wir mittlerweile nähen und produzieren, sind das schon Summen, die ab und zu unserer Kassierin schlaflose Nächte bereiten“, verrät Rupp. Gerade der Stoff für die beliebten warmen Walk-Anzüge für im Winter geborene Frühchen ist teuer. Zudem hat der Verein gerade eine Broschüre fertiggestellt, in der Eltern von „Sternenkindern“, also jenen Frühgeborenen, die vor oder bei der Geburt gestorben sind, ihre Geschichte erzählen, um anderen Betroffenen damit zu helfen. Eine weitere Broschüre mit den Erfahrungen von Frühcheneltern ist für kommendes Jahr geplant. Auch hierfür müssen Spenden für Druck- und Materialkosten gesammelt werden. „Deshalb sind wir natürlich sehr glücklich, dass wir uns bei der Vorweihnacht der guten Herzen vorstellen dürfen“, sagt Rupp.

Auch eine Thalmässingerin näht aus persönlicher Betroffenheit für Sternenkinder.

Sie und ihre Mitstreiterinnen wollen mit ihrem Engagement auch in den kommenden Monaten und Jahren nicht nachlassen. „Viele von uns haben selbst ein Frühchen oder die schlimmen Zeiten mit einem Sternenkind erlebt und wissen, was das bedeutet. Deshalb wollen wir auch weiter helfen“, versichert Rupp.

arg

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