Die Mehrzweckhalle in Wettstetten wurde am Sonntag zu einer Reithalle umfunktioniert: Ein Sprungparcours mit verschiedenen Hindernissen steht parat sowie ein Dressurviereck, in dem Schritt, Trab und Galopp gezeigt werden können. Doch echte Tiere gibt es hier nicht, denn geritten wird auf Steckenpferden.
Hobby Horsing nennt sich das Reiten ohne Pferd. Eine neue Sportart, die ursprünglich aus Finnland kommt und inzwischen auch in Deutschland zunehmend beliebter wird. Rund 60 Kinder sind zum Turnier angemeldet und am Sonntagmorgen mit ihren Eltern unter anderem aus Regensburg, München und Augsburg angereist, sagt Organisatorin Kristina Krutina.
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In verschiedenen Disziplinen wie Dressur, Stil- oder Zeitspringen treten die Teilnehmer gegeneinander an. Ein Sport, der vor allem junge Mädchen in den Bann zieht. Jungs sind in den Hobby-Horse-Hallen nur selten zu sehen.
700 Euro für ein Steckenpferd
Stolz zeigt die 14-jährige Carlotte ihr Steckenpferd. Braun ist es, die Mähne sorgfältig geflochten und mit Perlen verziert, Zaumzeug und Zügel aus Leder. Wer jetzt meint, dass das Reiten ohne Pferd deutlich günstiger ist als das Reiten mit, der irrt. Rund 700 Euro kostet ein Steckenpferd in dieser Qualität. Carlotte hat vor rund fünf Jahren mit Hobby Horsing angefangen. „Damals habe ich mir die Steckenpferde noch selbst gebaut.“ Inzwischen hat sie eine stolze Herde mit acht Tieren aus Holz und Stoff.
Wie viele der Teilnehmerinnen hier, reitet sie auch auf echten Pferden. „Das mache ich aber nur freizeitmäßig – mit dem Steckenpferd reite ich die Turniere.“ Jedes zweite Wochenende ist sie dafür unterwegs, trainiert wird im Sommer fast täglich.
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Das Training hat sich ausbezahlt, bei den deutschen Meisterschaften im September schaffte sie eine Platzierung auf den vorderen Rängen. Bis zu 1,40 Meter springt Carlotte mit ihrem Steckenpferd hoch. „Das macht richtig Spaß, aber ist schon ganz schön anstrengend.“
Stilsicherheit und Eleganz beim Dressurreiten
Plötzlich ertönt laute Musik in der Halle. Das Signal, dass das Dressurreiten beginnt. Mit ballettartigen Bewegungen tritt das erste Mädchen in das Dressurviereck. Sie ahmt die Bewegungen eines Pferdes nach – erst Traben und später das Galoppieren. Die Beine sind bei jedem Schritt angewinkelt. Direkt nach dem Durchlauf bewerten die Juroren die Aufführung. Geschaut wird auch nach der Stilsicherheit und der Eleganz.
Letztlich gewinnt Emma das Dressurreiten, die Juroren loben ihre „makellose Leistung“ und binden die Sieger-Schleife an die Mähne des Steckenpferdes. „Ich freue mich sehr über den Sieg“, sagt Emma, „für mich ist das mehr als bloß ein Hobby.“ Sie erklärt: „Jeder Schritt, jede Bewegung muss genau überlegt sein. Es wird beim Dressurreiten bewertet, wie die Fußspitzenhaltung ist oder wie die Zügel in der Hand liegen. Wichtig ist, dass es besonders elegant wirkt.“
Kreativität, Konzentration und komplexe Bewegungsabläufe
Beim Hobby Horsing gehe es auch um „Kreativität, viel Konzentration und komplexe Bewegungsabläufe“, sagt Veranstalterin Krutina. „Außerdem ist es ein Sport, den jeder überall machen kann.“ Obwohl es immer mehr Menschen werden, die dem Hobby Horsing offen und neugierig gegenüberstehen, werde der Sport trotzdem noch häufig belächelt.
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„Viele Eltern unterstützen nur die klassischen Sportarten.“ Dabei wäre es wichtig, dass Kinder in dem gefördert werden, was ihnen Spaß macht. Besonders sei bei dieser Sportart auch die Gemeinschaft untereinander, betont Krutina. Über die Steckenpferde kommen die Kinder schnell ins Gespräch.
Auch an diesem Sonntag ist die Turnhalle erfüllt von Kinderlachen – wer weiß, vielleicht liegt das Glück der Erde ja letztlich auf dem Rücken der (Stecken-)Pferde.
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