Berührende Mahnwache
Eichstätter zeigen nach dem brutalen Angriff auf die Ukraine Solidarität

„Der Krieg hat keine Sieger“

03.03.2022 | Stand 23.09.2023, 2:30 Uhr

Das ukrainische Staatswappen hatte Lichtingenieur Michael Bamberger unter den Giebel des Eichstätter Rathauses projiziert. In kurzen Ansprachen kritisierten Bischof Gregor Maria Hanke, der Eichstätter Oberbürgermeister Josef Grienberger und der evangelische Pfarrer Christoph Hilmes den russischen Angriff auf die Ukraine scharf.

700 Menschen – so die Angaben der Polizei – haben sich auf dem Marktplatz, in der Marktgasse und der Gabrielistraße versammelt, um Solidarität mit den Menschen in der Ukraine zu zeigen, die der russische Präsident Wladimir Putin mit seinem militärischen Überfall in einen so brutalen wie blutigen Krieg verwickelt hat.

Ernst und mit teilweise angespanntem Gesichtsausdruck zeigen alte Menschen, junge Menschen, Familien an diesem Abend Präsenz, signalisieren, dass ein so entsetzlicher Kriegsakt mitten in Europa auf das schärfste verurteilt wird. „Was soll man denn sonst tun, außer zu spenden“, fragt eine Frau im Rentenalter, die sich in die Menge eingereiht hat. „Da geht man halt zur Mahnwache und demonstriert auf diese Weise seine Haltung.“

Für diese große Solidarität der Eichstätter, der Diözese, der Universität, der Menschen im Westen generell ist Oleksandr Petrynko unglaublich dankbar. Der Rektor des Collegium Orientale, des ostkirchlichen Priesterseminars – er ist selbst Ukrainer –, hat zusammen mit einem kleinen Chor aus dem Collegiumberührende ukrainische Gebete angestimmt. Der griechisch-katholische Priester und seine Landsleute bitten in den Gesängen, die Petrynko später übersetzt, Gott um Hilfe für die Menschen in der Heimat.

Es sind die Werte eines demokratischen politischen Systems, für das die Eichstätter stehen. Werte, die eine junge Frau in ihrer kurzen Ansprache zusammenfasst. Sie hat ukrainische Wurzeln und ist fassungslos angesichts der Bilder, die sie von dem sinnlosen Angriffskrieg in der füheren Heimat ihrer Familie sieht. Sie spricht von 2000 toten Zivilisten, unter ihnen Kinder, von bombardierten Kliniken und Wohnhäusern. Dennoch, sie ist voller Hoffnung angesichts der geschlossenen Haltung des Westens, der Konsequenzen, mit denen Putin und seine Mitstreiter wegen der weitreichenden Sanktionen jetzt konfrontiert sind und wegen der Millionen Menschen, die auf die Straße gingen, um ihre Anteilnahme zu zeigen. „Es gibt große und kleine Zeichen der Solidarität“, sagt sie. „Und auch die Zahl der ,Ukraine-Versteher’ ist größer geworden. Menschen im Westen, die früher nicht so recht wussten, warum wir Ukrainer vor Putin warnten, können die seit Jahren angespannte Lage als Nachbar Russlands heute besser nachvollziehen.“

Dass sich die Menschen so zahlreich für die Mahnwache versammelt haben, macht Oberbürgermeister Josef Grienberger stolz auf Eichstätt. Auch er ist entsetzt beim Anblick von Bildern, die Schutz suchende Ukrainer in U-Bahnstationen und auf der Flucht zeigen. Und er erinnert an den Besuch Michail Gorbatschows im Juli 1993, als der frühere russische Staatspräsident in einer Rede auf dem Balkon des Eichstätter Rathauses davon sprach, dass es jetzt keinen Kalten Krieg mehr gebe und dass die Gefahr eines Atomkriegs endgültig gebannt sei. Da mache die aktuelle Situation fassungslos.

Wie kostbar der Frieden ist, weiß schon die Bibel. Der evangelische Pfarrer Christoph Hilmes betont mit Verweis auf zwei Stellen, dass der Frieden eine Gabe Gottes ist, ein Geschenk. Dennoch: „Der Frieden ist zu allen Zeiten eine Aufgabe für den Menschen.“ Er hoffe jetzt für die Ukrainer, dass sie möglichst schnell wieder im Frieden leben können.

EK