Dollnstein
Die Linker-Rechter sind los

15 verkleidete Läufer verteilen Süßigkeiten

19.02.2023 | Stand 17.09.2023, 2:40 Uhr
Manfred Völkl

So laut wie möglich sollten die Kinder den Schlachtruf „Linka, rechta, Saubua schlechta“ brüllen. Fotos: Völkl

Wenn man den älteren Dollnsteinern Glauben schenken darf, war einst der „Linker-Rechter-Lauf“ der Höhepunkt des Faschings. Gar gruselig anzusehende Maskerer zogen durch den Ort, begleitet von einer großen, lärmenden Kinderschar. Die Kinder fieberten wochenlang dem Ereignis entgegen, war es doch ihr Tag, an dem sie auch mal etwas von den begehrten und raren Süßigkeiten abbekamen. Sie waren jedoch sauer zu verdienen. Die Kinder mussten neben den Maskerern herlaufen und aus voller Brust den Schlachtruf „Linka, rechta, Saubua schlechta“ brüllen.

Sie schrien sich schier die Seele aus dem Leib. Je lauter der Schlachtruf, umso großzügiger warfen die Läufer ihre Süßigkeiten in die Menge. Nun galt es sich schnell zu bücken und zuzugreifen. Die Konkurrenz war groß. Die Freude mancher Kinder war schnell verflogen, als ihnen Stärkere das begehrte Gut wieder abnahmen, vorbei war es mit lustig, die Tränen flossen.

Viele Zuschauer säumten bei durchwachsenem Wetter die Straßen, viele stellten sich die bange Frage, laufen die Maskerer nach Corona tatsächlich wieder? Könnte es sein, der Brauch findet ein jähes Ende, obwohl er bis auf das 19. Jahrhundert zurückgeht? Corona hat bereits viel an Brauchtum zerstört. Es wurden in der wartenden Zuschauerschaft Stimmen laut, die behaupteten, es findet sich niemand mehr, der sich die Maske überzieht. Ihre Sorgen waren unbegründet, in Dollnstein halten die Narren den Brauch aufrecht. Pünktlich um 14 Uhr zogen 15 Läufer in ihren wild und gruselig wirkenden Kostümen vom Wiesenweg los. Kaum wurden die schaurigen Gesellen von den Kindern erblickt, ertönte ihr viel gerühmter Schlachtruf „Linka, rechta, Saubua schlechta“. Es schien, heuer waren ihre Stimmen lauter und kräftiger als je zuvor. Mit lautem Gebrüll und großer Freude zogen die maskierten Läufer und ihre Anhängerschar durch die Dollnsteiner Straßen. Am Marktplatz wurde ihr Lauf für eine kurze Pause unterbrochen, die Bonbonvorräte gingen zur Neige und mussten aufgefüllt werden. Den Zuschauern wurde die Wartezeit mit dem Auftritt der Dollnsteiner Garde verkürzt. Mit neuen Vorräten ging es bis zur „Blauen Traube“ weiter. Hier war für alle der Lauf zu Ende.

Die Maskerer gönnten sich nun selbst die verdiente, erfrischende Belohnung, die Kinder gingen glücklich, aber heiser nach Hause. Im Gepäck viele Süßigkeiten, die ihnen heuer, zur Freude der Läufer, wieder begehrenswerter erschienen und alle aufgehoben wurden. Wie mir ein Läufer verriet, wirft jeder von ihnen zwischen 15 und 20 kg an Leckereien unter das Volk, die jeder selber zahlt. Ein Rätsel bleibt weiterhin ungelöst! Wer verbirgt sich hinter den Larven? Es bleibt nach wie vor ein gut gehütetes Geheimnis. Nur wenige Auserwählte kennen die wahre Identität der Linker-Rechter-Läufer, so will es der alte Brauch.

EK