Seit neun Jahren ist die Barockstadt Eichstätt Kulisse für das Musikfest: Das Festival hat sich auf Alte Musik, vor allem aus Renaissance und Barock, spezialisiert. Zu Gast sind Künstlerinnen und Künstler, die auf historischen Instrumenten oder ihren Nachbauten seltene Hörerlebnisse bieten.
Eine Laute ist schon alleine kein alltägliches Instrument in Konzertsälen – doch vier Lauten gemeinsam, das ist wirklich außergewöhnlich. Zur Eröffnung des Musikfestes Eichstätt am Freitagabend präsentierte das Schweizer Casulana Lute Consort im Holzersaal der Sommerresidenz seine Klangwelt: zart, kleinteilig, raffiniert und dabei trotzdem kraftvoll.
Die vier Absolventinnen der Schola Cantorum Basel, einer renommierten Ausbildungsstätte für Alte Musik, waren dabei als Botschafterinnen für mehrere Themen unterwegs. Erstens: für einen kurzen Abschnitt der Musikgeschichte zwischen Renaissance und Frühbarock, in der das Consort als Ensemble mit mehreren Instrumenten derselben Bauart seine Blütezeit hatte. Zweitens: für die Laute, die lange ein beliebtes Solo- und Begleitinstrument war. Und drittens standen die Musikerinnen mit speziellem Fachwissen und kunstfertigen Interpretationen für weibliche Präsenz und Kompetenz in der Musikwelt. Dass das Quartett sich nach der Virtuosin und Komponistin Maddalena Casulana benannt hat, die im 16. Jahrhundert mit deutlichen Worten mit Männern abrechnete, die sich selbst höhere intellektuelle Fähigkeiten zuschrieben als Frauen, spricht eine deutliche Sprache.
Was für ein anspruchsvolles Gebiet sich die vier Musikerinnen ausgesucht haben, konnte man im Publikum nachvollziehen. In einem Lauten-Consort mit Sopran-, Alt-, Tenor- und Basslaute hat man es mit einem fragilen Gebilde aus sehr, sehr vielen Saiten und mit kleinteiliger Musik zu tun – das bekommt man nur ohne Patzer in den Griff, wenn man wie die vier Musikerinnen gemeinsam atmet, sich gemeinsam in den Phrasen wiegt und während des gesamten Konzertes in einem Zustand der tiefen Konzentration verharrt. Großartig umgesetzt war das zum Beispiel im Lieblingsstück des Ensembles, wie die Leiterin und Tenor-Lautenistin Cornelia Demmer sagte: „Est-ce Mars“ von Nicolas Vallet, das zu den berühmtesten Stücken für Lauten-Quartett gehört und aus einer Kunstlied-Sammlung von 1616 stammt. Das Stück mit vier Lauten und Gesang zeigte gut, wie das komplizierte Gebilde des Lauten-Consorts funktioniert.
Cornelia Demmer an der Tenor-Laute bildete das Fundament der unteren Stimmen und sorgte mit ihrem ausdrucksstarken Spiel und ihrem klaren Phrasieren für den Zusammenhalt. Als Fundament spielte Talítha-Cumi Witmer auf der Basslaute unbeirrbar, dabei aber mit steter Aufmerksamkeit auf ihre Kolleginnen ihre Bassläufe. Alice Letort, zu hören mal an der Sopran-, mal an der Altlaute, übernahm die Rolle der obersten Stimme, die für kunstvolle Verzierungen zuständig ist: Feingliedrig und mit stoischer Ruhe führte sie diese anspruchsvolle Aufgabe aus. Emma-Lisa Roux erfüllte an der Alt-Laute und als Sängerin eine doppelte Funktion. Ihr Gesang, klar und kraftvoll, mit wohlgesetzten, leichtfüßigen Verzierungen und mühelos klingenden Sprüngen in die Höhe bildete den beeindruckenden Gegenpart zu den sanften Lauten.
Die Lauten als eher leise Instrumente entwickelten durch die Präsenz der Musikerinnen dennoch eine bezaubernde Kraft. In der meditativen Grundstimmung der Musik war durch das gemeinsame Phrasieren des Ensembles ein Puls, ein Herzschlag zu spüren. Die Konzentration des Musikerinnen übertrug sich auf das gespannt lauschende Publikum – bis sich die meditative Stimmung schließlich in beeindruckten Applaus verwandelte.
DK
Zu den Kommentaren