Eichstätt
„Die Karte Handwerk ist Ihr Trumpf“

123 Gesellinnen und Gesellen wurden durch die Kreishandwerkerschaft feierlich freigesprochen

18.09.2022 | Stand 22.09.2023, 5:34 Uhr

Bis auf den letzten Platz gefüllt war das Alte Stadttheater bei der Freisprechungsfeier der Kreishandwerkerschaft. Kreishandwerksmeister Hermann Meier begrüßte die Anwesenden und führte durch den Abend. Die stehenden Handwerksgesellinnen und -gesellen wurden freigesprochen. Fotos: Luff

Von Robert Luff

Eichstätt – Es war ein Festakt der Freude, der pandemiebedingt seit zwei Jahren erstmals wieder im Alten Stadttheater in Eichstätt stattfinden konnte. Mehr als 120 Junghandwerker aus der Region wurden von Kreishandwerksmeister Hermann Meier von den Verpflichtungen ihrer Lehrzeit freigesprochen und erhielten aus der Hand ihrer Innungsvorsitzenden den Gesellenbrief.

Mehrere Festredner appellierten dabei an die Junggesellinnen und -gesellen, ihre neue Freiheit zu nutzen, aber auch die damit verbundene Verantwortung anzunehmen. Nahezu die gesamte Prominenz aus Wirtschaft und Politik war bei der feierlichen Freisprechung anwesend, einschließlich des Bundestagsabgeordneten Reinhard Brandl und der Landtagsabgeordneten Tanja Schorer-Dremel, die damit ihre Hochachtung vor der Leistung der jungen Handwerker bekundeten.

Hermann Meier beglückwünschte die Gesellinnen und Gesellen zu ihrer Berufswahl und schwor sie auf die Bedeutung des Handwerks für Wirtschaft und Gesellschaft ein: „Sie sind wichtig und werden gebraucht“, rief er ihnen zu. „Ihr Können und Wissen ist wertvoll für uns alle.“ Denn auch in wirtschaftlich schlechten Zeiten sei ein Arbeitsplatz im Handwerk jederzeit krisensicher. Dies beweisen allein schon die 30 langjährigen Mitarbeiter der Handwerksbetriebe und die sieben Meister, die an diesem Abend ihren Goldenen Meisterbrief überreicht bekamen (Bericht folgt).

Anschließend ergriff der Präsident des bayerische Landesinnungsverbandes der Zimmerer, Peter Aicher (Foto), als Festredner das Wort. Aicher ist zugleich Vorsitzender von Holzbau Deutschland und des europäischen Holzbauverbandes. Er sprach den jungen Menschen ebenfalls seine herzlichen Glückwünsche zur bestandenen Gesellenprüfung aus und wies auf die glänzenden Perspektiven in ihren Berufen hin: „Heute ist Ihr Tag! Sie haben die Entscheidung für ein Handwerk zur richtigen Zeit getroffen.“

Zugleich ermunterte er die jungen Gesellen, in den nächsten Jahren Berufserfahrung zu sammeln und die Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten zu nutzen. Sein Appell lautete: „Die Gesellschaft erwartet Leistungen von Ihnen, nehmen Sie diese Herausforderungen an.“
Als mittelfristige Probleme der Zukunft nannte Aicher die Coronalage, die Materialknappheit und die Zinserhöhungen, langfristig mahnte er den Schutz des Klimas an, zu dem gerade auch die Handwerksbetriebe durch das Einsparen von Energie und Ressourcen beitragen könnten. Es komme aber auf ein Miteinander der gesamten Gesellschaft an, um die Energieengpässe und wirtschaftlichen Probleme zu meistern. Dabei sah Aicher das Handwerk als „Schnellboot der Wirtschaft“, das rasch reagieren und die Konjunktur positiv beeinflussen könne.

Landrat Alexander Anetsberger setzte ein Zitat der Chemienobelpreisträgerin Irène Joliot-Curie an den Beginn seiner Ansprache: „Ein Element des Erfolgs, egal in welchem Beruf, ist die Lust am Handwerk.“ Er teilte diese Einschätzung und gratulierte den Anwesenden zum Abschluss ihrer Ausbildung und zum neu beginnenden Lebensabschnitt. „Halten Sie einen Moment inne und genießen Sie Ihren Erfolg.“

Anetsberger betonte, dass das Handwerk einen starken Pfeiler des Wirtschaftslebens darstelle, und dies vor allem im innovativen Landkreis Eichstätt. Stolz zeigte sich der Landrat nicht nur über die Leistungen der ehemaligen Azubis, sondern auch über die hervorragenden Ausbildungsbedingungen an der Eichstätter Berufsschule, in deren Modernisierung der Landkreis 50 Millionen Euro investiert habe.

Doch auch die Jubilare, die an diesem Tag für 20, 30 oder gar 40 Berufsjahre geehrt wurden, schloss er in seine Glückwünsche ein. Sie und die langjährigen Meister seien ein Beweis dafür, dass das Handwerk einen goldenen, soliden und beständigen Boden hat. Lebenslanges Lernen sei aber die Voraussetzung für diesen Erfolg, gerade auch im handwerklichen Beruf. Zudem seien die qualifizierte Berufsausbildung und die Ausübung eines Handwerks der beste Schutz gegen Arbeitslosigkeit. Anetsberger beschwor am Ende das Menschenbild des Handwerks herauf, das für ihn ein Mensch mit Kopf und Herz, aber eben auch mit Hand sei.

Als letzter Redner vor der feierlichen Freisprechung ergriff der Leiter der Staatlichen Berufsschule Wendelin Ferstl das Wort. Er stellte seine Ansprache unter die Metapher der Trumpfkarte des Handwerks, auf die die heutigen Gesellinnen und Gesellen vor drei Jahren gesetzt hätten. „Diese Karte können Sie ein Leben lang ausspielen. Gehen Sie aber bitte sorgsam damit um.“ Ferstl wies darauf hin, dass sich im Beruf wie im Kartenspiel manchmal die Mitspieler ändern und man daher flexibel bleiben muss. Manchmal brauche man auch einen Rat, um wichtige Entscheidungen zu treffen, ob nun von Jung oder Alt. Stets aber sei das Handwerk ein entscheidender Trumpf, den man immer wieder ausspielen könne.

Ferstl gratulierte den jungen Handwerkern zu ihren Leistungen, bedankte sich aber auch bei deren Eltern und Lehrern, Ausbildern und Kollegen. Er bat die Junggesellen auch um Werbung für ihren wertvollen Beruf: Sie könnten Schüler ansprechen und Abiturienten, diese zu einem Praktikum einladen und sie so auf die handwerklichen Berufe aufmerksam machen, zu denen auch anspruchsvolle Ausbildungen wie die zum Anlagentechniker gehörten. „Wir müssen wieder kreativer werden, um noch mehr junge Menschen vom Handwerk zu überzeugen.“

Den Landkreis lobte Ferstl dann auch für sein finanzielles Engagement bei der Modernisierung der Berufsschule, die nun zu den modernsten Ausbildungsschulen Bayerns gehört.

Zum Abschluss verlas Hermann Meier dann die offizielle Freisprechungsformel, zu der sich die Junggesellinnen und -gesellen erhoben (Wortlaut in Extra-Artikel). Danach erhielten die jungen Leute aus den Händen der Obermeister ihre Zeugnisse. Nach den Ehrungen der Jahrgangsbesten, einer Jungmeisterin und weiteren Auszeichnungen für langjährige Betriebszugehörigkeit schloss das gemeinsame Singen der Bayern- und der Deutschlandhymne die festliche Veranstaltung ab, die durch die Stadtkapelle Eichstätt musikalisch umrahmt wurde.

Auszeichnungen

Die jahrgangsbesten Gesellen sind:

Benedikt Vetter, Dollnstein, Maurer, Hafner Bau, Kinding.

Verona Schröder, Ingolstadt, Bäckereifachverkäuferin, Backhaus Hackner, Gaimersheim.

Markus Miedaner, Wettstetten, Metzger, Metzgerei Pauleser, Kasing.

Laura Hofmann, Gaimersheim, Friseurin, Schiller's Haardesign, Hofstetten.

Jessika Spitz, Hofstetten, Sanitär- und Heizungstechnikerin, Firma Redl, Buxheim.

Leon Daunderer, Ingolstadt, Metallbauer, Firma Ludwig, Gaimersheim.

Johannes Mayinger, Dollnstein, Feinwerkmechaniker, Eichstätter Maschinenbau, Dollnstein.

Rainer Michali, Pfalzpaint, Schreiner, Firma Lachermeier, Beilngries.

Samuel Miller, Eichstätt, Zimmerer, Firma Michael Kraus, Eichstätt.

Reinhard Eckstein, Pfahldorf, Dachdecker, Eckstein Bedachungen, Pfahldorf.

Leon Iberle, Eberswang, Mechatroniker, Autohaus Wüst und Weigand, Eichstätt.

Die ausgezeichnete Jungmeisterin:

Meisterin im Konditorenhandwerk Marlena Templer, Titting.

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