Imponiergehabe und lautes Röhren
Der Hirsch im Kleinmehringer Rotwildgehege hat sein Rudel gut im Griff – Tierzucht als Hobby in zweiter Generation

16.09.2023 | Stand 16.09.2023, 15:11 Uhr |

Bis zu fünf Kilogramm kann das Geweih eines ausgewachsenen Hirschen wiegen. Fotos: Ehrnthaler

Im Südwesten von Kleinmehring, eingebettet zwischen Mailinger Bach und südlicher Umgehungsstraße der B16a, erstreckt sich ein Rotwildgehege samt landwirtschaftlichem Anwesen, betrieben durch die Familie Haag.

Noch bevor der erste Hirsch bei den Haags röhrte, galt es Mitte der 1990er-Jahre einige Hürden zu überwinden, denn Bürgermeister und Gemeinderat von Großmehring standen dem Vorhaben des Ehepaars Barbara und Johann Haag zunächst skeptisch gegenüber. Ein Wildtiergehege so nahe an der Straße? Doch der positive Entscheid des Landratsamtes Eichstätt gab grünes Licht für den Plan, und schon bald ästen auf einer Fläche von gut zwei Hektar einige Hirschkühe, angeführt von einem kapitalen Hirsch, der alle Blicke auf sich zog. Dieser stammte aus dem Wildgehege vom Baggersee.

Seither ist viel Wasser den Mailinger Bach heruntergeflossen. Michael Haag war zusätzlich zu seiner Ausbildung zum Kfz-Mechaniker in die Landwirtschaft der Eltern eingebunden und teilte mit dem Vater das Wissen um das Rotwild. „Das Beobachten der Tiere ist wichtig, um ihre Eigenheiten zu verstehen. Damit sich die Tiere wohlfühlen, braucht es Büsche, Sträucher und Bäume, freie Flächen, wo das Rudel auch mal über Strecken galoppieren kann. Wichtig ist auch ein Unterstand zum Schutz“, sagt er. Das Rotwild gehört zu den Wiederkäuern und braucht im Sommer Grünäsung. In den Wintermonaten füttert Michael Haag Getreide, Zuckerrüben, Heu und ab und an Schmankerl wie Äpfel und Kastanien dazu. Lecksteine sind wichtig und Wasser, das aus der Quelle im Gehege sprudelt. Das Rudel besteht zurzeit aus acht Hirschkühen, acht Jungtieren und einem ausgewachsenen Hirsch.

Unzählige Geweihstangen in der Scheune

In der Scheune sammeln die Haags seit über 25 Jahren die unzähligen abgeworfenen Geweihstangen. Hirschkälber entwickeln im Winter ihres ersten Lebensjahres den „Rosenstock“, einen kurzen walzenförmigen Stirnbeinfortsatz. Daraus erwachsen während der Sommermonate erste, noch unverzweigte Geweihstangen, die sogenannten Spieße. Sie werden im Frühjahr des nächsten Jahres abgeworfen, und die neue Geweihbildung setzt ein. Es kann sein, dass sich Junghirsche bereits ab da zu einem Achtender entwickeln. Das Geweih wird meist im Mai abgeworfen. Es wiegt etwa vier bis fünf Kilogramm und kann je Stange 90 bis 105 Zentimeter lang werden. Ein Hirsch gilt etwa mit dem siebten Jahr als ausgewachsen. „Noch ist es ruhig im Rudel, aber ab September und Oktober beginnt die Paarungszeit, genannt Brunftzeit“, erzählt Michael Haag. „Dann stolziert der Platzhirsch im Stechschritt mit hoch erhobenem Haupt vor seinem Rudel. Er zeigt durch sein Imponiergehabe den Hirschkühen und den jungen Böcken, wer hier am lautesten Röhren kann. Das hört man manchmal sogar bis nach Großmehring rein.“

Die Hirschkälber kommen im Mai und im Juni zur Welt

Der Wechsel der Jahreszeiten bringt Veränderungen, wie den Fellwechsel vom Sommer- zum dunklen Winterfell und wieder zum Sommerfell. Besonders schön ist es, wenn sich die neugeborenen Kälber zeigen, die im Mai/Juni zur Welt kommen. Eine Hirschkuh bekommt nur ein Kalb, Zwillingsgeburten sind eher selten.

Zwar unterliegt das Gehege nicht den jagdrechtlichen Genehmigungspflichten, doch ab und an muss ein Tier geschossen werden. Dann steigt Michael Haag auf seinen Hochsitz und erlegt das Tier. Der ortsnahe Metzger erwirbt, verarbeitet und verkauft das geprüfte Fleisch. „Für mich ist es hauptsächlich ein Hobby und keine Erwerbstätigkeit“, versichert Michael Haag.

„Manchmal kommen Familien oder Schulgruppen vorbei“, erzählt Barbara Haag, „die Tiere werden mit Kastanien und Äpfeln verwöhnt und die Kinder lernen, was der Unterschied zwischen Reh und Rotwild ist.“ Fragt man Michael Haag, was wäre, wenn er die Rotwildzucht aufgeben wollte, dann erklärt er: „Das Gehege gilt ab dem fünften Jahr als Dauergrünland. Es dürfte nur in Ackerland umgewandelt werden, wenn ich dafür eine entsprechende Ausgleichsfläche schaffen würde. Also bleib ich lieber bei diesem Hobby.“

Eine gute Sache, wenn man bedenkt, dass laut Auskunft des Forstbetriebs Kipfenberg im Landkreis Eichstätt und Umgebung im Gegensatz zum Rehwild kaum noch Rotwildbestände vorhanden sind.

DK

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