Blau regierte an diesem Sonntagvormittag im Festzelt. Dass ein weiß-blauer Himmel beim Eichstätter Volksfest dazu gehört, ist klar. Aber diesmal gab es noch mehr: Einen himmelblauen Boxring und darin den Boxclub Eichstätt in der blauen Ecke. Der Star des Tages, Randy Botikali, kam mit blauen Strähnen auf die Bretter – die er später nach dem Hauptkampf als strahlender Sieger verlassen sollte.
An den Fahrgeschäften des Volksfestes kehrten die Schausteller noch zusammen, da war das Bierzelt schon gut gefüllt. „So viel war im letzten Jahr nicht los“, sagte ein Zuschauer. Kellner balancierten Maß, Apfelschorle und Hendl, auf die Ohren gab es statt Blas- diesmal Rockmusik. Neben der Bühne: Kreisende Arme, zuckende Fäuste, knackende Halswirbel: Die Athleten wärmten sich auf. Der BC Eichstätt hatte Paruba Ostrava aus Tschechien zum Vergleichskampf geladen. 1000 Gäste wollten sich das nicht entgehen lassen. Einer davon war Oberbürgermeister Josef Grienberger. „Besser könnt‘s nicht sein“, sagte er im Ring beim Blick in die Menge.
Gruber greift an, das Blut spritzt
Es ging los: Drei Runden zu je drei Minuten standen auf dem Programm. In der ersten Gewichtsklasse bis 60 Kilogramm (kg) landete Ostravas Hussein Anwari einen krachenden Kopftreffer – erstmals ging ein Raunen durchs Publikum. Enrico Haas in blau aber wusste in Runde zwei und drei zurückzuschlagen Das gerechte Urteil: Punktsieg Haas.
Danach hieß es: Kopfschutz auf. Drei Kämpfe in der U19 waren angesetzt. Im ersten davon wurde BC-Kämpfer Nur Zakarie zum Sieger erklärt – was für Kopfschütteln beim tschechischen Trainer sorgte. Auch einige Zuschauer sahen Francesco Polak in rot vorne. Eine klare Sache war dafür der Triumph von Fabian Gruber. Der Gast-Boxer von 1860 München bearbeitete Erik Balaz derart, dass dessen Blut auf den Kampfrichter-Tisch spritzte. Die Trainer warfen nach der zweiten Runde das Handtuch. Der dritte U19-Kampf fand kurzfristig nicht statt, da Altersgrenzen nicht eingehalten wurden. Stattdessen bestritten Shadan Gul in blau und Patrik Vojtisek einen Sparringskampf. Da dieser außerhalb der Wertung stattfand, gab es keine Punkt- und erst auch keinen Ringrichter. Doch der Kampf war so wild, dass kurzfristig ein Referee hermusste: Maria Sedaia aus dem blauen Lager sprang ein und brachte das unkontrollierte Gefecht („ihr wisst schon, dass das Boxen ist“, schrie ein Zuschauer) mit klaren Ansagen über die Zeit. Dafür heimste die junge Frau einen tosenden Sonderapplaus ein.
Patrik Stefan, der Tscheche mit der schönen Technik
In Kampf fünf (bis 71 kg) wurde es martialisch: Nick Schiemanns Oberarm (ein weiterer Gastboxer von 1860) zierte ein Totenkopf, während sein Gegner Rene Hruska auf seinem Leibchen den Ring zur „War Zone“ erklärte. Hruska verstand es, den technisch besseren Boxer Schiemann in ein Gefecht mit offenem Visier zu verwickeln. Auf den Punktzetteln war der Münchner Löwe zurecht vorne, doch der Tscheche suchte immer weiter den Weg nach vorne. Das wurde, trotz des Punktsieges für den BC, vom fairen wie sachkundigen Eichstätter Publikum mit viel Applaus bedacht.
Gar nichts zu rütteln gab es danach beim einzigen Sieg für die Gäste von Paruba Ostrava: Patrik Stefan (bis 67 kg), zweimaliger tschechischer Vizemeister, nutzte seine größere Reichweite im Duell mit Bempe-Amet Niazi aus, zeigte die technisch beste Leistung des Tages und holte sich so den verdienten Punktsieg.
Es folgte eine Pause und ein Wiedersehen von Alexander Angermann und seiner ehemaligen Bundesliga-Truppe des BC Eichstätt inklusive Foto-Termin. Nach Nostalgie ging es zurück in den Moment. Und den schien Eichstätts Alik Mhoyan (bis 71 kg) zu genießen. Wie ein Fels in der Brandung stand er Gegner Seva Yurievski stets vis a vis, brachte hier und da die Führhand ins Ziel: Punktsieg BC.
Das genaue Gegenteil von Ruhe bot danach Yasse Cisse im Cruisergewicht (bis 86 kg). Nach seinem linken Aufwärtshaken in Runde eins hörten alle Anwesenden das erste Mal, dass auf Brettern gekämpft wurde, denn Dominik Wenglarzy schlug derart hart auf dem Holz auf, dass ein dumpfer Schlag durch das Zelt drang. Es flog das Handtuch, der technische K.o. in der ersten Runde war perfekt.
Blitz-Leberhaken und ein rechter Schwinger
Dann ging es zu den ganz schweren Jungs (bis 92 kg). Bei Martin Kerime in blau bildete sich ein Cut über dem linken Auge. Das erste Mal musste der Ringarzt her. Nach gestillter Blutung marschierte Kerime los wie ein rasender Stier. Gegner Mateusz Kovallzyk hielt dagegen, beide rasselten zusammen. Diesmal hatte Kovallzyk die Blutung, allerdings nicht oberhalb, sondern im Auge, weshalb der Ringrichter den Kampf abbrach. Die Punktwertung bescherte Kerime den Sieg.
Zwei Kämpfe standen noch aus: Der mehrfache Bayerische Meister Deni Filipovic (bis 75 kg) stieg für den BC in den Ring. Aber dort blieb er nicht lange. Ein Blitz-Leberhaken raubte Wladimir Skalsky sichtlich die Luft und machte ihn derart benommen, dass die Aufgabe folgte.
Im großen Finale betrat Botikali (bis 71 kg) die Bühne. Er gestikulierte Richtung Publikum, holte so die Zuschauer mit ins Boot, die jubelten, als er seinen Gegner Martin Mach in der zweiten Runde erst mit einem Jab und dann einem rechten Schwinger traf – Sieg durch technischen K.o. in der zweiten Runde. Botikali sagte hinterher: „Ich bin nicht zufrieden. Die Spannung war nicht so, wie sie sein sollte.“ Für den Münchner, der am Bundesstützpunkt Heidelberg trainiert, steht als nächstes ein internationales Turnier in der Mongolei an. Dann konzentriert er sich auf die Deutschen Meisterschaften. „Ein tolles Publikum“, sagte er über seinen Auftritt in Eichstätt, „ich liebe euch. Bleibt gesund“.
Glücklich zeigte sich nach der Veranstaltung Organisator Gerhard Heubusch: „Ich bin mit der Veranstaltung sehr zufrieden. Man hat vor allem bei der Riesen-Hitze gesehen, dass die Boxer richtig gut trainiert waren. Das war Werbung für den Boxsport.“
EK
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