Bebende Boxerhalle

Musical „Rock of Ages“ feiert mitreißende Premiere

12.05.2022 | Stand 23.09.2023, 1:27 Uhr

Musikalisches Battle: Mit einer fulminanten Show begeisterte das Rock-of-Ages-Ensemble das Publikum. Fotos: Zengerle

Von Stephan Zengerle

Eichstätt – Am Ende stand die ganze Halle, das Publikum feierte das rund 50-köpfige „Rock of Ages“-Team auf der Musicalbühne und hatte sicher auch die eine oder andere eigene Erinnerung an die kitschig-schönen 1980er-Jahre im Kopf. Vorausgegangen waren ebenso kurzweilige wie mitreißende drei Musicalstunden mit allerlei Rockstar-Allüren, rauchiger Reibeisenstimme und gefühlvollen Balladen, Humor, Tanz und einer Band, die mit einer 40000-Watt-Anlage die Eichstätter Boxerhalle zum Beben brachte. Die Botschaft ist klar: „Keep on rocking!“

Passend zum ThemaComeback

Mut wird ja nicht selten belohnt – vor allem, wenn man auch noch so heißt: Der Eichstätter Kulturverein MuT e. V. hat sich nach der Zwangspause noch in der auslaufenden Coronazeit an eine weltbekannte, professionelle Musicalproduktion gewagt – und zwar eine, die nicht besser zum Thema Comeback passen könnte: Denn auch Hauptfigur Stacee Jaxx feiert in dem Stück als alternder Rockstar mit wohl gewollter Ähnlichkeit zu Guns N’ Roses-Frontmann Axl Rose (gespielt und gekonnt gesungen von Klaus Kopischke) seine Wiedergeburt auf der Bühne – und hilft dabei, den berühmten Rockclub „Bourbon Room“ zu retten, in dem er einst seinen ersten Auftritt hatte.

Dort ist auch das Landei Sherrie (Denise Liepold) aus Oklahoma gelandet und verliebt sich in Jungrocker Drew (Fabian Fürbacher). So weit, so gut. Dann aber droht Ungemach: Es kommt nicht nur zum Krach zwischen dem jungen Liebespaar. Stacee Jaxx’ ebenso schmieriger wie gieriger Manager – herrlich komisch gespielt von Hans-Peter Schneider – bringt den nach dem Auftritt der Rocklegende eigentlich geretteten Bourbon Room um die Gage. Und so stehen dessen Macher Dennis Dupree und Lonnie (Peter Dickmann und Florian Lehmeyer als kongeniales Duo) doch wieder vor dem Aus.

Denn die stockkonservative Bürgermeistergattin Patricia Whitmore – gespielt von Sisi Wein, die einmal mehr zeigt, was für eine „Rampensau“ im positiven Sinne in ihr steckt – tut alles, um den Sündenpfuhl im L. A. der 1980er-Jahre auszutrocknen. In dessen Mittelpunkt befindet sich nicht nur der Bourbon Room, sondern auch der Stripclub von Justice – cool gespielt und druckvoll gesungen von Anna Stampfer –, in dem Sherrie nach ihrem Streit mit Drew inzwischen gelandet ist.

Und so entwickelt sich auch ein musikalisches Battle zwischen dem „Team Rock“ und der typisch amerikanisch-prüden anderen Bevölkerungshälfte um die renitente Patricia Whitmore, die sich gekonnt die Liedzeilen von „We’re Not Gonna Take It“ und „We Built This City (on Rock ’n’ Roll)“ an den Kopf schmeißen. Es wird eng für den Bourbon Room, und als dann auch noch Drew und seine Gruppe von der Plattenfirma zur Boyband umfunktioniert werden und als solche in dem Rockschuppen auftreten sollen, scheint das Ende der Rockära unausweichlich. Doch Rockstars wie Stacee Jaxx haben eben manchmal mehrere Leben – vor allem, wenn sie plötzlich von der Muse geküsst werden oder in diesem Fall vom leibhaftigen „Feuerphönix“: nämlich der von der knallharten Reporterin des Rolling Stone Magazins zur leibhaftigen Rockröhre verwandelten Alex (Theresa Hürdler), die als Feuervogel auch das Feuer in Jaxx wiederentflammt. Es besteht also noch Hoffnung für den Bourbon Room.

Und auch um die Eichstätter Kulturlandschaft muss man sich keine Sorgen machen, wenn ein 50-köpfiges Ensemble ein Musical mit weltbekannten Songs derart mitreißend und aufwendig umgesetzt auf die Bühne bringen und die Boxerhalle mit ihrem schlichten Charme und schwieriger Akustik auch dank der Arbeit des Technikteams um Ralph Wein in den Ort für ein Konzerterlebnis verwandeln kann. Was Klaus Kopischke, Denise Liepold, Fabian Fürbacher, Theresa Hürdler, Anna Stampfer und all die anderen auf der Bühne und vor allem auch am Mikrofon zeigten, begeisterte das Publikum am Premierenwochenende jedenfalls zu Recht auf ganzer Linie. Der Funke sprang vor allem in der zweiten Hälfte immer mehr über und mündete in Standing Ovations für die ganze Musicaltruppe. Dann gab es auch den verdienten Applaus für die heimlichen Stars, die Musiker um Bandleader Michael Mayer an der Gitarre, Anja Albrecht (Gitarre), Andreas Baumann am Schlagzeug, Tobias Frey am Bass und Alexander Schlegel am Keyboard.

Feine Details aus den 1980er-Jahren

Und dann wären da noch die kleinen, aber feinen Details, wie ein Einspieler von 80er-Jahre-Klassikern wie dem A-Team, Knight Rider oder „Ein Colt für alle Fälle“. Oder wie Josef Adametz in seiner Nebenrolle als Faktotum Heyman sowie Chor und Tänzertruppe (Michaela Baumann, Johannna Großhauser, Leticia Pintor Mendez, Vanessa Rade, Patricia Drey und Manuela Zecherle) und all die anderen, die zwar nicht so sehr im Rampenlicht standen, aber wie im Falle von Daniela Branner nicht nur die Choreographie für die Bühnenshows arrangiert, sondern auch noch selbst über Monate extra Pole-Dance-Unterricht genommen haben.

EK