Normalerweise läuft Enrique Bösl für den FC Ingolstadt II auf und hält in der fünfthöchsten deutschen Spielklasse das Tor sauber. Bei den Olympischen Spielen in Paris ist der junge Keeper (20) aus Aschbuch im Landkreis Eichstätt für die Heimat seiner Mutter aktiv – gegen hochkarätige Konkurrenz.
Von seiner Nominierung für das größte Sportevent der Welt erfuhr Bösl auf Instagram. Am 12. Juni postete der Fußballverband der Dominikanischen Republik seinen vorläufigen Kader für die Olympischen Spiele in diesem Sommer – ganz oben auf der Liste stand der Name „Enrique Bosl“ – buchstäblich, statt „ö“ mit „o“, weil der Umlaut mit den Pünktchen bekanntlich eine Spezialität der deutschen Sprache ist.
Das zeigt auch Bösls Sonderstellung im Team des Inselstaats, der in der Landessprache die República Dominicana ist. Von dort bekam Bösl wenig später natürlich auch die offizielle Bestätigung: Der 20-Jährige darf mit nach Paris fahren. Aus der Bayernliga auf die Mega-Bühne des olympischen Fußballturniers.
Mit der Dominikanischen Republik bei den Olympischen Spielen
Für den jungen Torhüter des FC Ingolstadt II geht damit natürlich ein Traum in Erfüllung. Der Aschbucher (Landkreis Eichstätt), dessen Mutter in dem Karibikstaat aufgewachsen ist, hat seit vergangenem Jahr neben der deutschen auch die dominikanische Staatsbürgerschaft. Nach zwei Einsätzen in der U20 sowie vier Spielen in der U23 hatte er sich durchaus Hoffnungen auf eine Nominierung gemacht, schließlich ist das olympische Fußballturnier mit 16 Teilnehmerländern eigentlich ein U23-Turnier. „Das war schon mein Ziel, weil mir bewusst war, dass die Chancen gar nicht so gering sind. Jetzt hat es zum Glück mit der Einladung geklappt“, sagt Bösl.
Nach Nominierung „ein Stein vom Herzen gefallen“
Es hätte aber auch anders kommen können: Erst im April zog sich der Keeper einen Bänderriss im Sprunggelenk zu und drohte damit, das Turnier zu verpassen. Doch die Heilung schritt gut voran, inzwischen ist er wieder hundertprozentig fit. „Als dann wirklich die Einladung kam, ist mir ein Stein vom Herzen gefallen. Ich bin erleichtert, dass es zeitlich noch hingehauen hat“, erzählt er.
Seit 2013 spielt Bösl für die Schanzer. Entdeckt wurde er im Rahmen der Audi-Schanzer-Fußballschule – damals glänzte er vor allem als Torschütze. Mittlerweile ist der 20-Jährige aber für das Tore verhindern zuständig und saß vergangene Saison bereits einmal bei den FCI-Profis in der 3. Liga auf der Ersatzbank. Für die U21 kam er in der abgelaufenen Bayernliga-Spielzeit auf neun Einsätze.
Am Mittwoch wird es gegen Ägypten ernst
Während seine Teamkollegen jetzt in die neue Spielzeit starteten, stimmt sich Bösl in Frankreich bereits auf Olympia ein. Vor rund zwei Wochen traf er sich mit seiner Mannschaft in Marseille, von wo aus sie zusammen weiter nach Toulouse flogen. Dort erfolgte für die dominikanische Auswahl der Feinschliff. Ein Testspiel gegen Gastgeber Frankreich ging mit 0:7 verloren. Am kommenden Mittwoch wird es zwei Tage vor der offiziellen Olympia-Eröffnungsfeier bereits ernst, wenn die Dominikanische Republik in Nantes im ersten Spiel auf Ägypten trifft. Die weiteren Gegner in Gruppe C sind Spanien (in Bordeaux) und Usbekistan (im Pariser Prinzenpark) .
Auf Platz 150 der Fifa-Weltrangliste
Obwohl sein Team aktuell nur Platz 150 der Fifa-Weltrangliste belegt, ist die Dominikanische Republik anders als Deutschland überhaupt qualifiziert. Bösl geht zuversichtlich an den Start. „Spanien ist ein harter Brocken. Die Mannschaft ist mit richtig talentierten Leuten gespickt“, sagt er. Aber: „Ägypten kann ich dagegen so gar nicht einschätzen – wobei ich glaube, dass wir auf alle Fälle die Chance haben zu gewinnen, dadurch, dass wir einen guten Kader haben.“ Gegen Usbekistan rechnet Bösl fest mit einem Sieg. Sollte sein Team davor auch gegen Ägypten etwas Zählbares geholt haben, wäre die K.-o.-Phase in greifbarer Nähe. Und damit auch seine persönliche Ambition: „Mein Ziel ist es, auf alle Fälle weiterzukommen.“ Zwei aus jeder Vierergruppe rücken ins Viertelfinale auf.
Enrique Bösl kämpft um einen Stammplatz
Ob Bösl dazu aktiv auf dem Platz beitragen kann, ist aktuell allerdings völlig offen. Im Kader der Dominikanischen Republik ist mit Xavier Valdez noch ein zweiter Torhüter, der zumindest bei der U20-Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr den Vorzug vor Bösl erhalten hatte und auch schon fünf A-Länderspiele absolvierte. „Ich habe einen sehr, sehr guten Konkurrenten“, sagt Bösl über den 20-Jährigen, der in der zweiten Mannschaft des MLS-Teams Houston Dynamo FC spielt. Chancenlos sieht sich der FCI-Keeper in diesem Duell aber nicht: „Dieses Mal könnte mir womöglich in die Karten spielen, dass der Trainer mich bereits kennt und ihn noch nicht wirklich, weil er beim Lehrgang noch nicht dabei war“, sagt Bösl. „Zudem würde ich auch sagen, dass ich mich verbessert habe. Generell wird es ein enger Konkurrenzkampf. Mehr als mein Bestes zu geben kann ich nicht machen.“
Viel seinen Eltern zu verdanken
Unterstützt wird der junge Aschbucher so oder so von seiner Familie und Freunden, die ihn im Stadion „stolz unterstützen“ werden. Überhaupt hat er seinen Eltern viel zu verdanken: „Sie haben mich dorthin gebracht. Ihnen hab ich alles zu verdanken.“ Die Teilnahme in Paris könnte durchaus ein Sprungbrett sein: „Ich glaube, dass Olympia viele Türen öffnen kann und einem womöglich mehr Respekt gezollt wird, wenn man als aktiver Teilnehmer zurückkehrt. Deswegen ist es für meine persönliche Karriere schon sehr wichtig.“ZEITPLAN• Das olympische Fußballturnier wird von 24. Juli bis 9. August (Finale im Prinzenpark von Paris) mit 16 Teams ausgetragen. Deutschland ist nicht qualifiziert. Die Dominikanische Republik mit Enrique Bösl spielt am 24. Juli gegen Ägypten (17 Uhr/Nantes), am 27. Juli gegen Spanien (17 Uhr/ Bordeaux) und am 30. Juli gegen Usbekistan (15 Uhr/Paris).
DK
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