Weyergraf-Streit über römische Spuren
Archäologische Schätze und antike Einblicke bei Vortrag in Lenting

24.01.2025 |

Zur Überwachung der Römerstraße in Lenting stand auf dem heutigen Kapellenberg vermutlich ein römischer Wachturm. Dieser Höhe-Posten bot einen idealen Weitblick – sowohl zum Köschinger Kastell, als auch zur Mittelpunkt-Villa an der Flurgrenze Etting-Lenting. Foto: Stefan Weyergraf-Streit (Grafik)

Der Geschichtskreis Lenting begann das neue Jahr mit einem fesselnden Vortrag von Stefan Weyergraf-Streit vor einem großen Publikum. Der Theologe und Künstler aus Eichstätt sprach zum Thema „Die Römer auf Lentinger Flur“. Der Vortrag, der im Pfarrheim stattfand, befasste sich mit der faszinierenden Ausdehnung des Römischen Reiches in die Donauregion und beleuchtete römische Siedlungsspuren im heutigen Lenting. Die Teilnehmer lernten die erhaltenen Überreste antiker Gebäude, Transportwege und faszinierende Artefakte aus der römischen Ära kennen.

Eigentlich war eher Kösching – das Castellum Germanicum – eine römische Hochburg. Lenting taucht in Verbindung mit Römerfunden eher selten in den Geschichtsunterlagen auf, wie Weyergraf-Streit berichtete. Aber auch die beiden Römerstraßen, die im Norden und Süden an Lenting vorbeiführten, seien als Kulturdenkmal zu sehen, so der Referent. Anschaulich und mit Hilfe vieler Bilder erklärte er, wie Kaiser Augustus im Jahr 15 vor Christus beschloss, in den Norden vorzudringen.

An der Römerstraße von Kösching nach Nassenfels wurden Versorgungseinrichtungen – die sogenannten Villae rusticae – geschaffen. Entlang der Straßen seien Nägelbeschläge von römischem Schuhwerk und Scherben aus römischer Zeit gefunden worden. Weitere, sehr gut erhaltene Fundstücke aus Lenting war das Amulett eines Pferdegeschirrs aus Hirschhorn-Rose. Auf diesem Gegenstand war ein Phallus-Symbol abgebildet, was die Zuhörer zum Schmunzeln brachte.

Auch eine Münze Diva Faustina war in Lenting unterhalb der Römerstraße im Bereich der Hofmark gefunden worden. Es handelte sich dabei um einen Bronze-Sesterz aus der Kaiserzeit. Weyergraf-Streit vermutete, es könnte entweder von einem Reisenden verloren worden sein oder für eine Bestattung das Fahrgeld über den Styx für den Fährmann Charon.

Mittelpunkts-Villa auf der ICE-Trasse

Das am besten belegte Erbe aus römischer Zeit sei aber eine große Mittelpunkts-Villa direkt auf der ICE-Trasse, eine Villa rustica. Deren Gebäude befanden sich halb auf Ettinger und halb auf Lentinger Flur. Die ausgegrabene Villa bestand aus zwei Eck-Risaliten, die durch einen Portikus und eine Säulenhalle verbunden waren. Zur Villa gehörten aber auch Wirtschaftsgebäude, Stallungen für Vieh, eine Badeanstalt sowie eine Mühle auf Ettinger Flur. Rätsel gab hingegen ein viereckiger Bau im Zentrum des Villengeländes auf. Diente er religiösen oder weltlichen Zwecken?

Zeugen römischer Besiedelung könnten aber auch die beiden Schanzen – die Hügel im Gstocket und auf dem Kapellenberg in Lenting – sein. Es ist möglich, dass sich auf der strategisch idealen Anhöhe ein römischer Wachturm aus Holz befunden hatte, von dem aus man die Römerstraße von Kösching nach Nassenfels im Blick hatte. Ein weiteres spannendes Fundstück war auch eine Muttergottheit, die Säuglinge an ihrer Brust nährt: die sogenannte Mater Matuta, die Götten des „Morgenlichts“, des Lebens, der Geburt und des Wachstums. Die Figur stammt aus der mittleren römischen Kaiserzeit um 200 n. Chr. und wurde 1929 bei Ackerarbeiten auf Lentinger Flur („In der Zell“) gefunden.

Grabbeigabe oder Hausgottheit

Die Lentinger Mater Matuta könnte als Grabbeigabe oder Hausgottheit gedient haben. Funde ähnlicher Statuen gibt es in der Region noch mehrere, zum Beispiel in Pförring. Im Museum in Saint-Germain-en-Laye gibt es eine exakt identische Figur wie in Lenting. Die Mater Matuta sei auch eine Quellgottheit, die unter anderem auch von den Kelten verehrt wurde, erläuterte Weyergraf-Streit. Dies passe zu den vielen Quellen am Manterinbach in Lenting. Der Theologe schilderte den Wandel von der antiken Göttinnenverehrung zur späteren Marienverehrung.

Für die fundierten Aussagen gab es begeisterten Applaus. Anton Müller, der Vorsitzende des Geschichtskreises, bedankte sich herzlich für den aufschlussreichen Vortrag.

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