Mendorf
Am Ursprung eines Künstlerlebens

Marena Balinova und Peter Reichel aus Wien präsentieren in Mendorf Musik von Johann Simon Mayr

16.04.2023 | Stand 16.09.2023, 23:33 Uhr

Einen nuancenreichen Konzertabend bestritten Sopranistin Marena Balinova und ihre Ehemann Peter Reichel am Klavier in der Mendorfer Dorfkirche. Fotos: Erl

Halten die Fensterscheiben in der Dorfkirche St. Leodegar in Mendorf den brillierenden Vibrationen in den hohen C-Lagen der Sopranistin Marena Balinova stand – oder gehen sie bei diesen glasklaren und zugleich stahlharten Fortissimo-Forte-Arien zu Bruch? Der Konzertabend am Samstag in der Heimatkirche des Komponisten Johann Simon Mayr zeigt: Sie halten.

Und sowohl die Sopranistin als auch ihr Ehemann Peter Reichel am Klavier offenbarten dabei mit viel Einfühlungsvermögen, wie nuancenreich, kunstvoll und vielschichtig emotional die Klassik in der Zeit von Mayr strahlte.

Die Künstler aus Wien waren auf Einladung des Freundeskreises der Musik von Johann Simon Mayr zu dessen 260. Geburtstag in die Dorfkirche gekommen. Die Kontakte waren zufällig entstanden, als das Ehepaar einen Abstecher an Mayrs Geburtsort machte. Deren Liebe zu seinen Kompositionen entwickelte sich während ihrer mehrjährigen Forschung zur Sopranistin Gioditta Pasta, die vor rund 200 Jahren als „Primadonna Assoluta“ galt und für die auch Mayr komponierte. Die beiden hatten es sich zur Aufgabe gemacht, die Besucher in der frostigen, aber gut gefüllten Kirche für die musikalischen Finessen jener Zeit zu erwärmen.

Aber wie kann es eigentlich gelingen, den Menschen der Heute-Zeit spüren zu lassen, nach welchen Idealen ein Mensch komponierte, der vor 260 Jahren geboren worden war? Wie lässt sich eintauchen in eine Welt, die der Komponist Johann Simon Mayr aus Mendorf damals in Italien mitgestaltete? Die beiden wählten dazu eine ungewöhnliche Konzertform. Peter Reichel – im Hauptberuf ist er Professor für Informatik an einer Universität in Wien – begleitete seine Frau nicht nur am Klavier oder als Tenor in einem Duett, er übersetzte und interpretierte auch Texte. Er erzählte zunehmend lockerer aus den persönlichen Lebensumständen der damaligen Musikwelt und ließ seine Liebe zu diesem Metier spüren.

Seine Frau Marena Balinova faszinierte dazu mit ihrem Stimmumfang von dreieinhalb Oktaven. Ob verschraubte Koloraturen in strahlendem Sopran bis hinauf zu kaum mehr wahrnehmbaren Frequenzen, nuanciert ausgefärbte Emotionen in Alt-Lagen und sensible Interpretierungen des Mayr-Schülers Donizetti: Sie öffnete ein Fenster in die damalige Ästhetik der Kompositionen. „Sie sehen schon, das Zeug ist ziemlich schwer“, meinte ihr Ehemann ganz salopp zu einigen dieser grandios gesungenen Werke.

Die Zuhörer belohnten beide Interpreten zum Finale mit stürmischem Beifall samt stehenden Ovationen. „Wir haben heute ein hervorragendes Konzert gehört, es hat mir sehr gefallen“, lobte Bürgermeister Norbert Hummel (CSU) danach beim Empfang im Dorfgemeinschaftshaus das eben Erlebte. Aus den Reihen der Sponsoren unterstrich auch Dieter Scholz von der Kreissparkasse Kelheim diesen Eindruck. „Ich habe heute wahre Begeisterung gehört und das überträgt sich auf das Publikum. Ich bin dankbar, dass ich hier sein durfte“, versicherte er. Dem stimmte Jürgen Köhler als Präsident der Internationalen Simon Mayr Gesellschaft zu. „Es ist immer wieder ein Erlebnis, Mayr zu hören. Es freut mich, dass wir mit dem Freundeskreis hier gute Partner haben“, honorierte er zudem das Engagement der Gastgeber um die Vorsitzende Hannelore Eichenseher.

Sie hat mit ihrem Wissensstand um den Komponisten Mayr das Konzert noch intensiver erlebt. „Alles, was er auch an seinen Schüler Donizetti weitergegeben hat, haben wir heute erleben dürfen in der Kirche, in der er getauft wurde“, versicherte Hannelore Eichenseher. „Das ist für mich ein großes Gefühl und es war spürbar, wie der Funke auf das kundige Publikum übergesprungen ist“, freute sie sich. Dem entsprechend wurden beide Interpreten im Dorfgemeinschaftshaus mit herzlichem Applaus empfangen.

„Mayr hat Emotionen komponiert, nicht nur Melodien. Und er hat Donizetti wie eine Kathedrale aufgebaut – ich bewundere ihn als Botschafter für Gott und für den idealen Klang. Ich bin als Pilgerin hier an seinen Geburtsort und in seine Taufkirche gekommen und wollte mich vor dem Lehrer Donizettis verbeugen“, zeigte sich die Sopranistin Balinova im Gespräch mit unserer Zeitung noch ganz angetan vom Konzerterlebnis.

Auch auf ihren Ehemann Peter Reichel zeigte das Konzert in der Verbundenheit mit dem Publikum Wirkung. „In so einer Kirche zu spielen, wo man weiß, da ist er groß geworden – das ist ein ganz riesiges Erlebnis für meine Frau und mich“, versicherte er. „Da erwacht etwas, was es sonst nicht gibt, und das macht es irgendwie anders“, fügte er an. Zudem hatte er Originalstücke aus dem Nachlass von Giuditta Pasta wie Briefe und Schriftstücke von Donizetti und Mayr mitgebracht, an denen er das Publikum in einer kleinen Ausstellung teilhaben ließ.

DK