„Sie sind unsere große Hoffnung“
Ärztliche Versorgung auf dem Land: Bürgermeister und Landrat diskutieren in Beilngries mit Medizin-Studenten

08.05.2023 | Stand 16.09.2023, 22:28 Uhr

Studenten des BeLA-Programms sind für ein Netzwerktreffen in Beilngries gewesen. Foto: F. Rieger

Wie kann es gelingen, auch in Zukunft eine flächendeckende medizinische Versorgung auf dem Land sicherzustellen? Eine vielschichtige Frage, auf die es nicht die eine konkrete Antwort gibt. Und so waren die Gesprächsthemen gefühlt noch nicht ansatzweise erschöpft, als am Freitagnachmittag die Gesprächsrunde zwischen Landrat Alexander Anetsberger (CSU) und Bürgermeister Helmut Schloderer (BL/FW) auf der einen sowie angehenden Ärzten auf der anderen Seite zeitbedingt nach eineinhalb Stunden ihr Ende finden musste.

Anetsberger sprach zum Abschluss von einem enorm wertvollen sowie hochinteressanten Austausch – und von den versammelten Studenten gab es zustimmendes Kopfnicken.

Anlass für diese Gesprächsrunde war ein Netzwerktreffen, das die BeLA-Studenten aus den Universitätsstandorten Erlangen, Würzburg und München am Wochenende in Beilngries abhielten. BeLA – hinter dieser Abkürzung für Beste Landpartie Allgemeinmedizin verbirgt sich ein Programm des bayerischen Gesundheitsministeriums, bei dem „den angehenden Ärzten während des gesamten Studiums eine enge Beziehung zum Fach Allgemeinmedizin und zu ländlichen Regionen“ vermittelt werden soll, wie es in der offiziellen Ausschreibung heißt.

Gesundheitsversorgung treibt Kommunalpolitiker um



Bei den versammelten Medizin-Studenten – darunter auch junge Frauen aus der Gemeinde Beilngries sowie der erweiterten Region – handelt es sich demnach schon um einen Kreis, dessen Mitglieder sich gut vorstellen könnten, künftig als Allgemeinärztin/Allgemeinarzt zu arbeiten, und für die das Wirken in einer eher ländlich geprägten Gegend wohl nicht von vorneherein ein Ausschlusskriterium darstellt. Und so sagte Anetsberger ihnen dann auch unumwunden: „Sie sind bei allen Diskussionen, die wir über die Gesundheitsversorgung führen, unsere große Hoffnung.“

Der Landrat skizzierte die enormen Herausforderungen, die es im Landkreis Eichstätt – genau wie in unzähligen anderen Regionen – für die Politik im Bereich der Gesundheitsversorgung gibt. Und er betonte, dass man sich entschlossen habe, dieses Thema offensiv anzugehen, um nicht irgendwann vollständig von den äußeren Umständen überrollt zu werden.

Kein Konkurrenzmodell aufbauen



Ein Aspekt sei dabei, sich besser auf die zunehmende Ambulantisierung auszurichten. Obwohl dies keine originäre Aufgabe eines Landkreises sei, so wolle man doch versuchen, dort eingreifen zu können, wo die medizinische Versorgung auf dem Land wegzubrechen droht, so Anetsberger. Dabei gehe es keineswegs darum, eine Konkurrenz aufzubauen, wie er auf Nachfrage betonte. „Wir sind immer froh und glücklich“, wenn sich die Nachfolge eines Hausarztes im Landkreis wieder mit einer niedergelassenen Ärztin oder einem niedergelassenen Arzt lösen lasse. Man habe aber die Befürchtung, dass dies nicht überall funktionieren werde – und genau an dieser Stelle wolle man über Medizinische Versorgungszentren eingreifen.

Anetsberger stellte in dem Zusammenhang ein Gedankenspiel vor, wonach ein Arzt bei den Kliniken angestellt sein könnte und dann in flexibler Form sowohl im Krankenhaus Dienst macht als auch in einer MVZ-Praxis – und bei Bedarf für Sprechstunden in einer Gemeinde, in der es irgendwann vielleicht keinen Hausarzt mehr gibt.

Eigene Praxis durchaus noch attraktiv



Bei den Studenten stieß diese Idee auf geteiltes Echo. Was sie zudem entkräften konnten, war Anetsbergers Annahme, dass junge Ärzte kaum noch bereit seien, eine eigene Praxis zu betreiben. Man traue sich das zu und könne sich das persönlich auch gut vorstellen, wurde mehrfach betont. Allerdings wird ein Modell früherer Tage, in dem der Hausarzt gefühlt 365 Tage im Jahr rund um die Uhr vor Ort greifbar sein sollte, als nicht mehr zeitgemäß angesehen. Als ein Königsmodell wurde eine Gemeinschaftspraxis beschrieben, in der man sich gegenseitig vertreten kann − und die Patienten auch während eines Urlaubs in guten und vertrauten Händen weiß.

„Brauchen einflussreiche Personen, die Druck machen“



Ein Thema, das ebenfalls diskutiert wurde, betraf die Anreize, die eine Gemeinde oder ein Landkreis aussenden könne. Wie Schloderer erläuterte, ist es in Beilngries politischer Konsens, dass man für einen Arzt, der sich hier niederlässt, einen Bauplatz in der Hinterhand hat – den dieser freilich selbst bezahlen müsse, aber es sei eben nicht selbstverständlich, in Beilngries überhaupt an Bauland zu kommen. Finanzielle Subventionen für einen Praxisbetrieb könne/dürfe man derweil nicht leisten.

Unterstützung auf anderer Ebene aber schon, wie eine Studentin einforderte: „Wir brauchen einflussreiche Personen, die Druck nach oben machen“ – auf die große Politik, wo den Studierenden zufolge Entscheidungen getroffen würden, die ihnen und letztlich einer guten Patientenversorgung Steine in den Weg legen.

DK