Im Gespräch mit der Mediengruppe Bayern berichtet Horst Penthalter von „Psychoterror, der einem das Hirn raubt“. Der Oberbernbacher (Landkreis Aichach-Friedberg) arbeitet beruflich und privat seit 1976 am Computer. Er weiß, wo Phishing-Mails und Hacker lauern. Und trotzdem wurde er fast zum Betrugsopfer. 750 Euro forderten Kriminelle von ihm. Gerade noch rechtzeitig hat er die Betrugsmasche durchschaut.
Der Oberbernbacher ist seit 2011 in Rente. Zuvor war er zuletzt rund 20 Jahre lang Geschäftsführer in zwei Maschinenbaufirmen im Augsburger Raum. Vor ein paar Tagen saß der Diplom-Ingenieur am PC, als eine Warnmeldung aufploppte: „Ihr PC wurde gehackt“ stand da, und ein Hinweis, dass Microsoft weiterhelfen könne, wenn man sich unter einer angegebenen Telefonnummer melde. Laut Vorwahl des Kontakts sollte der 76-Jährige in den USA anrufen.
Angebliche Servicenummer führt in die USA
Damit beginnt der Psychoterror. Über den Lautsprecher seines Computers rät ihm eine Ansage, den PC nicht auszuschalten, da sich der Virus sonst ausbreiten könne. Horst Penthaler meldet sich unter der angegebenen Nummer, „dann haben alle Telefone im Haus verrückt gespielt“, berichtet er. Es klingelt überall, selbst nachdem er ein Telefonat angenommen hat. Schließlich hat er einen Mann mit indischem Akzent und schlechtem Deutsch am Telefon, der ihm eine ganze Reihe an Fragen stellt: Auf welchen Internetseiten sind Sie unterwegs? Welche Bezahlsysteme nutzen Sie online?
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Horst Penthaler erhält unentwegt Mitteilungen und Auflistungen vermeintlicher Hackangriffe auf ihn. „Man wird so unter Druck gesetzt, dass man nicht mehr klar denkt“, berichtet der Oberbernbacher.
Ein zweiter Anrufer, ebenfalls mit indischem Akzent und nur gebrochenem Deutsch, stellt gezielt Fragen zu Paypal und bittet Horst Penthaler, sich bei dem Online-Bezahlsystem einzuloggen. Daraufhin verlangt der vermeintliche Microsoft-Mitarbeiter, dass Penthaler eine Zahlung von 750 freigibt. Das Geld werde benötigt, „um die Viren zu beruhigen“, er bekäme es aber wieder zurückerstattet, erinnert er sich an die Aussagen des Mannes am Telefon. „Wenn Sie nicht zahlen, werden alle Daten geklaut“, warnt der Anrufer eindringlich.
Jetzt wird dem 76-Jährigen endgültig klar: Er wäre fast einem Betrüger auf den Leim gegangen. Horst Penthaler legt auf. Die Kriminellen melden sich zum Glück nicht wieder. Er ändert sein Paypal-Passwort, es werden keine Abbuchungen von seinem Konto vorgenommen.
Anrufer fordert 750 Euro, um Daten zu retten
Während des Telefonats wird Horst Penthaler immer stutziger, bis ihm endlich klar wird, dass Betrüger gerade versuchen, ihm Geld aus der Tasche zu ziehen. Er hat ein Anti-Virus-Programm installiert – warum hat es nicht angeschlagen, wenn er scheinbar mehrfach gehackt worden sein soll? Warum muss er eine Nummer im Ausland anrufen? Warum spielt die Telefonanlage im Haus verrückt? Warum kommen Durchsagen durch die PC-Lautsprecher? Und warum will der Anrufer so viele Details über seine Online-Nutzung wissen?
Im Nachhinein fällt ihm zudem auf, dass die Anrufe der Kriminellen nicht zurückverfolgt werden können, es handelt sich um unbekannte Nummern, die nicht angezeigt wurden.
Horst Penthaler ist es wichtig, seine Geschichte zu erzählen, um seine Mitmenschen zu warnen. Denn was ihm passiert ist, zeigt: Man muss nicht unwissend oder naiv sein, um in die Betrugsfalle zu tappen. Die Kriminellen sind raffiniert und setzen ihr Gegenüber unter Druck, zudem spielen sie mit der Angst der Opfer, alle Daten zu verlieren.
So schützt man sich
So genannte Tech Support Scams sind ein branchenweites und bekanntes Problem, vor dem Polizei und IT-Firmen regelmäßig warnen. Dennoch gibt es immer wieder neue Opfer. Erst vergangene Woche wurde ein 70-Jähriger aus Augsburg auf diese Weise um einen Betrag im niedrigen vierstelligen Bereich betrogen.
Die Polizei rät, Forderungen nach Anrufen und Zahlungen niemals nachzukommen. Dateianhänge aus eingehenden Mails der Betrüger dürfen auf keinen Fall geöffnet werden. Wird man angerufen, so schnell wie möglich das Gespräch beenden, keine privaten Daten und Infos weitergeben. Vor Hackern schützt man sich zudem mit regelmäßigen Updates und einem Anti-Virus-Programm.
„Microsoft wird Sie nie proaktiv anrufen, um unerwünschten PC- oder technischen Support bereitzustellen“, erklärt das IT-Unternehmen, dessen Namen bei der Masche oftmals missbraucht wird. Es stellt zudem klar: „Fehlermeldungen enthalten niemals eine Telefonnummer, die angerufen werden muss.“
nay
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