Wiesenbach
Pizza und Pommes von hier

26.09.2022 | Stand 26.06.2024, 11:42 Uhr |

Foto: Wolfgang Glas - Die Kartoffeln für die Schupfnudeln haben sie selbst angebaut: Stephanie Keis-Kopold und ihr Mann Claus Kopold sind Biobauern in Wiesenbach und nehmen teil an der Regioplus-Challenge.

von Von Wolfgang Glas

Auf dem Müabauern-Hof in Wiesenbach gab es gestern Mittag Schupfnudeln. Den Teig dazu knetete Stephanie Keis-Kopold aus eigenen Kartoffeln, Bio-Eiern und unbehandelter Kuhmilch aus Schorn. Das Birnenkompott lieferten Früchte von der Streuobstwiese. Sämtliche Zutaten also aus der Nachbarschaft. Denn die Familie Kopold macht mit bei der Regioplus-Challenge, die derzeit im Wittelsbacher und Schrobenhausener Land läuft. Deren Herausforderung: sieben Tage lang nur das essen, was um die Ecke wächst.

Die Aktion, zu der die die Öko-Modellregion Paartal aufgerufen hat, soll die Vielfalt regionaler Lebensmittel aufzeigen und die Verbraucher zu bewusstem Ess-Genuss animieren. Aber: "Es ist gar nicht so einfach, Nudeln oder Milchprodukte in Bio-Qualität zu bekommen", stellte Keis-Kopold fest. Dabei kennt sie sich in der Direktvermarkter-Szene aus: Die 49-Jährige war fünf Jahre lang Kreisbäuerin in Aichach-Friedberg und arbeitet als Beraterin für Landwirte bei der Regierung von Schwaben. "Sicher, ein tolles Gulasch aus Biofleisch könnte ich jeden Tag kochen", sagt sie. "Aber bei den Nudeln hapert es schon." Für deren Zubereitung verwendet man normalerweise Hartweizenmehl. Aber das gibt es nicht im Umkreis von 50 Kilometern. Auch Hefe und Backpulver nicht. Folglich fällt in den nächsten sieben Tagen auch der Käsekuchen flach.

Die Hauswirtschaftslehrerin hat dennoch einen ausgewogenen Speiseplan für sich, ihren Mann Claus (50), die Kinder Moritz (16), Lorenz und Beatrix (beide 13) zusammengestellt. Darauf stehen Pizza mit Ziegenmilch-Mozarella, Kartoffelsuppe mit Wienerle, Leberkäse mit Bratkartoffeln, Semmelknödel, Pfannkuchen und Gulasch mit Dinkelmehl-Spätzle. "Mein Mann isst alles, was auf den Tisch kommt. Meine Kinder nicht. Die sind heikel", erzählt die Küchenchefin. Lorenz mag kein Obst, die selbstgemachte Tomatensoße auf der Pizza hat er gerade noch so akzeptiert für diese Woche. Die Mutter: "Danach will er aber wieder Tomatensoße, der man nicht anmerkt, dass Tomaten drin sind..."

Die 49-Jährige verwendet auch abseits der Regioplus-Challenge möglichst Bio-Lebensmittel. Das ist für sie selbstverständlich, denn auch ihren 150-Hektar-Hof bewirtschaftet die Familie seit 2020 biologisch. Vorher baute sie Getreide, Kartoffeln und Zuckerrüben konventionell an. Heuer kommen auch Körnermais, Raps und Ackerbohnen aus streng kontrollierter Bioland-Erzeugung. "Für uns war das der richtige Weg", sagt Claus Kopold. Ihm ging es darum, die Böden seiner Äcker möglichst schonend zu behandeln, um sie lebendig zu erhalten. Der weitgehende Verzicht auf Pflanzenschutz- und Düngemitteln sei finanziell interessant, bedingt aber um 50 Prozent niedrigere Erträge und erfordert mehr Mühe. Pro Hektar müsse man mit 80 bis 100 Stunden Handarbeit auf dem Feld rechnen, wofür der Hof auch Saisonarbeiter beschäftigt.

Was die Kopolds trotz der "ganz harten Zeit" der Umstrukturierung zu schätzen gelernt haben: Bio-Landwirte haben mehr Freiraum, ihren Betrieb zu gestalten. Sie müssen nicht Masse produzieren, sondern können ausprobieren. Man sieht das auch an den Bio-Produkten, die heute in den Regalen der Hofläden, Bauernmärkte und des gehobenen Lebensmittelhandels stehen. Stephanie Keis-Kopold verwendet für die Regioplus-Challenge Bio-Rapsöl aus Horgau zum Braten, Bio-Haferflocken vom Lechrain zum Frühstück und Bio-Dinkelmehl aus Friedberg für Gebackenes. Bio-Zucker stellt Südzucker in Rain her, den der Müabauern-Hof mit seiner Ernte beliefert.

Bei uns kaum erhältlich sind allerdings Süßigkeiten. Deshalb ist Schokolade in dieser Woche tabu in Wiesenbach. Auch Marmelade wird nicht eingemacht, obwohl die Früchte reif wären. Denn Gelierzucker gibt es nicht aus heimischer Produktion. Was den Kopold-Kindern besonders hart ankommt: Milchprodukte sind rar. Im Umkreis von 50 Kilometern gibt es zwar vier Ziegenmilchkäsereien, aber keine einzige, die Kuhmilch nach Bio-Vorgaben verarbeitet. Zu Joghurt oder Butterkäse zum Beispiel. Stephanie Keis-Kopold: "Wir könnten zwar die nicht homogenisierte Bio-Milch einfach ein Zeitlang stehen lassen, den Rahm abschöpfen und daraus Sahne oder Butter schlagen. Aber das geht dann doch zu weit."

Mehr über die Aktion online unter https://regiopluschallenge.customer.bisping.de/ Dort kann man sich auch noch anmelden und einen Newsletter bestellen.

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