Das Finale des Musikfests in Blumenthal besuchten am Sonntagabend rund 400 Zuschauer. Das „Festivalhaus“ im Dachboden des Wirtschaftsgebäudes der Schlossanlage war voll besetzt.
Die Camerata Vitilo trat dabei ohne Dirigenten auf. Die musikalische Leitung hatte Konzertmeisterin Yuki Kasai übernommen, die von ihrer Position am Pult der ersten Geigen aus das musikalische Geschehen inspirierte.
Es ging ganz besinnlich los. Charles Ives „The unanswered Question” begann auf einem leisen Klangteppich der Streicher, die sich dazu im hinteren Teil des Saales aufgebaut hatten. Andächtig lauschte das Publikum den zarten Tönen, zu denen Trompeter Rudolf Matajsz am ganz anderen Ende des Saals, im Rückraum der Bühne, seine „Frage“ stellte. Die Antworten kamen dann von einem Bläserquartett vorn auf der Bühne als – letztlich vergebliche – Versuche in verschiedensten Stilen und Varianten. Die experimentelle Aufstellung im Saal führte dabei zu spannenden akustischen Effekten. Erstaunlich dabei, wie sich gerade das Bläserquartett bei den doch immer wieder ganz verschiedenen „Antworten“ synchronisierte. Mozarts Sinfonia Concertante für vier Bläser und Orchester gehört da schon eher zu den Klassikern des Konzertbetriebs. Ungewöhnlich hochkarätig waren aber die Solistenrollen besetzt: Oboist Georgi Gvantseladze, Klarinettist Georg Arzberger, Fagottist Christoph Knitt und Pascal Deuber am Horn bekleiden oder bekleideten allesamt Solistenpositionen in namhaften Orchestern.
Feinste musikalischeGestaltung in der Kadenz
Auch ungewöhnlich war, dass alle Musiker stehend musizierten, was der Musik einen ungewohnt aktiven und lebendigen Charakter verlieh. Schmelzender Violinenklang und sonore Bässe erfüllten die erstaunlich transparente Akustik des Saales.
Im ersten Satz schon bewies sich das einfühlsame Zusammenspiel der Solisten als mitreißendes Gestaltungsmittel. Auch ohne vermittelnden Dirigenten wurde nicht an dynamischen und tempomäßigen Effekten gespart. Das ganz besonders in der Kadenz, in der die vier Solisten feinste musikalische Gestaltung aus einem Guss zelebrierten. Der Zwischenapplaus des Publikums war mehr als verdient.
Der 3. Satz „Andantino con Variazioni“ gab noch einmal jedem Solisten Gelegenheit, sein virtuoses Können in von Mozart passend gestalteten Variationen herauszustellen. Wunderbar hier unter anderem die Pianostellen der Oboe und die Leichtfüßigkeit des Fagotts. Berückend, wie das große Ensemble Nuancen in Dynamik und Tempo aufnahm und ausspielte. Mit großem Applaus ging es in die Pause.
Beethovens 4. Sinfonie findet eher selten in den Konzertsaal. Hier eröffnete sie in atemloser Stille mit ihrer langsamen Einleitung den zweiten Teil des Konzerts. Das einsetzende Allegro kam dann mit sehr viel Spirit und beeindruckendem Tempo. Die stupende Präzision der Einsätze und Akzente und die temperamentvolle Dynamik hätte man einem Orchester ohne Dirigenten gar nicht zugetraut. Die Leistung von Konzertmeisterin Yuki Kasai, in Probenarbeit und Auftritt war einfach großartig.
Vertrautes Zusammenspiel auch ohne Dirigent
Der langsame zweite Satz zeigte das vertraute Zusammenspiel des Orchesters noch einmal deutlich. Unter wunderschönen Kantilenen des Klarinettisten Markus Krusche sorgten die Stimmführer/innen der Instrumentengruppen für klangliche Geschlossenheit. Die Bläser atmeten gemeinsam und machten die Musik lebendig.
Auch im Menuett schlug Yuki Kasai wieder ein forsches Tempo an, womit der Charakter der Musik schon in Richtung des moderneren Scherzos ging. Wiederum zeigte sich das Orchester der Herausforderung mehr als gewachsen und versetzte das weiterhin hochkonzentrierte Publikum in beschwingte Stimmung.
Der Finalsatz setzte schließlich noch mal ein Ausrufezeichen auf die schwungvolle Interpretation. Die stehende Aufstellung der Musiker unterstützte den leichtfüßigen, tänzerischen Charakter der Musik, dabei blieb die Konzentration und Dynamik bis zum Schlussakkord auf allerhöchstem Niveau.
AZ
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