Zahllose Ritterzelte, Kanonendonner, Pulverdampf und Schlachtengetümmel versetzten den ansonsten um diese Jahreszeit beschaulichen Thierhauptener Festplatz am Wochenende zurück ins Spätmittelalter. Historisch Gewandete und deren Lagerleben prägten das Bild. Hintergrund war ein Waffendrill des Bundes oberschwäbischer Landsknechte (BOL), der über 300 Fans jener Zeit an den Lechrain führte.
So exotisch sich das Hobby der Teilnehmer anhört, war auch deren Herkunft. Sogar bis aus Hamburg und der Schweiz waren sie quasi mit Sack und Pack angereist und verwandelten den Platz in ein großes Ritterlager.
Noch teilweise bei Regen stellten sie bereits am Freitagmittag die ersten Zelte auf und am Samstagvormittag staunten die Vorbeifahrenden über ein vollständiges Lager. Der heimische Landsknechtstross 1504 hatte sich als Gastgeber für einen der zweimal jährlich stattfindenden Waffendrille zur Verfügung gestellt. Während am Samstag zwei Drilltermine anstanden, bei denen das von Trommlern und Pfeifern begleitete Marschieren und der Einsatz der Waffen geprobt wurde, ging es am Sonntag ab 11 Uhr mit einer Schlachtennachstellung ordentlich zur Sache.
Nachgestellte Schlacht mit Siegern aber ohne Verletzte
Mit ihrem Hobby wollen die Teilnehmer das Leben der Landsknechte und Marketenderinnen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts darstellen. Es ist die Zeit der Früh-Renaissance, die Kleidung ausgefallen. Prägend war der landläufig als Bauernkrieg bezeichnete Aufstand des gemeinen Mannes gegen den Adel.
Während der Aufstand 1526 blutig niedergeschlagen wurde, sollte es bei den nachgestellten Schlachten in Thierhaupten zwar Sieger, aber keine Verletzten geben. Sicherheit steht nach Aussage von Roland Brüderle alias Christoph Fuchs von Fuchsberg und Hauptmann des Freyen Söldnerhaufens 1525, für alle Beteiligten an oberster Stelle. So werden die Schlachten nach einem von den Hauptmännern der einzelnen Haufen vorher festgelegten Drehbuch gespielt.
Für viele seiner Kollegen sei der Landsknecht nicht Hobby, sondern das zweite Leben. Zu Zusammenkünften mit Gleichgesinnten, wie dem in Thierhaupten, opfert man ganze Wochenenden und scheut keine langen Anreisen. Andreas Schmidt alias Marx Meyr, ein 1536 hingerichteter Söldner, kam sogar bis aus Hamburg an den Lech.
Man müsse „schon einen Dachschaden haben“, so Roland Brüderle, um sich ein derart teures Hobby zu leisten. Die Ausrüstung mit Zelt und Innenausstattung, Kleidung und Waffen ist teuer und meist handgefertigt. Und gerade wegen der Ausrüstung sei die erste Frage an Neulinge: „Hat Dein Auto eine Anhängekupplung?“. Brüderle selbst kommt aus Brenden in der Nähe des Schluchsees. Für 2028 plant er dort das alle fünf Jahre stattfindende Landsknechtshurra mit etwa 800 Teilnehmern.
AZ
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