Ingolstadt
Zustimmung zum Ratsbegehren zeichnet sich ab

Sondersitzung des Stadtrats zu den Kammerspielen am Donnerstag – Befürworter wollen demonstrieren

05.04.2022 | Stand 23.09.2023, 2:02 Uhr

Der Entwurf des Innenraums der Kammerspiele von den Architekten des Büros Blauraum, dem Sieger des Wettbewerbs. Foto: Blauraum

Von Markus Schwarz und Johannes Hauser

Ingolstadt – An diesem Donnerstag tagt der Ingolstädter Stadtrat in einer Sondersitzung. Einziges Thema: die geplanten Kammerspiele an der Schutterstraße. Zum einen soll offiziell die juristische Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens „Keine Kammerspiele an der Schutterstraße“ festgestellt werden; diese Unzulässigkeit haben, wie am Montag bekannt wurde, Prüfungen der Stadtverwaltung und externer Gutachter festgestellt. Zum anderen will die Stadtspitze dazu ein Ratsbegehren auf den Weg bringen und so die Ingolstädterinnen und Ingolstädter abstimmen lassen. Im Dezember hatte sich der Stadtrat mehrheitlich für den Bau der Kammerspiele am vorgesehenen Ort ausgesprochen. Danach initiierten die Freien Wähler das Bürgerbegehren, das jetzt als unzulässig eingestuft wurde. Geht es nach der Stadtspitze, soll jetzt ein Bürgerentscheid über die Frage stattfinden, ob die Kammerspiele nun gebaut werden oder nicht.

Für ein Ratsbegehren zeichnet sich im Stadtrat eine deutliche Mehrheit ab. Die Grünenfraktion sprach sich schnell dafür aus, „einen Bürgerentscheid mit einer klaren Fragestellung auf der Basis der Fakten, die jedem Bürger und jeder Bürgerin offen zugänglich sind“ auf den Weg zu bringen. Sie wiederholte ihre eindeutige Position pro Kammerspiele: „Die Notwendigkeit der Kammerspiele für die Kultur unserer Stadt, aber auch der große Gewinn für die Innenstadt und ganz Ingolstadt steht für die Grüne Fraktion längst fest“, so Barbara Leininger, die Fraktionsvorsitzende der Grünen. Dass das Bürgerbegehren bei der juristischen Prüfung durchgefallen ist, war für Leininger keine Überraschung: „Die Argumentation von Freien Wählern, AfD und Teilen der CSU in der politischen Debatte zu den Kammerspielen an der Schutterstraße war schon in der Vergangenheit unsachlich.“

Auch die SPD-Stadtratsfraktion unterstützt den Vorschlag des Oberbürgermeisters, die Bürger und Bürgerinnen über den Bau der Kammerspiele entscheiden zu lassen. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Christian De Lapuente sieht das Ratsbegehren als „Brücke zu den Gegnern des Projekts, deren Fragestellung sich als rechtlich unzulässig erwiesen hat“. Auch die SPD-Fraktion spricht sich unisono für den Bau der Kammerspiele aus, einem laut SPD „wichtigen Begegnungsort für alle Bürgerinnen und Bürger“.

Bei der CSU ist die Zustimmung zum Ratsbegehren ebenfalls groß. „Bei so einem Projekt, das so oft von verschiedenen Seiten diskutiert wurde, ist es richtig und gut, die Bürger bei der Entscheidung zu beteiligen“, erklärt der CSU-Fraktionsvorsitzende Alfred Grob. Die Ablehnung des FW-Bürgerbegehrens wollte er nach der ersten Durchsicht der Begründung „juristisch nicht bewerten“: „Das muss man so zur Kenntnis nehmen.“

Ein Bündnis um den Verein der Freunde des Stadttheaters will die Gelegenheit der Stadtratssitzung nutzen und am Donnerstag für den Bau der Kammerspiele demonstrieren. Vor Beginn der Sondersitzung soll ab 12.30 Uhr auf dem Theaterplatz Position bezogen werden. Unter #DeineStimmeDafür werben die Initiatoren inzwischen auch im Internet um Unterstützung für den Bau der Kammerspiele.

DK



Interview mit Ralf Bauernfeind vom Bürgerbegehren

Herr Bauernfeind, das Bürgerbegehren „Keine Kammerspiele an der Schutterstraße“ ist juristisch unzulässig. Haben Sie bei der Formulierung zu wenig aufgepasst?
Ralf Bauernfeind: Die Formulierung des Bürgerbegehrens wurde durch eine externe Anwaltskanzlei aus dem Bereich Verwaltungsrecht begleitet. Mehr aufpassen geht nicht. Eigentlich sollten Bürgerbegehren von Jedermann auch als Laie formuliert werden können – so ist es zumindest vorgesehen. Juristische Spitzfindigkeiten haben hier nichts zu suchen.
 
Können Sie die Begründung der Nicht-Zulassung nachvollziehen?
Bauernfeind: Uns fehlt bisher eine fundierte schriftliche Begründung und so auch eine Überprüfung durch unsere Fachkanzlei. Momentan konkurrieren die Meinungen von zwei Anwaltskanzleien. Was falsch und was richtig ist, steht noch lange nicht fest. Wer jetzt schon bösartig von Täuschung und Irreführung spricht, lehnt sich sehr weit aus dem Fenster.
 
Unter anderem haben Sie dem Gutachten zufolge unzutreffende Angaben bei den Kosten gemacht. Wie kam es dazu?
Bauernfeind: Weder die deutliche Überschreitung des Kostenrahmens von 2017 von damals 30 Millionen auf inzwischen 51 Millionen zuzüglich Indexzuschlag von 2,8 Millionen, noch die genannten Betriebskosten, also die dauerhaften jährlichen Folgekosten, sind eine Erfindung der Vertreter des Bürgerbegehrens. Die Summe der Folgekosten von jährlich 759000 Euro ist eindeutig den Sitzungsunterlagen des Stadtrats vom 14.12. zu entnehmen.
 
Des Weiteren gibt es wohl falsche Angaben zu der Berücksichtigung der Verkehrsproblematik und der gesamte Bebauungsplan wird im Text des Bürgerbegehrens nicht erwähnt, es wird nur auf das Gebäude der Kammerspiele eingegangen. Aus Ihrer Sicht ein ausreichender Grund zur Ablehnung?
Bauernfeind: Das Bürgerbegehren stellt in der Gesamtbetrachtung ja nicht nur auf den Bebauungsplan-Umgriff ab, sondern berücksichtigt auch die Verkehrssituation im Umfeld. Hierzu wurden bisher keine Kosten genannt; es wurde nur auf die Umleitung auf andere Straßen verwiesen. Deshalb das Bürgerbegehren abzulehnen, geht an der Intention eines Bürgerbegehrens völlig vorbei.
 
Der Bürgerentscheid soll nun via Ratsbegehren kommen. Sind Sie dennoch zufrieden?
Bauernfeind: Wenn es zu einem Ratsbegehren kommt, ist die Entscheidung durch die Ingolstädterinnen und Ingolstädter möglich. Mit diesem Teilerfolg können wir zufrieden sein, denn auch wir wollten ja einen Bürgerentscheid. Jetzt kommt es nur noch auf die Fragestellung an.

Das Interview führte Markus Schwarz.