Stadtgeflüster
Zum Kongress spielt die Musik

Die tägliche Glosse des Donaukurier für Ingolstadt

09.05.2023 | Stand 16.09.2023, 22:26 Uhr

Hier flüstern die DK-Redakteure, was Ingolstadt bewegt. Foto: Höcherl

Was wäre die glückliche Vollendung eines großen öffentlichen Bauprojekts ohne musikalische Begleitung. So betrachtet darf man es als gutes Vorzeichen werten, wenn der Direktor des neuen Maritim-Hotels und der Manager des Georgischen Kammerorchesters sich auf eine gemeinsame Tonlage verständigen konnten, wie im DK-Kulturteil zu lesen war.

Klar, man konnte jetzt nicht erwarten, dass die klingende Inbesitznahme dieses prägenden Bauwerks auf dem gleichen Topniveau geschieht wie vor 200 Jahren, als Beethoven höchstpersönlich vom Klavier aus seine Ouvertüre „Die Weihe des Hauses“ dirigierte. Damals huldigten die Wiener bei einem Festkonzert dem berühmten Meister aus Anlass der Neueröffnung ihres Josefstädter Theaters.

Große Immobilien und deren Fertigstellung, aber auch Ärger wegen der Baukosten sind durchaus ein lohnendes Thema für die künstlerische Aufarbeitung. Die Musikgeschichte kennt hier sogar Extremfälle wie Wagners Nibelungenring, einen 16-stündigen Vierteiler, der im „Rheingold“ mit der Schlussabnahme der nagelneuen Götterburg Walhall beginnt.

Die Sache zieht sich deshalb so in die Länge, weil Bauherr Wotan sich ohne ausreichendes Eigenkapital in dieses Investitionsabenteuer gestürzt hat, ein Phänomen, das noch heute häufig zu Pleiten führt. Der klamme Göttervater lässt sich auf einen schmutzigen Deal ein, um die Baufirma – bestehend aus den Riesen Fasolt und Fafner – bezahlen zu können: Er will seine eigene Schwägerin an die Riesen verschachern.

Weitere Geflüster gibt‘s hier

Dazu kommt es zwar doch nicht, aber in der Folge zu allerhand kriminellen Verwicklungen. Schließlich feiert Wotan mit Gattin Fricka an der Seite, großem Pomp und vollem Bläsersound den Einzug in Walhall.
Anders als in Wagners „Rheingold“ gehen wir beim Ingolstädter Kongresshotel selbstverständlich von einer jederzeit seriösen Baufinanzierung aus. Gleichwohl hat es über Form und Größe dieses Renommierprojekts („Koloss am Schloss“) jahrelange politische Auseinandersetzungen gegeben.

Hartnäckige Kritiker mögen sich deshalb die Hausordnung in Erinnerung rufen, die in Mozarts „Zauberflöte“ von Sarastro mit des Basses Grundgewalt verkündet wird: „In diesen heil’gen Hallen kennt man die Rache nicht.“