Ingolstadt und Audi
Vorzeigeprojekt IN-Campus: Alles wieder sauber

Sanierung des Geländes abgeschlossen, erste Gebäude bereits in Betrieb

23.07.2022 | Stand 22.09.2023, 20:52 Uhr

Nachhaltiges Bauen auf dem IN-Campus: Im Vordergrund die Energiezentrale (schwarzes Gebäude), dahinter in Weiß das Fahrzeugsicherheitszentrum. Fotos: Hammer

Ein Scheich wäre stolz, ein Umweltschützer empört: 900 Tonnen Schweröl förderten die Sanierungsarbeiten auf dem Betriebsgelände der ehemaligen Eriag-Raffinerie im Ingolstädter Osten zutage; dazu 200 Tonnen leichte Schwebstoffe, trotz ihres harmlos klingenden Namens ebenfalls schwer giftig.



Nun aber ist dieses Stück Arbeit, die Entgiftung des Bodens erledigt: „Die aktive Sanierung ist nun abgeschlossen“, verkündete Rüdiger Recknagel, Leiter Umweltschutz für den Audi Konzern, am Freitagmittag.

Damit ist eine wichtige Etappe eines auch für die Ingolstädter Wirtschaftsgeschichte bedeutenden Weges erreicht. Zwischen Audi-Sportpark, Auwaldsee und Donau entsteht gerade der IN-Campus, ein rund 60 Hektar großes Gewebe- und Industriegebiet. Das Gelände war schon in der Vergangenheit ein bedeutender Ingolstädter Industriestandort, von 1965 bis 2008 veredelte hier die Eriag-Raffinerie Rohöl. Nach dem Ende der Raffinerie entstand am südlichen Ende des Geländes auf 20 Hektar der Audi-Sportpark und das Gelände des FC Ingolstadt 04. Im Jahr 2015 wurde die IN-Campus-GmbH aus der Taufe gehoben; „das Zukunftsprojekt für unsere Stadt schlechthin“, wie es der damalige Bürgermeister Christian Lösel (CSU) im DONAUKURIER nannte: In einem Joint-Venture schlossen sich die Stadt Ingolstadt über die Tochter IFG und der Autokonzern Audi zusammen, um das nun noch 75 Hektar große Areal weiterzuentwickeln.

Stimmberechtigt sind beide Anteilseigner zu gleichen Teilen, wobei die Finanzen schon zeigen, wer bei dem Projekt federführend agiert: Das Stammkapital der Stadt beträgt 25.000 Euro, während die Audi AG eine Kapitalrücklage von 204 Millionen Euro einbringt. Doch nicht nur im Zusammenwirken von Kommune und Konzern gilt der IN-Campus als zukunftsweisend. Der IN-Campus kann trotz seiner industriellen Ausrichtung auch als Umwelt-Projekt gelesen werden. Als „das Schlüsselprojekt für nachhaltiges Wirtschaften in Ingolstadt“ , beschrieb ihn Ingolstadts Wirtschaftsreferent Georg Rosenfeld. Denn der IN-Campus soll als „wahre Transformation“ an Stelle der alten Raffinerie „Innovation mit Nachhaltigkeit verbinden“, wie es Audi-Werkleiter Achim Heinfling formulierte. Das Ziel: Der gesamte Campus soll ohne zusätzliche Energie von außen auskommen. Sprich: Nur so viel Energie verbrauchen, wie er selbst erzeugt.

Dahinter steckt ein ausgeklügeltes Energiekonzept, das nun den eingangs erwähnten Öl-Scheich empören, den Umweltschützer aber stolz machen würde: Auf den Dächern wurden auf innovative Art und weise Dachbegrünung und Photovoltaikanlagen kombiniert, unter der Erde fungiert ein kilometerlanges Röhrensystem als Versorgungsleitung, aber auch als „unterirdischer Pufferspeicher“. Dazwischen wird die Abwärme der großen Computer zum Heizen genutzt, thermoaktive Bauteile sorgen für einen möglichst geringen Energieverlust und in die ehemaligen Löschwassertanks der Raffinerie dienen als Wärmespeicher. In der bereits errichteten Energiezentrale dominieren so nicht mehr Kessel, sondern viele Röhren, die die Energie verteilen, umleiten und umwälzen, wie es Markus Faigl erläuterte, der die für die Audi AG das Energiekonzept verantwortete. So wurde das Konzept bereits mit einer Auszeichnung durch die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen bedacht.

Dabei ist das Projekt noch eher am Anfang seiner Wachstumsphase. Im Moment arbeiten mehrere hundert Menschen auf dem Gelände, unter anderem für die Cariad, eine Tochterfirma von Volkswagen, die für den gesamten Konzern die Auto-Software entwickeln soll. Dabei soll der luftige Charakter des Geländes möglichst erhalten bleiben. Wie der Name schon sagt, ist der IN-Campus als Campus konzipiert; es wird keinen Werkszaun geben und das Industriegebiet läuft über Parkflächen aus in ein 15 Hektar großes Gelände, das wieder zum an dieser Stelle ganz früher dominierenden Auwald wird.