Kösching
Überraschung ohne Schrecken

Köschinger Feuerwehr probt unter Realbedingungen einen Rettungseinsatz an der Grundschule

06.08.2022 | Stand 22.09.2023, 20:13 Uhr
Julian Meier

Alles nur Übung: Die Köschinger Wehr rettet eine Person aus der Grundschule. Foto: Meier

Ein schriller Ton stört die Abendruhe. Hinter den Fensterscheiben steigt langsam Rauch auf. Es liegt ein Geruch in der Luft, wie man ihn sonst nur aus der Silvesternacht kennt. Dann: „Hilfe!“ Die Frauenstimme aus dem obersten Stockwerk klingt verzweifelt. Quälend lange sieben Minuten dauert es, ehe ein „Tatü-Tata“ ertönt. Nach weiteren Minuten fahren endlich zwei Feuerwehrfahrzeuge in den Hof. Rettung ist in Sicht!

Die Köschinger Feuerwehr rückt mit vier Fahrzeugen zum Einsatz an der Grundschule an. Nur, dass es eben kein richtiger Einsatz ist. Nur wenige Personen waren zuvor eingeweiht, die Feuerwehrleute selbst waren im Unklaren gelassen worden: Es handelt sich nur um eine Simulation – eine Simulation unter realen Bedingungen allerdings.

Sechs Menschen und einige Dummys warten im Obergeschoss des Würfelbaus auf ihre Rettung. Das Gebäude an der Köschinger Grundschule wird abgerissen. „Deshalb sind wir auf die Idee gekommen, die Gelegenheit zu nutzen, um einen Einsatz unter realen Bedingungen zu proben“, wie Bürgermeister Ralf Sitzmann (UW) erklärt.

Zerbrochene Fensterscheiben und überflutete Zimmer spielen keine Rolle. „Wir als Gemeinde sind sehr stolz auf unsere Feuerwehr. Sie ist stets gefordert. Deshalb sind wir auch immer dahinter, dass sie für den Einsatz gerüstet ist“, betont Sitzmann. Erst am Morgen desselben Tages war die Feuerwehr zum Einsatz ausgerückt – zu einem echten.

Trotz Hitze wird die Übung ernst genommen

Bei der Übung nehmen die Einsatzkräfte ihre Aufgabe ebenfalls ernst – auch bei schwülen 35 Grad. Vor dem Würfelbau ist mittlerweile ein Feuerwehrfahrzeug vorgefahren. „Obere Fenster anleitern, Personen retten!“ kommandiert Einsatzleiter Peter Markowski. Die Drehleiter wird ausgefahren; im Rettungskorb blickt ein Feuerwehrmann dem geöffneten Fenster entgegen. Oben angekommen erscheint eine Frau. Der Feuerwehrmann hilft ihr in den Rettungskorb. „Hallo, noch wer da?“ Keine Antwort. Die Drehleiter wird wieder eingefahren. Die erste Person ist gerettet. „Wir fahren noch mal rauf, da war vorher noch eine zweite Person“, bestimmt der Mann am Steuer. Die Drehleiter wird wieder ausgefahren.

Zur gleichen Zeit laufen im ersten Stock die Einsatzkräfte mit Masken umher, auf den Rücken haben sie eine Atemluftflasche geschnürt. Der Boden ist mit Glasscherben übersät. Überall piept es, aus den Schläuchen am Boden spritzt Wasser. Der Flur ist schon leicht überflutet. Die Szene wirkt wie aus einem Hollywoodfilm. Sie ereignet sich aber in Kösching. Dort, wo einst Schüler entlang gestürmt sind, wenn der Schulgong ertönt ist. Jetzt ist von Kindern keine Spur; ohne Atemschutz geht hier keiner rein.

Am Ende des Flurs schlägt ein Feuerwehrler mit der Axt gegen eine Klassenzimmertür. Immer wieder. Stück für Stück bricht er ein Loch aus der Tür heraus, bis er schließlich hindurchrobben kann. Er hält die Taschenlampe hoch und schleicht durch den Raum. Niemand da.

Suche nach Personen in jedem Raum

Raum für Raum wird durchsucht, Person für Person gerettet. Ein Lüfter im Erdgeschoss bläst den Rauch nach draußen. Aus den Fenstern im ersten Stock dringt zwar immer noch leichter Dampf ins Freie, die Aula ist aber wieder rauchfrei. Der Gruppenführer für den Innenangriff, Daniel Krauser, drückt eine Taste auf seinem Funkgerät und ordnet an: „Personen über den jetzt entrauchten Gang nach unten bringen.“

Er dreht sich um und gibt einem Kollegen die nächste Anweisung: „Du nimmst die Personen, die jetzt nach unten kommen, entgegen.“ Kurze Zeit später bringen zwei Feuerwehrleute eine Person und übergeben sie an einen anderen Trupp. Die Person ist hier ein Dummy. Beim nächsten Mal kann es aber ein fünfjähriger Bub oder eine 80-jährige Oma sein.

Alle 21 Einsatzkräfte haben perfekt agiert

Nach einer guten halben Stunde sind alle Opfer gerettet. Die Übung ist vorbei. Auf dem Pausenhof versammelt sich die Einsatzgruppe. „Alle, die heute mitgemacht haben, haben sehr gut gearbeitet. Allergrößten Respekt an die, die mitgezogen haben bei der Hitze“, bilanziert Einsatzleiter Markowski. Nach drei Minuten sei der erste Dummy schon gerettet gewesen. Er selbst wurde erst zwei Tage vorher über den Übungseinsatz informiert, den Nico Binder und Peter Hoffmann organisiert haben. Die 21 Einsatzkräfte übrigens waren erst im Bilde, als sie alarmiert wurden. Wenn der nächste richtige Einsatz kommt, wird gar keiner vorher Bescheid wissen.