Für die Trainer ist es jedes Jahr dasselbe vor einer neuen Saison der Deutschen Eishockey-Liga (DEL): Sie stehen vor einer Aufgabe, die so knifflig ist wie ein vielteiliges Puzzle, wie Rubiks Zauberwürfel oder ein Zahlenschloss mit unbekanntem Code.
Der Schwierigkeitsgrad steigt mit der Zahl der Neuzugänge, und Verletzungen, Spielpausen oder Formkrisen machen praktisch ständig neue Lösungen erforderlich. Die Aufgabe lautet: Wer passt am besten zu wem?
Gäuboden-Cup-Finale gegen Nürnberg
Mark French und seinen Assistenten geht es beim ERC Ingolstadt nicht anders: Sie drehen, wenden und probieren so lange, bis sie ihre zwölf Neuzugänge und 14 etablierten Profis zu harmonischen, erfolgversprechenden Verteidiger-Duos und Sturm-Trios kombiniert haben. Dieser Prozess läuft seit Anfang August, und zumindest eine Angriffsreihe scheint sich schon gefunden zu haben: Wayne Simpson, Kenny Agostino und Myles Powell durften – abgesehen von verordneten Belastungspausen − in allen vier bisherigen Testpartien gemeinsam ran und überzeugten mit starker Frühform und guten Spielzügen.
„Wir haben die drei in der zweiten Trainingswoche zusammengestellt und es so gelassen, weil sie sich zu verstehen scheinen“, berichtet French. „Beim 3:1 gegen die Straubing Tigers hat es ebenfalls geklappt, deswegen bleibt es vorerst dabei.“ Also auch im Finale des Gäuboden-Cups gegen die Nürnberg Ice Tigers an diesem Samstag (14.30 Uhr) im Straubinger Eisstadion.
Simpson-Powell-Agostino – das funktioniert
Der kanadische Center Powell, der vom schwedischen Zweitligisten Björklöven zum ERC kam, fungiert dabei als Spielmacher zwischen den US-Flügelstürmern Simpson und Agostino, Letzterer ebenfalls ein Neuzugang von der Düsseldorfer EG. „Es ist einfach, mit zwei solch starken, intelligenten Profis zu spielen.Wir können einander lesen, wir besprechen unser Spiel und versuchen, am selben Strang zu ziehen“, lobt Powell seine Partner.
„Er ist ein feuriger Rothaariger mit ordentlich Mumm“, so beschrieb einst sein Jugendtrainer den spindeldürren Teenager mit Interesse an Mathematik und Naturwissenschaften. „Das kommt hin“, sagt der heute 30 Jahre alte Powell lachend. „Als kleinerer Spieler (1,75 Meter, d. Red.) muss man sich reinhauen und beweisen.“
Ein Punkt pro Spiel in Schwedens zweiter Liga
Das gelang: Von seiner Heimat auf Vancouver Island führte Powells Weg über ein Finanzwissenschaftsstudium am Rochester Institute of Technology in den USA – wo er drei Jahre mit Neu-Panther Abbott Girduckis im Universitätsteam zusammenspielte und zeitweise als Kapitän fungierte – ins Profi-Eishockey. In der drittklassigen nordamerikanischen ECHL und dann im schwedischen Unterhaus war der Rechtsschütze, der NHL-Superstar Sidney Crosby von den Pittsburgh Penguins bewundert, für einen Scorerpunkt pro Partie gut. „Ich bin ein Spielmacher, versuche aber auch, defensiv verantwortungsvoll zu agieren“, sagt Powell.
Beim 5:1-Sieg gegen den EHC Olten während des Trainingslagers in Südtirol traf er erstmals im Ingolstädter Trikot. Aussagekräftiger war aus ERC-Sicht allerdings der Erfolg gegen die Tigers, den bislang stärksten Gegner der Vorbereitung. „Aus Niederlagen kann man sicher viel lernen, aber Siege geben einem natürlich ein gutes Gefühl“, sagt Powell. „Vor allem aber ist es gut, enge Spiele wie gegen Straubing für sich zu entscheiden. Sie haben am Ende noch mal gedrückt, doch wir haben gut dagegengehalten.“
Trainer French zeigt sich zufrieden
Durchaus zufrieden mit dem ersten Monat der Vorbereitung und dem Auftritt am Pulverturm zeigt sich auch French. „Wir haben ein Powerplay-Tor zum 2:1-Anschluss kassiert, und ziemlich schnell danach mussten wir erneut eine Unterzahlsituation überstehen. Das haben wir geschafft. Aus solchen Situationen kann man viel mitnehmen“, analysiert der Trainer. „Aber natürlich gibt es noch viel zu tun und zu verbessern.“
In den verbleibenden drei Testspielen bis zum Saisonstart am 19. September in Augsburg wolle man nun „weniger rotieren, um uns besser einzuspielen. Mal lassen wir ein Pärchen zusammen, mal eine ganze Reihe“, sagt French. Zumindest über Powell, Agostino und Simpson muss er sich aktuell nicht den Kopf zerbrechen.
• Gäuboden-Cup: Nach 2011 und 2017 kann der ERC Ingolstadt an diesem Samstag zum dritten Mal den Gäuboden-Cup gewinnen. Im Finale der 15. Auflage des Vorbereitungsturniers treffen die Panther, die Gastgeber Straubing am Donnerstag mit 3:1 bezwangen, auf die Nürnberg Ice Tigers. Das Team des neuen Trainer Mitch O’Keefe hatte mit einem 3:2 gegen Mountfield HK aus Tschechien den Einzug ins Endspiel geschafft. „Es ist immer etwas Besonderes, gegen sein altes Team zu spielen“, sagt ERC-Stürmer Daniel Schmölz, der nach vier Jahren in Franken auf die Schanz gewechselt ist. „Aber sobald der Puck fällt, ist es ein Spiel wie jedes andere auch.“ Im Ingolstädter Tor kommt Devin Williams zum Einsatz.
• Olympia-Qualifikation: Charles Bertrand darf weiter auf die Olympia-Teilnahme 2026 hoffen. Mit der französischen Nationalmannschaft gewann der ERC-Stürmer die ersten beiden Partien des Qualifikationsturniers in Riga gegen die Ukraine (7:2, ein Bertrand-Treffer) und Slowenien (5:1, ein Bertrand-Assist). An diesem Sonntag (16 Uhr) kommt es zum entscheidenden Duell um das Olympia-Ticket gegen Gastgeber Lettland. Keine Chance mehr auf eine Dienstreise zu den Spielen nach Mailand haben dagegen Panther-Verteidiger Sam Ruopp und Großbritannien: Der 1:3-Niederlage gegen Dänemark in Aalborg folgte ein 2:6 gegen Norwegen (eine Ruopp-Vorlage).
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