stadtgeflüster
Wenn's im Radio knattert und kracht

29.12.2019 | Stand 02.12.2020, 12:18 Uhr

Die Begriffe Stimme und Stimmung sind nicht von ungefähr vom selben Wortstamm.

Welche Mannschaft würde schon bei einem 0:5-Rückstand voller Vertrauen auf den Fußballgott und die eigenen Fähigkeiten einem Spielführer folgen, der nur mit zitteriger Fistelstimme zum Sturmlauf auf den gegnerischen Strafraum aufrufen kann. Nein, da muss schon mit deutlich kräftigerem Organ dirigiert und angetrieben werden. Wer jemals bei Wind und Wetter einem Kampf um Punkte auf einem Kreisliga-Ascheplatz beigewohnt hat, wird wissen, wovon hier die Rede ist.

Nun ist nicht jeder Mann (und es soll hier wirklich nur von Männern die Rede sein) in der Lage, im tiefsten Bass zu resonieren, wie uns schon vor vielen Jahren ein etwas unglücklich startendes Telefonat mit einem höheren Verwaltungsbeamten (nicht aus dieser Region) gelehrt hat. Wir hatten den uns zuvor unbekannten Herrn Kreisrechtsdirektor aufgrund seiner hohen Stimmlage (Sopran? ) am Fernsprecher für dessen Sekretärin gehalten und entsprechend angeredet - ist lange her, Schwamm drüber!

Wir erinnern uns nur gerade an diese Begebenheit, weil wir in den Tagen vor Silvester in den Werbeblöcken kurz vor der vollen Stunde im Radio immer recht martialische Hinweise auf allerlei Feuerwerksangebote hören. Da wird mit Reibeisenstimmen auf Abschussbatterien und Superknaller aus Discount- oder Baumärkten verwiesen, dass es nur so knattert und kracht. Stimmig!

Irgendwie dumm nur, dass sonst das ganze Jahr über mit denselben Stimmen für Sonderangebote geworben wird, zu denen jener kernige Grundton nicht so recht passen mag. Mal ehrlich: Wer ein Organ hat, das einem Synchronsprecher von John Wayne oder Bruce Willis gehören könnte, damit aber für Tütensuppen, Erdbeerjoghurt oder Flüssigseife werben muss, der kann langfristig eigentlich nur schwermütig werden. Oder sich wünschen, dass alle Tage Silvester wäre. Aber Kracher sind aus diesem Anlass ja auch nicht mehr überall erlaubt.

hl