stadtgeflüster
Was wird denn hier gebaut?

27.01.2019 | Stand 02.12.2020, 14:45 Uhr

(ada) Es wird ja derzeit überall gebaut, dass es eine wahre Pracht ist.

Landauf, landab sprießen die Neubauten nur so wie Pilze aus dem Boden. So gut wie jedes Dorf hat heute schon sein eigenes Gewebegebiet, das meist weit größer ist als der alte Ortskern. Dort finden sich dann gern riesige Supermärkte mit Dingen, so schön wie es sie früher nur im Delikatessengeschäft in der Großstadt gab. Und überall gibt es Neubaugebiete. Dazu gibt es Straßen. Schöne breite Straßen. Denn man muss ja auch schnell zu den schönen neuen Häusern, Geschäften und Gewerbebetrieben hinkommen.

Natürlich wird auch in den Städten überall kräftig gebaut. "In die Höhe", so heißt hier die Losung. Denn Baugrund ist knapp und wird immer teurer. Wer durchs Land fährt und in Städte kommt, die er einige Jahre nicht besucht hat, der staunt. Allerorten werden zuerst riesige Löcher gegraben, jedes neue Haus braucht heute seine Tiefgarage. Und überall stehen Bautafeln. "Hier baut der Freistaat Bayern" oder: "Hier baut die Landeshauptstadt München", steht dann dort beispielsweise mit Stolz geschrieben. Und auch private Investoren stehen dem nicht nach.

So erfährt auch der flüchtige Besucher, was an dieser Stelle dereinst Großes entstehen soll. Zu sehen ist dann meist ein mehr oder minder beeindruckendes Bild des geplanten Objekts in einer idealisierten Darstellung mit viel blauem Himmel und weißen Wölkchen. Wo der Entwurf des Architekten Schwächen hat, wird das gern mit ein paar großzügig hingetupften Bäumen kaschiert, die so später nie gepflanzt werden. Dazu laufen meist noch ein paar schöne, gut gekleidete und glücklich strahlende Menschen durch das Bild oder fahren in schicken Autos in die neuen Tiefgaragen.

Neben den Namen des Bauherrn und des Entwurfsverfassers sind in der Regel noch die beteiligten Fachbüros von Tragwerksplanung bis Klimatechnik aufgeführt. Natürlich dürfen auch die diversen Baufirmen und der geplante Fertigstellungstermin des Objekts nicht fehlen. Wenn die öffentliche Hand als Bauherr mit ihren Segnungen prunken will, wird dem Besucher auch noch die Bausumme und die Höhe der eventuellen Förderung durch die EU oder die Regierung verraten. Doch hier ist man inzwischen vorsichtig geworden, kommt doch heutzutage kaum noch ein Projekt mit den zunächst geplanten Mitteln aus. Dabei ist allen diesen bunten Bautafeln eines gemein: Der Bauherr zeigt voller Stolz und Selbstbewusstsein, was hier entsteht.

In Ingolstadt gibt es in zentraler Lage direkt neben dem ehrwürdigen Herzogsschloss auch so ein Riesenloch. Auch hier wird offenbar Großes gebaut. Ein Millionenprojekt. Und so lange wie das schon dauert, muss es wohl etwas ganz Besonderes sein, vermuten auswärtige Besucher dann. Eine Bautafel sucht man hier allerdings vergeblich. Vielleicht ist man nach all den Querelen ja nicht mehr so richtig stolz auf das, was da entsteht?