stadtgeflüster
Lustbarkeitsabgabe oder die 6. Reihe?

10.10.2018 | Stand 02.12.2020, 15:29 Uhr

(peh) Deutsche Zündwaren-Monopolgesellschaft.

Wer dieses Wortungetüm kennt, der ist in der Zeit aufgewachsen, als die neuen Bundesländer noch Ostzone genannt wurden und das Telefon eine Scheibe hatte. Zum Wählen. Aber der jüngeren Generation zu erklären, was das genau war, würde den Rahmen dieses Geflüsters sprengen. Bleiben wir deshalb bei der Deutschen Zündwaren-Monopolgesellschaft. Die wurde in der Weimarer Republik gegründet, weil das Deutsche Reich pleite war. Also erhielt der schwedische Industrielle Ivar Kreuger das Monopol für Zündhölzer in Deutschland - und die Reichsregierung einen Haufen Geld, das sie bis 1983 (so lange lief das Monopol! ) zurückgezahlt hat.

Man sieht: Wenn die Not am größten ist, nimmt auch der Erfindungsreichtum der Mächtigen ungeahnte Ausmaße an, um an Geld zu kommen. Beispiele hierfür lassen sich in der Geschichte genügend finden: Die Urinsteuer Kaiser Vespasians, der Ablasshandel der Päpste, der Verkauf von Ämtern im Absolutismus, die Bartsteuer Peters des Großen, das Henkersgeld oder die Dummensteuer.

Auch einzelne Städte haben interessante Wege gefunden, um ihre Kassen aufzubessern. Genannt sei hier die Luftsteuer in Fürth, das Standgeld für Prostituierte in Bonn oder das legendäre Goldfastengeld zu Weismain und Geutenreuth. Jetzt hat auch die Stadt Ingolstadt eine Möglichkeit entdeckt, ihren Säckel aufzubessern. Genauer gesagt ist die findige städtische Veranstaltungs-GmbH darauf gekommen. Sie verkauft Sitzplätze im Festsaal, die es gar nicht gibt.

Draufgekommen sind wir über das Jan-Garbarek-Konzert im Rahmen der Jazztage. Im Bestuhlungsplan des Festsaals entdeckten wir am Rang hinten eine 6. Sitzreihe im Verkauf. Da, wo noch nie Plätze für Zuschauer waren, taten sich elf weitere Sitze auf. Noch spannender war indes die Preisgestaltung für die allerletzte Reihe. Denn diese hintersten Plätze kosteten genau so viel wie die der Kategorie 1 und damit stolze 17 Euro mehr wie die besseren Plätze unmittelbar davor!

Nichts gegen ungewöhnliche Finanzierungsmodelle. Doch das war selbst der Veranstaltungs-GmbH zu gach, weshalb sie besagte 6. Reihe aus dem Verkauf herausnahm. Wenn freilich die Stadt unbedingt Geld braucht, empfehlen wir einen generellen Zuschlag auf alle Veranstaltungen, was die gleichnamige städtische GmbH ja selbst erledigen könnte. In Österreich gibt es das übrigens schon. Dort heißt das charmant Lustbarkeitsabgabe.