stadtgeflüster
Migräne am Arbeitsplatz

19.07.2018 | Stand 02.12.2020, 16:02 Uhr

(tsk) "Tut mir leid, mir geht's nicht gut, ich habe Migräne", erzählte uns gestern eine Dame in der Pressestelle eines Münchener Ministeriums, dessen genaue Zuständigkeit wir an dieser Stelle aus Datenschutzgründen nicht verraten wollen.

Sie war hörbar nicht auf der Höhe ("Aus Donauwörth sind Sie, sagten Sie, richtig? - "Nein, wie gesagt, aus Ingolstadt, vom DONAUKURIER") - und gab uns schließlich eine entwaffnend ehrliche Begründung dafür.

So ein Verhalten sollten wir uns zum Vorbild nehmen. Statt "Tut mir leid, der Herr Müller ist gerade auf einem wichtigen Termin", sollten wir ausrichten lassen: "Tut mir leid, aber Sie rufen auch in meiner Mittagspause an, und der Herr Müller war klüger als ich, denn er hat sich Punkt zwölf in seinen Lieblingsbiergarten aufgemacht, aus dem er möglicherweise heute Nachmittag irgendwann wieder zurück sein wird. " Statt "Da sind wir dran" müssten wir sagen "Gott, worum ging's da noch mal? Ach das! Das haben wir gleich schon wieder erneut vergessen. Ist eh ein Schmarrn". Statt "Wir wünschen dir eine schöne Elternzeit! " sollten wir sagen: "Na, toll. Der liebe Herr Kollege legt jetzt also einen Monat lang seine Füße hoch, während wir hier doppelt und dreifach schuften müssen. Danach kommt er wieder, faselt was davon, dass man jetzt auf einmal einen ganz anderen Blick aufs Leben habe und sich die Prioritäten verschoben hätten - und dann fällt er im Wochentakt aus, weil sein Kind Masern, Schnupfen, Mumps oder was auch immer hat. Schönen Dank auch! Bleib doch gleich für immer weg! ". Und statt "Heute schreibe ich mal wieder ein Stadtgeflüster" sollten wir sagen "Eigentlich wäre ich heute bei dem schönen Wetter gerne mal früher nach Hause gegangen, ich glaube, die Rubrik bleibt heute einfach mal leer, wenn keiner von euch was hat". Aber vielleicht ist die Welt dafür noch nicht bereit. Und was würden wir schon zu Hause machen? Wir verspüren eh schon einen leichten Anflug von Migräne.