stadtgeflüster
Küss' die Hand, Herr Administrator

11.07.2018 | Stand 02.12.2020, 16:05 Uhr

(sic) Gerhard Schröder, geboren 1944, Bundeskanzler von 1998 bis 2005, kokettierte immer damit, in seinem Büro keinen Computer zu nutzen; und auch sonst nicht.

"So was brauchste nich' als Kanzler", erzählte er gerne breit grinsend. Logo. Der Gerd halt. Er hat es geschafft, die Demontage des Sozialstaats und damit den Niedergang der SPD auch ohne Windows 95 zu initialisieren.

Es ist aber schade, dass Schröder heute nicht twittert. Würde er es tun, kämen gewiss drollige Botschaft heraus wie: #lovedictator "Tach Wladimir! Lass dich von der Linkspresse nicht ärgern, die Meinungsfreiheit wird überschätzt! " Oder so etwas: #lovedictator "Merhaba, Recep, alte Dönerbude! Weißte was? Ich hätte diese nervenden Journalisten am liebsten auch alle einsperren lassen so wie Du! - Spaß! :))Gerd. " Und so einen Tweet würden wir dem Altbundeskanzler auch zutrauen: #amigohome: "Hi Don! Kommste mal nach Hannover? Dann drehen wir eine flotte Runde auf meiner neuen Harley! Wir zwei echten Männer. Ne. Spaß! Is nur eine Ducati - :)) By, Gerd. "

Sepp Mißlbeck, dritter Bürgermeister von Ingolstadt und wie Schröder Jahrgang 1944, würde so was nie schreiben! Er twittert gar nicht. Mißlbeck spricht lieber Herzen an als Soziale Netzwerke. Donald Trump würde twittern: "Seppi's a real good old fashioned charming boy. Wonderful! "

Am vergangenen Samstag trat "Charming Sepp", wie Mißlbeck von Achim Werner vorgestellt wurde, auf dem Sommerfest des VdK wieder sonnig in Aktion. Er war vom Ehrengast, VdK-Präsidentin Verena Bentele, so begeistert, dass er ihr nicht nur einen Enzian schenkte, sondern auch (wie berichtet) zwei Wangenbussis. Der DK-Reporter versuchte, auf einer Bierbank balancierend diesen schönen Augenblick festzuhalten, aber die Fotos wurden leider unscharf; Mißlbeck küsste einfach zu schnell.

Eine Aufnahme, die einigermaßen was geworden ist (Foto), schickte der Reporter als Erinnerung an Mißlbecks dienstliche E-Mail-Adresse. Der Bürgermeister rief gleich zurück und bedankte sich. Im Gespräch verriet er dann, dass ihm sein Büro die Mail samt Foto netterweise ausgedruckt und vorgelegt habe.

Ausgedruckt? Vorgelegt? Eine E-Mail? Hat er etwa keinen PC? Da grummelte Mißlbeck was von "Verlegenheit" und "bringen", um ganz schnell das Thema zu wechseln: "Die Frau Bentele! "

Wir halten also fest: Der dritte Bürgermeister der künftigen Smart-Boomtown Ingolstadt 4.0 nutzt keinen Computer. Die Ehrentitel "Chief Digital Officer der Schanz" oder wenigstens "Systemadministrator der Herzen" bekommt Mißlbeck vermutlich nicht mehr verliehen. Aber dafür bleibter für uns immer der Charming Sepp. Foto: Silvester