stadtgeflüster
Zum Trost einen Schland-Burger?

01.07.2018 | Stand 23.09.2023, 3:36 Uhr

(rl) Deutschlands Sommermärchen.

Jubelnde Fans auf den Fanmeilen strahlen mit der Sonne um die Wette. Fanshirts, schwarz-rot-goldene Schals, Girlanden, Armbänder und Schminkfarbe sind ausverkauft. Zwischen den Spielen, in denen Deutschland mit hundertprozentigem Siegeswillen auf dem heiligen russischen Rasen aufläuft, genehmigen wir uns in einem Schnellrestaurant - leider nicht mehr in der Altstadt - einen Deutschland-Burger. Das Leben ist schön. Oder besser gesagt, es könnte so schön sein. . .

Doch seit vergangenem Mittwoch ist der Traum von der Weltmeisterschafts-Titelverteidigung ausgeträumt. Aus! Vorbei! Schluss! Ende! Amen!

Dass sich Jogis Männer und der Bundestrainer selbst an Häme einiges anhören mussten, verwundert nicht wirklich. Dass das nix war, haben selbst bekennende Nicht-Fußballfans mitbekommen. "Ab Montag bei Lidl, Aldi und Co", steht auf einem über Facebook und WhatsApp vielfach verbreiteten vermeintlichen Sonderangebot, nach dem das offizielle Trikot von 99,95 Euro auf 2,75 Euro reduziert sei. Die Pointe steht unten in Klammern: "11x25 Cent Flaschenpfand. " O. k. Das haben die Jungs trotz allem nicht verdient.

Ein Gang durch die Fußgängerzone zeigt selbstredend, dass der Gag gar nicht so weit hergeholt ist. "Fanartikel reduziert", heißt es nicht nur bei der Galeria Kaufhof. Wer will schon das Deutschland-Trikot der Fußball-WM 2018, jetzt, wo "Schland" raus ist, es sich im wahrsten Sinne "ausgeschlandet" hat?

Doch auch die neutraleren Fanartikel wie Deutschandschals, die berühmten kleinen Flaggen, die 2014 aus gefühlt jedem zweiten Autofenster wehten, schwarz-rot-goldene Mäntelchen für die Außenspiegel oder das Fanarmband sind jetzt billig zu haben. Man könnte sich ja schon mal für die EM in zwei Jahren eindecken - sollte man noch an den deutschen Fußball glauben.

Die Werbebranche lässt sich vom vorzeitigen Aus unserer Mannschaft ja auch kaum beeindrucken. Aus dem Radio plärrt regelmäßig die Werbung eines allseits bekannten Schnellrestaurants für den "Deutschland-Burger". Beim Endspiel ohne deutscher Beteiligung schmeckt der ja als Trost vielleicht ganz gut.

Ruth Stückle