stadtgeflüster
Endlich sagt es mal jemand

17.06.2018 | Stand 02.12.2020, 16:13 Uhr

(reh) "Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen.

D'rum nahm ich meinen Stock und Hut. Und tät das Reisen wählen. " Mit dieser Einleitung von Matthias Claudius' Gedicht über den Weg des Herrn Urian um die Welt sind schon viele Texte eröffnet worden. Aber dieser hier hat es besonders verdient. Denn freilich war das Reisen zur Zeit des Dichters (1740-1815) noch eine ganz andere Sache als heute - den Reichen und Gebildeten vorbehalten und ein Ereignis. Überall zum Beispiel, wo Kollege Goethe sein Haupt auch nur für eine Nacht niederlegte, einen offenen Deckel hatte oder mal ein Hallöchen in die Runde warf auf seinen Trips durch die Lande, haben die verzückten Bewohner zur Erinnerung gleich eine Tafel angebracht. "Goethe was here! " Heute kritzeln das Teenager mit ihrem Namen überall hin, damals gab es das gleich aus Messing.

Und so könnte schon bald in einer jungen Großstadt an der Donau in Bayern eine Gedenktafel an einen wahrlich denkwürdigen Besuch von weitgereisten Damen und Herren an prominenter Stelle angebracht werden. Denn sie haben nach ihrer Reise durch den Süden des Freistaats richtig viel zu erzählen gehabt, wie einem fränkischen Heimatblatt zu entnehmen ist: über die Landeshauptstadt München, das Schloss Nymphenburg, den Landtag und viele andere Orte an der Isar. Doch über Ingolstadt, diese verkannte Blüte des bayerischen Landstrichs, vermeldete der CSU-Ortsverband Untermerzbach nach einem kurzen Zwischenstopp hier inklusive Stadtführung: "Die Erkenntnis draus: Ingolstadt ist mehr als eine Öl- und Autoindustriestadt. "

Großartig! Endlich sagt es mal jemand. Aus Unterfranken wird diese Kunde nun um die Welt gehen. Sie könnte kaum aus berufenerem Munde stammen. Immerhin zählt die 1700-Seelen-Gemeinde nördlich von Bamberg drei prächtige Schlösser. Eine Messingplatte ist sicherlich schon in Arbeit, um auf ewig festzuhalten, was jeder in Ingolstadt wissen sollte: "Untermerzbach was here! "