Vor der Ingolstädter Intendanten-Wahl
Schauspieler sollen besseren Kündigungsschutz erhalten, fordert die Bühnengenossenschaft

17.03.2023 | Stand 17.09.2023, 0:51 Uhr

Die Schauspielerin Lisa Jopt ist seit 2021 Präsidentin der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger. Foto: Hegenberg

Noch bis 2024 ist Intendant Knut Weber im Amt. Eine Findungskommission befasst sich aktuell damit, wer das Stadttheater Ingolstadt danach leiten soll. Ein Grund für den Landesverband der Bühnengenossenschaft (GDBA), sein Treffen erstmals in Ingolstadt abzuhalten.

Am Freitag versammelten sich Delegierte der bayerischen Theater in der VHS und diskutierten drängende Probleme der Branche. Michael Amelung, Schauspieler am Jungen Theater Ingolstadt, war als Vorsitzender des GDBA-Lokalverbands Ingolstadt, mit dabei. Die GDBA-Präsidentin Lisa Jopt wurde per Zoom zugeschaltet.

Frau Jopt, warum hat man sich für Ingolstadt entschieden?
Lisa Jopt: Wir sind in Landesverbände aufgeteilt. Einmal im Jahr bestimmt der Landesverbandsvorsitzende, wo man sich trifft. In diesem Fall hat Erik Völker Ingolstadt ausgewählt, weil demnächst ein Wechsel in der Intendanz stattfindet. Das ist eine gute Gelegenheit, darauf aufmerksam zu machen, dass man bei einem Intendantenwechsel das Bühnenpersonal mit Normalvertrag (NV) nicht einfach rausschmeißen muss.

Wovor haben die Leute Angst?
Jopt: Laut diesem Tarifvertrag, der für die künstlerisch Beschäftigen an den Stadt-, Landes- und Staatstheatern gilt, gibt es die Möglichkeit, bei Intendantenwechseln die Verträge der Leute einfach nicht zu verlängern. Dafür müssen keine künstlerischen Gründe angegeben werden. Die neue Führungskraft kann einfach ein eigenes Team mitbringen. Das ist eine tarifliche Fehlstellung, die wir zukünftig beheben müssen. Es geht nicht an, dass eine neue Theaterleitung, die in eine Stadt kommt und selber mit einem Fünf-Jahres-Vertrag ausgestattet ist, einfach Leute rausschmeißen kann, die dort lange für die Identifikation mit dem Haus und das Gelingen des Theaters gearbeitet haben. Das halten wir für total gestrig.

Gibt es dafür ein Reformpapier?
Jopt: Es ist in der Entwicklung. Wir sind gerade dabei, die Gewerkschaft komplett neu aufzustellen. Und dazu gehört eine umfassende NV-Bühne-Reform-Agenda. Wir konnten bereits beim Thema Bezahlung einen großen Erfolg erzielen. Wir haben über 35 Prozent Gagensteigerung im unteren Bereich bewirkt. Das ist ein historischer Etappensieg. Jetzt behandeln wir das Thema Arbeitszeit und Bezahlung. Und als nächstes werden die Themen Nicht-Verlängerungs-Reform und die Rechte der Freischaffenden drankommen.

Können Sie das konkretisieren?
Jopt: Es wird unter anderem um Abfindungen gehen. Wenn Theaterschaffende auf Zeit angestellt sind, bereit sind, mit Kind und Kegel in eine Stadt zu ziehen und für die Familie immer wieder neu ein soziales Umfeld zu schaffen, muss dieses Lebensrisiko finanziell bedacht werden. Abfindungen wären da nur fair. So eine Nichtverlängerung muss auch der anderen Seite wehtun. Damit sie nicht leichtfertig über Leben und sozialen Status von Menschen entscheidet. Ich denke, dass wir da nächstes Jahr mit Ergebnissen rechnen können. Für Ingolstadt kommt das zu spät. Trotzdem setzt sich die Bühnengewerkschaft dafür ein, dass 90 Prozent der künstlerisch Beschäftigen von der neuen Intendanz übernommen werden.

Wie ist denn der Stellenwert des Theaters? Hat es an Bedeutung verloren? Wie wichtig ist Theater heute?
Jopt: Es wird immer wichtiger. Durch Corona haben alle gemerkt, wie schmerzhaft es ist, wenn Kultur nicht stattfindet. Dann haben wir lange gebraucht, bis das Publikum wieder zurückgefunden hat. Aber jetzt werden die Theater wieder voll. Und diese Lust auf Begegnung und diese Faszination, die wir seit der Antike für die Darstellung auf der Bühne haben, wird niemals sterben.

DK

Die Fragen stellte Anja Witzke.