"In die Kälte stell’ ich mich nicht"

26.10.2007 | Stand 03.12.2020, 6:23 Uhr

Die letzten Zigaretten glimmen bei Georgios Ntontis auf dem Tresen. Er freut sich bereits über die kommende Gleichbehandlung aller Gastronomen in Ingolstadt. - Foto: Stadik

Ingolstadt (DK) Mit Verständnis reagieren viele Ingolstädter Gäste und Wirte auf das strikte Rauchverbot in Gaststätten und Festzelten. Allerdings zeichnen sich auch Probleme ab: Wo wird zum Beispiel bei den Faschingsbällen im Stadttheater geraucht

Gregor Treittinger gehört zu den Pionieren unter den Ingolstädter Wirten. Bereits vor fünf Jahren eröffnete der Gastronom das Lokal "Hohe Schule" und stellte seinen Gästen einen eigenen Raucherraum zur Verfügung. Dieses Separee - erst vor wenigen Wochen renoviert – ist nach der CSU-Entscheidung für ein striktes Rauchverbot demnächst überflüssig. Ab 1. Januar darf bekanntlich keine Kippe mehr in der Kneipe qualmen. Ausnahmen sind nicht vorgesehen. Sigrid Mayr, die mit Treittinger in dem Lokal arbeitet, findet das Verbot grundsätzlich "ganz furchtbar" und möchte den Gästen lieber die freie Wahl lassen. Aber: "Wir haben keine Angst vor dem Rauchverbot, denn wir sind die Situation schon gewöhnt."

Ganz im Gegenteil komme das rauchfreie Angebot der "Hohen Schule" nach schwierigem Start heute gut an: Vor allem Eltern mit Kindern oder Berufstätige, die nach der Mittagspause nicht mit verrauchten Kleidern an den Arbeitsplatz zurück möchten, nutzten diesen Service, berichtet Sigrid Mayr. Dennoch: "Raucher sind geselliger und machen auch einen höheren Umsatz", meint die Gastronomin. Und sorgt sich um die Zukunft der geselligen Kultur: "Können wir bei solchen Restriktionen noch lustig Feste feiern" Kritisch hingegen betrachtet Albert Liebler, der mit seinen Freunden im Eingang der "Hohen Schule" raucht, das ausnahmslose Verbot. "Ich bin gegen Absolutismen", stellt der Ingolstädter fest. "Es hätte sicher einen Weg zu einem Kompromiss geben können." Liebler fordert Toleranz auch für die Raucher und erinnert daran, dass der Tabakanbau in Europa mit Milliarden Euro subventioniert wird. Eine "gewisse Doppelmoral" kritisiert auch Sophia Ntontis, die zusammen mit ihrem Bruder Georgios das Restaurant "Aphrodite" führt. "Die Politik bekämpft radikal die Auswirkungen, aber nicht die Wurzeln", bemängelt die Gastronomin. "Viel besser wäre es, die Jugendlichen in der Schule über das Rauchen aufzuklären." Sophia Ntontis räumt allerdings auch ein, dass das Rauchverbot die Gesundheit des Personals schont. Sie als Raucherin gehe an den Wochenenden, wenn ihr der Qualm zu viel werde, kurz auf die Straße. Ihr Bruder hingegen ist ein klarer Freund des Rauchverbots: "Jetzt gibt es kein Gezeter über eine ungleiche Behandlung."

"Die Raucher haben auch Freiheiten", hält Altstadtwirtin Nesrin Yilmaz ("Pater Noster") gegen. Die CSU-Stadträtin hatte bereits einen Umbau geplant und schon die Türen für ein Raucher-Separee bestellt. In Speiselokalen würde sie grundsätzlich das Qualmen verbieten, aber außerhalb dieser geschützten Bereiche sollte die Entscheidung den Gästen überlassen bleiben. Ihr Kollege und Nachbar Sigi Häusler hingegen ließ sich Zeit mit Umbauplänen. "Es war einfach nicht klar, welche Regelung auf uns zukommt", betont der Altstadtwirt. Sein Fazit: "Die fairste Lösung wäre es gewesen, wenn jeder für sich selbst hätte entscheiden können."

Bürgermeisterin Brigitte Fuchs liebt nach dem Mittagessen eine Tasse Espresso und eine Zigarette dazu. Sie sieht vor allem in den Altstadtbereichen mit hoher Kneipendichte Probleme voraus: "Wenn die Gäste zum Rauchen vor die Türe gehen, müssen wir mit mehr Lärm rechnen", befürchtet die CSU-Politikerin. Sie selbst würde sich keinesfalls in die Kälte stellen. "Das wäre mir zu blöd." Wie mit den Rauchern bei den kommenden Faschingsbällen umgegangen werden soll, ist ein weiteres Problem: "Vielleicht könnte man eine beheizte Bar vor das Theater aufstellen", schlägt Brigitte Fuchs vor.