In der Region kennt ihn fast jeder Autointeressierte: Roland Gumpert. Mit diesem Namen verbindet man Audi und Rallye, WM-Titel, eine Fahrerin und drei Fahrer, eine Beifahrerin und drei Beifahrer.
Gumpert, der am Dienstag 80 Jahre jung wird, hat in seiner Karriere vieles gemacht, stets mit Herzblut. Als er im Gespräch mit unserer Zeitung über die Rallye-Zeit spricht, beginnt er zu strahlen. Beim Thema Brennstoffzelle und Wasserstoff („mein Hobby im Ruhestand“) verfliegt das Strahlen.
Das Interview im Wortlaut:
Was war das Schönste in Ihrer Karriere?
Roland Gumpert: Der Sieg von Michèle Mouton und Fabrizia Pons 1981 in San Remo.
Weil?
Gumpert: Sie war die erste Frau, die einen WM-Lauf gewonnen hat. Für mich war sie der weibliche Michael Schumacher, sie fuhr in der absoluten Spitze mit den Männern mit.
Waren die vier WM-Titel nicht bedeutender?
Gumpert: Nein, die haben wir so mitgenommen, das war ob des überlegenen quattro-Konzepts fast normal.
Haben Sie noch Kontakt zu Ihren Fahrern?
Gumpert: Ja, unregelmäßig, regelmäßig, manchmal trifft man sich, ansonsten gibt es auch WhatsApp.
Hatten Sie als Sportchef einen Liebling?
Gumpert: Ja, ich habe mit Walter Röhrl sympathisiert. Er war sicher der Beste. Ich habe mit Michèle Mouton sympathisiert. Sie war so gut wie ein Mann. Ich habe mit Stig Blomqvist sympathisiert. Er ging um 4 Uhr aus der Bar und war ab 7 Uhr auf der Strecke meist der Schnellste. Ich habe mit Hannu Mikkola sympathisiert. Er war ein Gentleman, höflich und einsichtig.
Interessiert Sie der moderne Rallyesport noch?
Gumpert: Wenig. Es ist nicht mehr das Abenteuer, das es früher war. Damals waren wir mit zwölf Lkw unterwegs, hatten auf einer Rallye viele Servicepunkte. Heute reichen ein, zwei Lkw, weil es nur einen Servicepunkt gibt. Bei uns bedeutete Rallye: eine Woche ohne Schlaf. Zur Not haben wir im Stehen geschlafen. Eine Genugtuung für mich: Heute haben alle Rallye-Autos Allrad.
Zurück ins Heute: In Ihren Augen bedeuten Brennstoffzelle und Wasserstoff die Zukunft der mobilen Fortbewegung.
Gumpert: Ob mit Gumpert oder ohne: Diese Technik ist zu einem Großteil die Zukunft für den Straßenverkehr. Das macht mich so zufrieden.
Ein Zitat zur Ihrer Wasserstoff-Entwicklungs- und -Überzeugungs-Arbeit lautet ,Roland Gumpert hat es wieder geschafft, die Autoindustrie zu verblüffen’. Das muss Ihnen doch gefallen.
Gumpert: Es ist schön, nach sieben Jahren Kampf gegen Windmühlen. Ich gebe nicht auf, weil ich weiß, dass meine Technologie Erfolg haben wird. Bis eines Tages Radioaktivität oder Kernspaltung die Energiefrage ohne Abfall löst.
Wie funktioniert die Brennstoffzelle – einfach erklärt?
Gumpert: Stellen Sie sich vor, sie haben eine Batterie, die Energie für 100 Kilometer Autofahrt liefert. Und ein Notstromaggregat im Kofferraum, das die Batterie ständig mit Strom versorgt. Nun ersetzen Sie das Notstromaggregat – die chemischen Abläufe lassen wir mal außen vor – durch eine Brennstoffzelle, die den Wasserstoff erzeugt und so den Elektromotor mit Energie versorgt.
Sie sind nun 80. Wie schaut es aus mit Rente oder Ruhestand?
Gumpert: Ich bin im Ruhestand. Das Thema Wasserstoff ist mein Hobby. Das macht mir Spaß. Ganz nebenbei war ich mit meinen Töchtern heuer schon drei Wochen in Japan. Und wir haben nur das gemacht, was die Töchter wollten.
Haben Sie ein Lieblings-Auto?
Gumpert: Eines mit quattro-Antrieb. Und meine BMW mit Beiwagen. Mit Gespann bin ich immer wieder unterwegs.
Gibt es etwas, auf das Sie in ihrer Laufbahn gerne verzichtet hätten?
Gumpert: Ja, der Getriebewechsel im Mouton-Audi an der Elfenbeinküste 1982. Ohne ihn wäre Mouton wohl Weltmeisterin geworden.
Motorrad, Rallye, China, Wasserstoff
Roland Gumpert wurde am 10. Dezember 1944 im oberschlesischen Ziegenhals (heute Glucholazy) geboren, studierte Maschinenbau an der Technischen Universität Graz. Nach seinem Abschluss als Diplomingenieur arbeitete er ab 1969 als Versuchsingenieur in der Fahrzeugentwicklung bei Audi in Ingolstadt.
Ab 1972 war Gumpert als Erprobungsleiter und Typbegleiter für den Audi 50 tätig. 1974 wurde er Abteilungsleiter Vorentwicklung und Versuch. Zwischen 1975 und 1977 entwickelte er auf Bitte aus dem Vorstand für Audi ein Motorrad, die Z02, die vom zuständigen VW-Leiter jedoch abgelehnt wurde. Sie gehört zum Fundus von Audi Tradition.
Auch der zuschaltbare Vierrad-Antrieb des VW Iltis war eines seiner Projekte in dieser Zeit – mit einem erfolgreichen Einsatz bei der Rallye Paris-Dakar 1980 und den Plätzen 1 (Kottulinsky/Löffelmann), 2 (Zaniroli/Colesse), 4 (Ragnotti/Vaills) und 9 (Gumpert/Eder). 1977 übernahm Gumpert die Abteilung Versuch Fahrwerk und Aggregate, schließlich wurde er ab 1981 Leiter von Audi Sport. Hier wurde erkennbar, welches Potenzial Gumpert hatte, der sich auch nie zu schade war, sich selber unter das Rallye-Auto zu legen. Unter seiner Führung als Rennleiter gewann Audi 23 Rallye-WM-Läufe und vier Rallye-Weltmeistertitel – zwei Marken- (1982 und 1984) und zwei Fahrertitel (Hannu Mikkola 1983, Stig Blomqvist 1984). Zeitweise war Gumpert Beifahrer von Mikkola. Im Herbst 1981 gewann bei der Rallye San Remo mit Michèle Mouton zum ersten Mal in der Geschichte eine Frau einen WM-Lauf – im Audi quattro.
Ab 1986 war Gumpert Bereichsleiter für die Technische Entwicklung Übersee und ab 1992 für Vertrieb und Marketing Region Asien/Pazifik verantwortlich. Er wurde 1999 in den Vertriebs- und Marketingvorstand „VW-Audi Joint Venture China“ beordert. In dieser Zeit entdeckte er seine Liebe zu dem Land, organisierte Touren mit Beiwagen-Motorrädern zu besonderen Sehenswürdigkeiten in China.
Zusammen mit Roland Mayer, dem Eigentümer des Auto-Tuning-Spezialisten MTM in Wettstetten (Landkreis Eichstätt), entwickelte Gumpert den Supersportwagen Gumpert Apollo. Mit der Gründung der GMG Sportwagenmanufaktur in Altenburg im Jahr 2004 verließ Gumpert Audi. Ein Jahr später wurde die Manufaktur, deren Geschäftsführer er wurde, in Gumpert Sportwagenmanufaktur umbenannt. 2012 ging sie in die Insolvenz.
Von 2012 bis 2017 entwickelte Gumpert mit seiner Firma Gumpert Automobile GmbH mehrere Sportwagen (Explosion, Tornante) für thailändische und chinesische Kunden.
2017 kehrte er als CTO von Aiways (2017 in Schanghai gegründeter Elektroauto-Hersteller) und CEO von Gumpert Sport zurück. 2021 trennten sich die gemeinsamen Wege.
Als Entwickler des Methanol-Elektro-Sportwagens Nathalie zählt Gumpert zu den Pionieren und den größten Fürsprechern der Methanol-Brennstoffzellen-Technik in der Automobilindustrie. Sein Unternehmen nennt sich Gumpert Automobile GmbH mit Sitz in Ingolstadt.
Wer Gumperts kurzweilige Historie in allen Facetten nachlesen will, liest Gumperts Autobiografie „Ohne Limit. Vom Rallyeweltmeister zum Umweltvisionär“. Sie ist im Mitteldeutschen Verlag erschienen.
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