Stadttheater
Neuer Intendant für Ingolstadt: Oliver Brunner soll auf Knut Weber folgen

Der 53-Jährige ist derzeit Schauspieldirektor in Darmstadt und soll ab 2024 das Stadttheater Ingolstadt leiten

02.05.2023 | Stand 16.09.2023, 22:46 Uhr

Oliver Brunner stellte sich am Dienstag im Kulturausschuss vor. Der Stadtrat entscheidet am 16. Mai über die Personalie. Der Vertrag läuft über fünf Jahre. Foto: Benjamin Weber

Oliver Brunner soll der neue Intendant des Stadttheaters Ingolstadt werden. So lautet die Empfehlung der Findungskommission, die sich unter den 31 Bewerbern um die Nachfolge von Knut Weber für ihn ausgesprochen hat. Am Dienstagnachmittag stellte sich der 53-Jährige, der derzeit Schauspieldirektor am Staatstheater Darmstadt ist, im Kulturausschuss vor. Der Stadtrat wird über die Personalie am 16. Mai entscheiden. Die Laufzeit des Vertrags beträgt fünf Jahre.



Oliver Brunner wurde 1969 in Hannoversch Münden geboren, studierte in München Germanistik und schrieb seine Magisterarbeit über Thomas Bernhard. 1997 wurde er Regieassistent an den Münchner Kammerspielen und machte anschließend zehn Jahre mit Dieter Dorn am Bayerischen Staatsschauspiel Theater, davon fünf Jahre als Direktor in künstlerischer Leitung. Von 2011 bis 2016 war er am Theater Augsburg engagiert. Zunächst organisierte er die 30. Bayerischen Theatertage, später bildete er zusammen mit Maria Viktoria Linke das Künstlerische Leitungsduo Schauspiel. 2016 wechselte er nach Darmstadt. Trotzdem sagt er; „Ich bin mit Leib und Seele Wahl-Bayer.“ Seit 1991 lebt er im Freistaat, Erstwohnsitz ist Erding, wo er mit seiner Partnerin wohnt. „Ich mag die bayerische Lebenskultur und alles was dazugehört. Vor allem die bairische Sprache, die mit wenigen Worten ausdrückt, wozu ich als gebürtiger Südniedersachse doch mehr Worte brauche.“

Oliver Brunner kommt von einem Vierspartenhaus. Darmstadt liegt im Süden Hessens, hat etwa 160000 Einwohner (davon etwa 40000 Studenten der Technischen Universität). Ein wichtiger Arbeitgeber ist Merck. In Darmstadt befindet sich der Hauptsitz des internationalen Unternehmens und auch der größte Forschungs- und Produktionsstandort (Medikamente, Hightech-Chemikalien). Der SV Darmstadt 98 ist derzeit Tabellenführer in der Zweiten Bundesliga.

Zu Oliver Brunners künstlerischem Leitungsteam werden eine Chefdramaturgin und eine Oberspielleiterin gehören. Als Wunschkandidatinnen hierfür nennt er Sonja Walter und Mirja Biel. Da er „aus Überzeugung“ ein nicht-regieführender Intendant sein wird, setzt er auf Gastregisseure und -regisseurinnen, von denen man einige in Ingolstadt bereits kennt: Alexander Nerlich, Christoph Mehler oder zuletzt Julia Prechsl haben hier eindrucksvolle Arbeiten gezeigt. „Ich bin aber immer auf der Suche nach neuen theatralen Stimmen – auch im Grenzbereich von Musik, Tanz oder Digitalität. So vielfältig wie das Leben soll der Spielplan sein. Mich interessieren Gegensätzlichkeiten“, sagt er. Ein klares Bekenntnis gibt es zu Julia Mayr und ihrem Jungen Theater: „Ich habe ihre Arbeit in den vergangenen zehn Jahren interessiert verfolgt. Sie hat die Sparte erfolgreich aufgebaut.“ Vor allem aber freut sich Oliver Brunner auf die Zusammenarbeit mit den Schauspielern. „Es ist ein fantastisches Ensemble“, schwärmt er.

Sein Blick auf Theater? „Ich bin ein Vertreter der Vielfalt. Ich verstehe Theater als ein Angebot für Träume, Utopien, Teilhabe, Mut, Freundschaft und Verlässlichkeit. Theater muss ansprechbar sein, zuhören und sichtbar machen, muss eine diverse Stadtgesellschaft mitnehmen und in der Stadt Relevanz haben.“ Wichtig ist ihm die Öffnung des Theaters, der Dialog mit der Stadtgesellschaft, die Schaffung von Plattformen für unterschiedliche Arten der Begegnung. In Darmstadt hat er deshalb das Beteiligungsprojekt „Auftritt/Enter Darmstadt“ initiiert. Für Ingolstadt könnte er sich etwas Vergleichbares vorstellen – und ein spezielles Stadtprojekt in jeder Spielzeit. Darüber hinaus plant er die Gründung eines alternativen Theaterbeirats, „critical friends“ aus Vertretern von Interessengemeinschaften, Institutionen und Communitys aus Ingolstadt. Wichtig ist ihm: „Ich mache Theater für den Standort. Immer wird überprüft, inwieweit Stücke zur Stadt, ihren Themen, ihrer Historie passen. Wir machen kein beliebiges Theater. Wir erzählen von hier aus.“

Deshalb hat er sich gerade das Gesamtwerk von Marieluise Fleißer gekauft, mit dem er sich im Sommer intensiv auseinandersetzen will. „Und dazu gehört auch die Frage: Wer steht in ihrer Nachfolge? Wer ist denn die Fleißer von heute?“

Die anstehende Generalsanierung des Hämer-Baus und die Problematik, die mit einer möglichen Ersatzspielstätte einhergeht, schreckt Oliver Brunner nicht: „In meinem professionellen Theaterleben sind mit mir immer Theater saniert worden – an den Münchner Kammerspielen, im Cuvilliestheater, in Augsburg. Auch hier in Darmstadt ist seit zwei Jahren das Kleine Haus in der Generalsanierung. Also: Ich sehe das als Herausforderung, über andere Formate, Erzählformen, Kooperationen in der Stadt nachzudenken.“

DK