Gedenktag für Sinti und Roma in Ingolstadt
OB Christian Scharpf: „Antiziganismus heute ebenso Realität wie Antisemitismus“

02.08.2024 | Stand 02.08.2024, 19:00 Uhr |

An der Stele von Maria Herzenberger-Roché erinnerten sich deren Enkelinnen Edith (2. v. l.) und Ramona Roche sowie OB Christian Scharpf und Bürgermeisterin Petra Kleine (rechts) am Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma. Foto: Eberl

Vom 2. auf den 3. August 1944 – also vor genau 80 Jahren – haben Nazis und ihre Schergen das sogenannte Zigeunerlager in Auschwitz geräumt und allein in dieser Nacht rund 4300 Menschen getötet. Daran erinnert der Europäische Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma, der am Freitag auch in Ingolstadt begangen wurde. Mindestens 60 von ihnen, die vor und während der NS-Zeit in Ingolstadt lebten, wurden Opfer des Holocaust. Für sie steht im Luitpoldpark eine blaue Gedenkstele mit dem Bild von Maria Herzenberger-Roché, die 1944 im Lager Auschwitz ermordet wurde. Ihre Enkeltöchter Edith und Ramona Roche leben in Ingolstadt und legten am Freitag Blumen an der Stele nieder. „Es ist schön, dass es diesen Ort gibt, wo man sich erinnern und Gedanken über unsere Oma machen kann“, sagten sie.

Erinnerung auch an Hugo Höllenreiner

Bei der Gedenkveranstaltung skizzierte Oberbürgermeister Christian Scharpf (SPD) das Schicksal von Hugo Höllenreiner, der bis zu seinem Tod im Jahr 2015 in Ingolstadt gelebt hat. Nach ihm soll jetzt ein Teil der Parkstraße umbenannt werden: „Damit wollen wir sein Andenken ehren. Wir wollen die Erinnerung an ihn und an alle Sinti und Roma, die Opfer des NS-Regimes wurden, wachhalten“, sagte Scharpf. „Das ist das Mindeste, was wir diesen Opfern schulden. Was wir den Sinti und Roma allerdings noch viel mehr schulden, ist ihre Anerkennung als gleichberechtigte Mitglieder unserer Gesellschaft.“ Antiziganismus sei fast 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs ebenso Realität wie Antisemitismus, so der OB. „Den Kampf gegen Rassismus, Hass und Hetze können wir nur gewinnen, wenn wir alle dagegen vorgehen.“

„Zweite Verfolgung“ der Nachkriegsgesellschaft

Auf die „zweite Verfolgung“ der Nachkriegsgesellschaft ging Adriana Dörr vom Zentralrat Deutscher Sinti und Roma ein: „Während die Täter sich als akzeptierte Mitglieder der Gesellschaft fühlen konnten, wurden die Überlebenden und ihre Nachkommen erneut an den Rand gedrängt, ausgegrenzt und verfolgt“, betonte die Referentin. „Vor diesem Hintergrund verstehen Sie, welche Bedeutung dieser Tag und auch dieser Erinnerungsort hier in Ingolstadt für uns haben.“ Zu erinnern an die Verbrechen des Holocaust an den Sinti und Roma sei gemeinsame Pflicht und Verantwortung. „Es bedeutet aber keine Schuldübertragung an heutige Generationen, sondern gemeinsame Verantwortung für Demokratie und Rechtsstaat“, so Dörr.

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