350 Rettungskräfte im Einsatz
Gerüstet für den Ernstfall: Nächtliche Großübung im Ingolstädter ICE-Tunnel

Kommunikation soll weiter verbessert werden

14.11.2022 | Stand 20.09.2023, 2:25 Uhr

Insgesamt 20 Verletzte mussten die Einsatzkräfte bei der Übung Sonntagnacht im Audi-Tunnel retten, nachdem ein ICE liegen geblieben war und brannte. Fotos: Feuerwehr Ingolstadt

Es ist ein Szenario, das hoffentlich nie eintritt: Mitten im Audi-Bahntunnel in Ingolstadt brennt ein ICE mit mehreren hundert Fahrgästen. Am Sonntag zwischen 1 und 4 Uhr probten mehr als 350 Einsatzkräfte den Ernstfall.



Mit dabei waren etliche Feuerwehrler, die Audi-Werksfeuerwehr, Rettungs- und Sanitätsdienste, Bundes- und Landespolizei, das Technische Hilfswerk sowie Mitglieder des DB-Notfallmanagements. Ziel der Übung ist es, die geänderten Verfahren im Katastrophenschutzsonderplan „Audi Tunnel“ auf ihre Gebrauchstauglichkeit zu testen.

Gegen 1 Uhr erreicht der Einsatzbefehl der Integrierten Leitstelle die Einsatzkräfte. Wie Thomas Schimmer vom Amt für Brand- und Katastrophenschutz berichtet, ist im Szenario besagter brennender ICE in der Mitte des Tunnels zum Stillstand gekommen. Wie im neuen Einsatzplan vermerkt, werde bei derartigen Meldebildern ein Großaufgebot von Einsatzkräften alarmiert. Laut Plan fahren die Einheiten sofort die vordefinierten Notausgänge und die beiden Tunnelportale an. „Bis zu dieser Zeit kann niemand sagen, wo der Zug steht und wo sich genau die Brandstelle befindet“, so Schimmer. Herausfordernd sei natürlich die große Personenzahl, die sich in dem Zug befinden könnte – bis zu 800 Reisende werden in den Fernzügen der Bahn gezählt, unter Umständen auch Personen, die nicht gehfähig sind.

Angriffs- und Rettungsweg mit Leuchten markiert

Über die Portale und Nottreppenhäuser gelangen die Atemschutztrupps schnell auf die Gleisebene und können dem Einsatzleiter unverzüglich die Erkundungsergebnisse mitteilen. Gleichzeitig markieren die Trupps mit farbigen Leuchten den Angriffs- und Rettungsweg für die nachfolgenden Einheiten: grün für einen Brand, blau für Wasser und gelb für Verletzte. Am Fuße der Treppenhäuser werden jeweils Materialdepots errichtet, da aufgrund der großen Eindringtiefen in den über einen Kilometer langen Tunnel sehr viel Material benötigt wird.

„Bei der großen Menge an Menschen im Zug, Einsatzkräften und Material ist ein erheblicher Koordinierungsaufwand erforderlich. Ein derartiges Ereignis stellt alle Rettungskräfte auf allen Ebenen vor große Herausforderungen“, fasst Schimmer die Herausforderungen zusammen. Bei der Evaluation der Einsatzpläne habe man aufgrund der Erfahrungen der letzten Bahnunfälle und den geänderten taktischen und technischen Voraussetzungen vor allem die Zahl der alarmierten Kräfte deutlich erhöht. Nach Angaben des Amtes für Brand und Katastrophenschutz zeigten sich die Übungsbeobachter „noch in der Nacht nach Beendigung der Übung zufrieden. Die vorgeplanten Konzepte haben gegriffen und die Abläufe haben gut funktioniert“, so Schimmer in seiner Bilanz. Eine detaillierte Nachbetrachtung und Auswertung der Aufzeichnungen soll in den nächsten Tagen und Wochen erfolgen. Die Ergebnisse werden mit allen Beteiligten nachbesprochen und wenn nötig die Pläne angepasst.

Im Anschluss an die Übung gab es noch für alle eine kleine Stärkung in einer Betriebskantine von Audi. Branddirektor Josef Huber bedankte sich bei allen Mitwirkenden und vor allen bei der Deutschen Bahn für die Unterstützung.

Kommunikation und Funkkonzept werden überarbeitet

Wie Schimmer nach der Großübung sagte, habe man einige Punkte festgestellt, die noch in das Rettungskonzept einfließen sollen. So werden Kommunikation und Funkkonzept überarbeitet: Es waren zu viele Einheiten auf einer Welle unterwegs. Bewährt habe sich dagegen das Markierungskonzept mit den blauen, gelben und grünen Blitzleuchten. Natürlich gehen die Rettungskräfte nicht unvorbereitet in eine solche Übung. Schimmer: „Der Einsatzplan ist vordefiniert und wurde in Theorie und Praxis im Vorfeld bereits geübt. Die Einheiten wissen, was bis zu einem gewissen Level zu tun ist und können nach Sicherung der Strecke und Stromabschaltung eigenständig weiterarbeiten.“ Dahinter ist jeweils ein Abschnittsleiter, der mit der Einsatzleitung verbunden ist, die zunächst draußen in der sogenannten Wagenburg von Einsatzfahrzeugen die Koordination übernimmt. Später sucht sich die Leitung dann Container oder feste Gebäude.

Insgesamt waren bei der Großübung 20 „Verletzte“ zu retten, verteilt über die ganze Tunnellänge. Kenntlich sind sie an ihren Umhängen mit typischen Verletzungsmustern drauf.