Ingolstadt
Geld zurück statt Hartz IV

03.01.2009 | Stand 03.12.2020, 4:22 Uhr

Entspannt an die Kasse: Zu Schlachten um reduzierte Ware kommt es bei der aktuellen Werbekampagne von Media Markt nicht. Am Samstag, dem Start der Aktion Agenda 2010, war noch wenig los. - Foto: Rössle

Ingolstadt (sic) Natürlich werde sie ihren Kassenbon gut aufbewahren, versichert die junge Frau mit dem Karton unter dem Arm an Kasse 2. "Aber nur wegen der Garantie für das Bügeleisen!" Tolle neue Rabattaktion bei Media Markt? Agenda 2010?

Jeder zehnte Einkauf umsonst? – Davon hat die Kundin schon gehört, aber sie wäre eh heute in den Media Markt gegangen, erzählt sie. Ähnliches berichtet das junge Paar, das am Samstag, dem Start der einwöchigen und vom Media-Reklameclown Mario Barth heftig beworbenen 2010-Aktion vor Ladenöffnung an der Tür wartet und 20 Minuten später mit einem Autoradio davonzieht. "Vielleicht schauen wir heute Abend mal, ob wir gewonnen haben", sagen die beiden eher desinteressiert.
 
Das könnte sich schnell ändern, wenn ab 22.30 Uhr die Gewinnzahl des Tages bekannt gegeben wird. Findet sie sich als Endziffer auf der Seriennummer des Kassenbons, gibt es innerhalb von 14 Tagen den gezahlten Betrag komplett zurück. Dieses Gewinnspielprinzip erklärt auch, warum es zu keinem frühmorgendlichen Ansturm auf die Märkte kommt: Niemand muss in Rekordzeit und mit beflügelndem Ellenbogeneinsatz Paletten voller verlockend reduzierter Ware abräumen. Wann der Kunde in der Agenda-2010-Woche einkauft, ist egal. Entscheidend sind die Zahlen auf dem Bon. Ein Kunde weiß das zu würdigen: "Ich finde es erfreulich, dass mit dieser Aktion Prügelszenen an der Kasse vermieden werden konnten", meint Jörg Gragert, nachdem er völlig unbedrängt sein Navigationsgerät bezahlt hat.
 
Mit Rabattschlachten hat der Marktführer der Branche zuletzt schlechte Erfahrungen gemacht: Im Januar vor vier Jahren gab es Ärger, als Media Markt mit DVD-Spielern für 19 Euro in die Läden lockte, doch zum Verdruss zahlreicher Kunden nur recht wenige der günstigen Geräte auf Lager hatte. Es setzte Kritik. Verbraucherschützer zerrten das Unternehmen damals vor das Landgericht Ingolstadt, verloren aber.
 
Diesmal soll alles heiter sein. Agenda 2010 ist eine ironische Anspielung auf das Reformpaket, das Bundeskanzler Gerhard Schröder 2003 angekündigt hat. Die Hartz-Reformen sind das bekannteste Resultat. "Wir wollen die Kunden immer überraschen und ihnen etwas Außergewöhnliches bieten", betont Media-Markt-Sprecherin Eva Simmelbauer. Schräge Assoziationen mit der SPD oder sozialer Bedürftigkeit befürchtet sie nicht. "Das sehen wir sportlich."
 
Das heißt vermutlich so viel wie: Wenn der Kunde künftig bei Agenda 2010 nicht mehr an Schröder und Hartz IV denkt, sondern an Mario Barth und Bonusrunden durch die Regale, hat Media Markt gewonnen.