Vohburg
Marmelade für die Mafia und Kaba statt Bier

Martin Frank unterhält gut 1100 Besucher in der Agnes-Bernauer-Halle – bei einem Besuch auf dem Bauernhof

22.01.2023 | Stand 17.09.2023, 4:55 Uhr

Martin Frank war in Vohburg in Höchstform. Der Niederbayer gab alles – gut 1100 Zuschauer waren begeistert. Fotos: Konze

Spätestens am Ende der Vorstellung hat man das Gefühl, auf seinem Bauernhof in Niederbayern zu leben. Man kennt die Familie, Oma inklusive, die Viecher am Hof, den Marder, den Gockel.

Und eben Martin Frank, Kabarettist aus Hutthurm und am Samstag Unterhalter von gut 1100 Zuschauern in der Vohburger Agnes-Bernauer-Halle. „Ich weiß nicht, ob es ein lustiger Abend wird.“ Frank baut vor – nach zwei Jahren Corona-Zwangspause auf einem Bauernhof. Auf dem seines Vaters. Aber es wird doch lustig. Als er vorrechnet, wie er in Corona-Zeiten und ohne Einkommen die 1300 Euro Miete in München in Naturalien bezahlen könnte. Jedes Huhn auf dem Bauernhof müsste 217 Eier legen – pro Tag. Da ist er zurück nach Niederbayern.

Franks Geschichten aus dem „Land der angeborenen Emotionslosigkeit“, wo „die Preißn ausgsackelt werden“ – unter anderem mit Beerdigungen für verreckte Hühner –, sind erfrischend unverbraucht. Schnell wird er warm mit Vohburg: „Sind Leute aus der Landwirtschaft da?“ Natürlich. „Ja, man riecht’s.“ Da ist er zum ersten Mal, der kurze, schrille Lacher, der an dem Abend immer wieder vorkommt.

Eine Veganerin an der Wurstplatte...

Die Oma ist oft Thema, nicht nur, weil sie aus allem Marmelade macht. Aus Pichelsteiner, zur Not auch für die Mafia aus... Wollen wir hoffen, dass dem nicht so ist – wir sind ja grad zu Besuch bei den Franks. Wo Martin Frank seinen Neffen beim Homeschooling hilft: „Kennen Sie Temporaladverbial? Also in meiner Kindheit gab es das noch nicht. Wir hatten nur Namenwort, Tunwort und Wiewort.“

Er mutiert zur Hausfrau, verteidigt, dass auf einem Bauernhof Fleisch und Wurst gegessen werden: „Unsere Wurstplatte am Abend hat mindestens einen Wert von 68 Euro.“ Eine Kollegin von der Schauspielschule war mal zu Besuch: eine Veganerin. „Die stand vor der Wurstplatte wie der Papst vor einem Kondomautomat.“ Er thematisiert das Beuteschema von Chorleitern, erklärt Männer zu 99 Prozent zu Versagern an der Geschirrspülmaschine.

Dann outet sich Martin Frank

Zwischendurch singt Frank – aus dem Zigeunerbaron, auch etwas von Händel (passend umgetextet auf seine Hendl). Solch eine Gesangs-Qualität (Frank ist ausgebildeter Opernsänger) war in der Agnes-Bernauer-Halle wohl noch nicht zu erleben. In vielen seiner Geschichten steckt ein Stück Wahrheit, manchmal mit erhobenem Zeigefinger erzählt. Er outet sich. Spricht von einer Minderheit in ihm: Er trinkt kein Bier. „Mein Papa hat gesagt, er liebt mich trotzdem, aber ich glaube das nicht.“ Durstig bleibt er aber nicht: „Ich trinke gerne einen Kaba.“ Damit werde man in Niederbayern aber nie Bürgermeisterkandidat. Und das wäre er so gerne geworden.

„Irgendeiner wird es schon lustig finden“



Vohburg – Er ist jung und begeistert die Massen. Martin Frank, 30, kommt aus dem niederbayerischen Hutthurm und tourt überaus erfolgreich als Kabarettist durch die Lande. Am Freitag unterhielt er in Vohburg gut 1100 Fans. In seiner Vita liest man: Er war schon Standesbeamter, ist Kirchenorganist, ausgebildeter Opernsänger, Moderator, Schauspieler, Komiker und Kabarettist.

Herr Frank, wenn Sie nur eine Berufsbezeichnung für sich angeben dürften, dann wären Sie was?

Martin Frank: Meinen Sie das, was ich alles mal versucht habe?
Ja, vom Standesbeamten bis zum Kabarettisten.
Frank: Hört sich so an, wie wenn man sich nicht entscheiden kann. Ich glaub, das ist mein Problem. Mich interessiert immer so viel. Ich möchte das ausprobieren, und das, und das...

Aber Niederbayern sind doch solide, bodenständig. Also sind Sie...
Frank: Ich bin halt... Heutzutage nennt man das... Ich bin ein Entertainer. Ich bezeichne mich nicht so gern als Kabarettist. Ich sing gerne, es muss auch nicht immer alles lustig sein. Ja, ich bin Unterhalter.

Nochmal zu ihren vielen Talenten. Man könnte meinen, Ihnen ist langweilig, wenn Sie nicht machen.
Frank: Ja. Wenn ich lang in einem Beruf bin, ist es mir langweilig. Das Schlimmste ist, wenn sich Routine einschleicht. Daher ist es gut, wenn ich auf die Bühne komme. Jedes Publikum ist anders, jeder Abend ist anders. Da spreche ich nicht von Routine.

Ihnen eilt ein toller Ruf voraus. Ausverkaufte Auftritte. Fällt Ihr Name, zieht jeder die Augenbrauen hoch. Was machen Sie anders?
Frank: Ja, das weiß ich auch nicht.
Weil Sie so jung sind, zurzeit vielleicht sogar er Jüngste?
Frank: Bin ich das? Dann ist es vielleicht der Welpenschutz. Vielleicht haben die Menschen Mitleid mit mir, weil ich so ein junger Mensch bin.

Zu Ihrem Programm: Wo sammeln Sie Ihre Ideen?
Frank: Meistens im Kuhstall. Wenn ich daheim bin, bin ich zuständig fürs Kühemelken. Vormelken, dann Kühe richtig melken. Das ist eine total monotone Arbeit, so dass ich mit dem Kopf woanders sein kann. Und dann fallen mir Geschichten ein, meist aus meinem Leben. Das Publikum merkt, dass dies Geschichten sind, die theoretisch jedem passieren können.

Über was oder wen können Sie eigentlich lachen?
Frank: Über mein Programm hab ich noch nie lachen können. Ich bin aus dem Bayerischen Wald. Wir lachen nicht so. Wenn, dann eher innerlich. Wenn ich was schreib, denk ich immer ,irgendeiner wird es schon lustig finden‘. Ich weiß nicht: Hab ich vielleicht keinen Humor. Je mehr ich in den Beruf reinkomme, desto verkopfter werde ich. Weil ich alles, was lustig ist, hinterfrage. Warum ist es lustig? Wo ist die Pointe? Wie ist die Geschichte aufgebaut?

Sie finden nichts lustig?
Frank: Eigentlich nicht. Doch: Situationskomik. Da kann ich lachen – Gott sei Dank habe ich jetzt noch was gefunden, was auch ich lustig finde.

Niederbayern scheint Kabarettisten-Land zu sein. Was ist der Grund für den niederbayerischen Erfolg?
Frank: Die Mentalität, der Wald, die Luft – das lässt uns ein bisschen anders sein. Und vielleicht ist bei mir auch der Bauernhof ein Grund, weil ich aus einer vermeintlich anderen Welt komme.