Mutig oder monumentalistisch?

Zum Entwurf von Sepp Mißlbeck und Peter Bachschuster, die geplanten Kammerspiele an die Donau zu verlegen, und den bisherigen Leserbriefen dazu:

28.06.2019 | Stand 02.12.2020, 13:38 Uhr
Seine Interpretation des Bachschuster-Vorschlags hat der Ingolstädter Künstler Helmut Kaiser der Redaktion in Form einer Karikatur zukommen lassen. Zur Erinnerung: Der Architekt Stephan Braunfels hatte Mitte 2010 seinen spektakulären Entwurf für das neue Museum für Kunst und Design im Wettbewerb zwei Tage zu spät abgegeben. Auch der "Wolkenbügel" hätte weit in die Donau hinausgeragt. −Foto: Kaiser

Zum Entwurf von Sepp Mißlbeck und Peter Bachschuster, die geplanten Kammerspiele an die Donau zu verlegen, und den bisherigen Leserbriefen dazu:

Was die Elbphilharmonie für Hamburg ist, könnten die Kammerspiele für Ingolstadt werden. Der Bachschuster-Entwurf hätte das Zeug dazu. Er entwickelt die Architektur des Hämer-Baus aus dem 20 Jahrhundert ins 21. Jahrhundert weiter, ohne sich ihr anzubiedern oder sie vor den Kopf zu stoßen. Er nutzt bereits versiegelte Flächen, indem er die Schlosslände überbaut und den Verkehr in den Untergrund verbannt, statt die wertvolle Grünfläche mit Blick vom und zum historischen MKKD-Bau zu betonieren. Und er verwirklicht eine der letzten Chancen, die Donau in die Stadt zu holen, statt sie daran vorbeizuleiten - und das ohne Trassenveränderungen oder Freilegung des Schutterbetts. Auch das ist genial.

Kleingeistig und provinziell ist demgegenüber, dass wieder mal der Mut fehlt, das anzuerkennen und alles Bisherige über Bord zu werfen, erst recht, wenn man sich dabei auf Formalien wie das bereits zu weit fortgeschrittene Wettbewerbs- oder Vergabeverfahren beruft. Darf man nicht einfach auch mal besser werden, sich fortentwickeln und dazu stehen, statt im Gestern zu verharren? Danken würde Letzteres den Entscheidern allenfalls eine Handvoll Profiteure - und natürlich die Bürokraten - zulasten tausender Ingolstädter bis mindestens ins 22. Jahrhundert.

Josef Bräu, Ingolstadt

Zum selben Thema:

Ich und meine Familie sind begeistert, was sich die beiden haben Tolles einfallen lassen. Endlich mal was an der Donau in Nähe des Neuen Schlosses, ohne das es verbaut wird, einfach grandios. Die Oper in Kopenhagen liegt am Wasser wie viele andere Gebäude auch, das hat schon was.Und endlich mal was, wo sich Audi nicht einklinkt, sondern hoffentlich nur die Bürger . Einfach ein tolles Bauwerk mit Blick in den Klenzepark zu diesen wunderbaren Bauwerken.

Anne-Marie Schwankl

und Familie, Ingolstadt


Zum selben Thema:

Dieser Entwurf stellt alles bisher an Entwürfen, Planungen und von der Stadt genehmigte und veröffentliche Verfahren in den Schatten! Betonbauten in Form eines Schuhkartons haben wir inzwischen genug. Verehrter OB, verehrte Stadträte, es ist noch nicht zu spät! Gönnt der Boomtown Ingolstadt diese Bereicherung unter Einbeziehung des Donauufers. Dieser Entwurf ist ein absoluter Hingucker mit Fernwirkung und ein Alleinstellungsmerkmal.

Erhard Rigol, Ingolstadt

Zum selben Thema:

Architektur soll mutig sein - noch mutiger ist es allerdings, einen Entwurf vorzustellen, wenn der Wettbewerb schon längst abgeschlossen ist! Es gibt wohl kaum ein Projekt, das in Ingolstadt in den letzten Jahren intensiver diskutiert worden ist, als die Kammerspiele. Aber einmal abgesehen von Regeln, über die man sich schon mal hinwegsetzen kann, wenn man Visionen verwirklicht sehen will, abgesehen von den Verzögerungen, die man dann bei der Sanierung des Theaters in Kauf zu nehmen bereit ist, wenn man sich in Szene setzen will, und einmal ganz abgesehen von den Kosten, die keine Rolle spielen dürfen, wenn man eine Handskizze verwirklichen möchte - lassen wir all dies einmal beiseite: Es ist durchaus ein mutiger Entwurf, der da vorgelegt wurde. Mutig auch, weil er Sichtachsen zerstört und die Silhouette der Stadt an dieser sensiblen Stelle nachhaltig zerbricht.

Hat sich der Hämer-Bau noch in die Linie der Stadt eingefügt und trotz seiner Größe letztlich bescheiden zurückgenommen, so dominiert in diesem Entwurf eine monumentalistische Bauweise den Blick. Wir sollten auf die gewachsene Struktur unserer Stadt achten und sie nicht an allen Ecken und Enden in ein Glas-Stahl-Korsett zu zwängen versuchen - bloß, weil es momentan "mutig" erscheint. Jetzt mit einem neuen Entwurf um die Ecke zu kommen, ist ehrlich gesagt nicht mutig, sondern unverantwortlich. Wir brauchen Kammerspiele - und zwar bald!

Matthias Schickel, Ingolstadt

Zum selben Thema:

Die Frage, warum der Vorschlag für die über die Donau gezogenen Kammerspiele erst jetzt kommt, wo sich doch schon fast alles in trockenen Tüchern befindet, erschließe ich mir so: Ist es nicht denkbar, dass den Herrn Mißlbeck erst vor kurzer Zeit die Muse küsste, ihm die Idee für den Entwurf gab und er daher nachliefern konnte? Spontane Eingebungen sollten ebenso eingehend geprüft und in Erwägung gezogen werden. Wer denkt denn da an reingrätschen? Positiv denken und innovativ handeln wäre meiner Meinung nach angesagter... Vielleicht kommt mit dem Entwurf ja für Ingolstadt die ultimative, sensationelle Situation, welche man noch aufgreifen könnte, weil ja der Stadtrat grundsätzlich nicht an die Ergebnisse von Architektenwettbewerben gebunden ist. Er kann beschließen, was er mag. So ein futuristischer Hingucker wie Mißlbecks und Bachschusters Konstrukt täte Ingolstadt gut! Seid mutig und prüft genau, liebe Stadträte!
Barbara Edinger, Ingolstadt

Zum selben Thema:

Der Entwurf ist wirklich ein Hingucker und Wert, realisiert zu werden. Vor allem nach der Ablehnung des Wolkenbügels wäre dies eine zweite Chance für den weiteren kulturellen Aufstieg dieser Stadt, ganz abgesehen vom verstärkten touristischen Interesse. Ein äußerst gelungener Vorschlag, Natur, Kultur und Kunst eine markante Bühne zu geben.

Gisela Löffelmann,

Ingolstadt


Zum selben Thema:

Der nachgereichte Entwurf ist fantastisch und sollte unbedingt Berücksichtigung finden. Alle Einwände der politischen Ebene sind verfahrenstechnisch oder parteipolitisch begründet. Diese einmalige Chance, sowohl für das Stadtbild als auch für die Bürger etwas Besonderes zu gestalten, darf nicht vertan werden. Schon einmal hat ein Ingolstädter Stadtrat Weitsicht bewiesen, als er den Standort des Klinikums an die Krumenauer Straße verlegte. Auch den derzeit Verantwortlichen möchte ich diesen Mut zusprechen.

Dionys Ebner, Ingolstadt