Biotopflächen werden für immer versiegelt

23.08.2018 | Stand 02.12.2020, 15:49 Uhr

Zu "Kahlschlag zum Trainingsauftakt" (DK vom 10. August). Es geht um rund 60 Bäume im Landschaftsschutzgebiet, die für einen Trainingsplatz des FCI gefällt werden sollen.

Etwa die Hälfte des dritten Trainingsplatzes des FC Ingolstadt soll im Landschaftsschutzgebiet "Auwaldreste an der Wankelstraße" gebaut werden - dafür sollen 60 Bäume fallen. Dieses Schutzgebiet ist zwar nur ein schmaler Streifen, aber ein sehr wichtiger Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten. Besondere Bedeutung hat der Auenstreifen als Wanderkorridor für Tiere. Jedoch dürfen wir dabei nicht übersehen, dass auch wir Menschen unmittelbar enorm von den Büschen und Bäumen dort profitieren.

Bäume produzieren Sauerstoff, sichern uns die Frischluftzufuhr und schlucken Feinstaub sowie Lärm. Sie reduzieren durch Verdunstung an heißen Tagen die Temperatur. Im derzeitigen Hitzesommer spüren viele von uns, wie wichtig die Bäume in der Stadt und in den Auen für uns sind. Dabei hängt das Baumleben oft am seidenen Faden: Eschen werden flächig durch das Eschentriebsterben hinweggerafft; Hainbuchen zeigen seit vielen Jahren nur Fruchtansatz und keinen Zuwachs mehr; alte Birken und Bergahorne verdursten in der Stadt; Fichten killt der Borkenkäfer; die Vitalität der Kastanien leidet durch Miniermottenfraß in den Blättern; Linden werden oft durch die Stigmina-Zweigdürre befallen oder müssen wegen des Honigtauregens durch Blattlausbefall weichen. Neuerdings frisst der Eichenprozessionsspinner massiv an unseren Eichen. Auch auf unsere Platanen kommt eine tückische Krankheit zu: die Massaria. Der Pilz führt besonders bei älteren Bäumen zu kritischen Brüchen. Den aufmerksamen Stadtbewohnern ist es heuer ohnehin nicht entgangen, wie massiv alle unsere Bäume unter der Hitze und Trockenheit leiden. Viele Probleme unserer Bäume sind durch den Klimawandel verschärft oder bedingt.

Wir fordern alle Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft gerade jetzt dazu auf, sich mit aller Entschlossenheit um den Erhalt unserer Bäume zu bemühen! Kahlschläge, wie jetzt beim Fußballstadion geplant, können und dürfen wir uns nicht mehr leisten!

Rudolf Wittmann,

Vorsitzender Landesbund

für Vogelschutz, Ingolstadt


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Die öffentliche und politische Diskussion in Ingolstadt hat schon etwas von Schizophrenie oder vielleicht einfacher gesagt: etwas Doppelzüngiges. Auf der einen Seite setzt sich die CSU-Stadtratsfraktion einschließlich OB Christian Lösel für eine IN-Grün GmbH ein, um dem Bau- und Versiegelungsboom in Ingolstadt ein "starkes Gegengewicht" zu bieten. Es ist selbst von OB Lösel zu hören, dass wir etwas tun müssen im Bereich der Landschaftspflege und der Naherholung, um den Bürgern in Zukunft eine Stadt mit hoher Lebensqualität zu bieten. Entweder habe ich in diesem Zusammenhang es nicht verstanden, oder hier sprechen alle Beteiligen nicht von demselben.

Gemäß dem Bundesnaturschutzgesetz §26 (2) sind "in einem Landschaftsschutzgebiet alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebietes verändern oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen." Wie bitte ist der Bau eines Sportplatzes, der nur einer überschaubaren Schar von Personen zugänglich ist und dem großen Teil der Bevölkerung entzogen wird, zu verstehen? Es werden wertvolle Biotopflächen vernichtet und versiegelt. Diese Flächen werden für immer der notwendigen Biotopvernetzung nicht zur Verfügung stehen.

Alle Argumente für die Gründung einer IN-Grün GmbH oder einer ähnlichen Projektgesellschaft werden durch die Vorgehensweise im Falle des Landschaftsschutzgebietes ad absurdum geführt. Die politische Führung muss sich die Frage gefallen lassen, ob sie tatsächlich einen Plan hat für mehr Lebensqualität in Ingolstadt. Teile eines Landschaftsschutzgebietes für einen Sportplatz zu opfern, ist sicherlich der falsche Weg.

Peter Krause, Ingolstadt

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Mir stellt sich die Frage, wozu es einen Naturschutzbeirat in der Stadt gibt, wenn dessen Meinung in keiner Weise Anerkennung bei den Stadträten findet? Da sitzen Vereine und Fachleute ehrenamtlich zusammen, tragen ihr ganzes Fachwissen zusammen, geben diese Meinung kund und die Stadt tut damit... nichts. Das ist nicht nur ungehörig gegenüber diesen Leuten, es könnte einem der Begriff "Feigenblatt-Taktik" dazu einfallen.

Wir haben schon öfter in der Vergangenheit im DONAUKURIER lesen müssen, dass bei Beschlüssen zu neuen Baugebieten wertvolle Baumbestände weichen müssen. Apropos, was macht eigentlich der Flächennutzungsplan der Stadt Ingolstadt von 1996, der seit Jahren aktualisiert werden müsste? Statt den Flächennutzungsplan zeitnah neu aufzulegen, wird regelmäßig bei der Aufstellung von Bebauungsplänen der Flächennutzungsplan scheibchenweise im so genannten Parallelverfahren mit geändert, wie auch auf der Homepage der Stadt nachzulesen ist.

Eine Alternative für einen Fußball-Trainingsplatz in Ingolstadt zu finden, scheint nicht so einfach zu sein. Vielleicht könnte man einen bereits versiegelten Bereich suchen und den dann wieder aufbrechen für den wichtigen Hybridrasen? Wenn man den Kommentaren in den Sozialen Medien folgt, finden sich etliche FCI-Fans, die ihren Verein nicht verstehen. Er war für diese Fans wirklich in allen Zeiten ein ehrlicher, aufrechter Verein, den sie unterstützt haben mit allem, was geht. Und jetzt so was.

Dass zu guter Letzt auch noch die Regierung von Oberbayern nicht in der Lage ist, ein Naturschutzgebiet als ein solches anzuerkennen und ohne Wenn und Aber sämtliche Eingriffe verbietet, erstaunt mich irgendwie gar nicht. Spricht es doch dafür, dass Bayern in Deutschland immer noch Klassenprimus im Versiegelungstempo ist und das Motto zugrunde zu legen scheint: "Mal schauen, welcher Großkopferte am lautesten schreit und am meisten Geld in den Ring wirft."

2016 hat Bayern noch 9,8 Hektar am Tag (!) versiegelt. Ein kluger Mann hat mir mal gesagt: "Wenn irgendwas nicht rund läuft und sich komisch anfühlt, geht es immer um Geld." Ja, es fühlt sich grad was komisch an bei diesem Thema.

Ninja Winter, Ingolstadt