Zu ?Wohnen beim Stromerzeuger?
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Zu "Wohnen beim Stromerzeuger" (DK vom 22. Februar) und dem Bau von 142 Sozialwohnungen neben einem Umspannwerk in Kothau:

16.04.2018 | Stand 02.12.2020, 16:33 Uhr

Zu "Wohnen beim Stromerzeuger" (DK vom 22. Februar) und dem Bau von 142 Sozialwohnungen neben einem Umspannwerk in Kothau:

Als Anlieger in unmittelbarer Nähe des Stromerzeugers erfahre ich aus der Zeitung von dem geförderten Wohnungsbau beim Umspannwerk in Rothenturm/Kothau. Als ich vor elf Jahren unser Haus baute, hätte ich gerne ein weiteres Stockwerk verwirklicht, was mir nicht gestattet wurde aufgrund der umliegenden niedrigen Siedlungsbebauung. Bereits im letzten Jahr, als ein Bauträger auf unserem Nachbargrundstück zwei Fünf-Parteienhäuser errichtete, konnte er bei einer Abstandsfläche von nur drei Metern dreigeschossige Wohnungsbauten errichten, die unmittelbare Ein- und Draufsichten auf unser Grundstück erlauben.

Mit dem geförderten Wohnungsbau auf dem Gelände des Umspannwerkes sind bereits viergeschossige Gebäude in einer Einfamilienhaussiedlung möglich. Ebenso musste ich für ein Einfamilienhaus zwei Stellplätze nachweisen, bei dem geplanten Wohnblock für 142 Wohnungen kann scheinbar ganz unbürokratisch ein niedriger Stellplatzschlüssel von nur einem Stellplatz pro Wohnung angewandt werden.

Ich wünschte, die Politik würde die Menschen informieren, die seit Jahrzehnten an diesem Ort wohnen und die mit ihren Steuergeldern der Politik solch rühmliche Förderungen erst ermöglichen. Politik bedeutet auch, eine hinreichende Informationspolitik zu betreiben und in einem ausgewogenen Interesse der unmittelbar Betroffenen zu handeln und nicht nur einseitig eine populäre Maßnahme voranzutreiben. An dieser Stelle wünschte ich mir eine direkte Demokratie, eine Demokratie, bei der die betroffenen Bürger mitbestimmen könnten, denn viel zu oft verlieren Politiker ihren Auftrag aus den Augen.

Für mich ergeben sich viele Fragen: Bedarfsberechnungen für geförderten Wohnungsbau? Was sind die Leitlinien, um ein gewachsenes Stadtbild in allen Stadtteilen zu wahren und weiter zu verwirklichen? Werden Stadtteile in ihrer inneren Struktur "geopfert" für ein höheres Ziel? Wie sehen die konkreten Planungen des geförderten Baus aus? Warum ist der Bau eines Kinderspielplatzes in einer Wohnsiedlung für Familien noch unklar und keine Pflicht? Wo können bei dem niedrigen Stellplatzschlüssel die überschüssigen Autos geparkt werden? Welche Vorschriften erlauben es, unterschiedliche Anforderungen an private Bauherren versus große respektive öffentliche Bauherren zu stellen? Wie viele Steuergelder fließen in das Bauvorhaben? Was sagt die Untersuchung der Architekten zum Elektrosmog und wie wurde diese durchgeführt? Wie wird die Infrastruktur ausgebaut, um die Verkehrszunahme adäquat aufzunehmen?

Bereits mit dem Umbau des Stadtweges zu einer Durchfahrtstraße nahmen Verkehr und Feinstaubbelastung signifikant zu. Die Kinder laufen zur Schule auf einer Hauptverkehrsstraße ohne Geschwindigkeitsbegrenzung und ausreichende Ampel- bzw. Straßenübergänge. Wie sorgt die Politik in gleichgerichtetem Maß für die Interessen der Altanwohner, wie sie dies für die Schaffung neuen Wohnraums tut? Bisher sind die Verkehrs- und Stadtentwicklung in Rothenturm/Kothau keine Sternstunden politischen Handelns und bringen nur Nachteile für die Anwohner, die paradoxerweise mit ihren Steuergeldern die geförderten Wohnungen auch noch finanzieren müssen!

Stefan Lindlmaier, Ingolstadt